Wenn die Liebe dich findet
fragen kannst, wenn du ihn siehst, oder? Jedenfalls ist es sein erster Besuch in London, soweit ich weiß.«
Amanda runzelte die Stirn. »Er kommt doch nicht etwa frisch von der Schulbank? Dann ist er ja jünger als ich!«
Larissa schnitt eine Grimasse. »Das kann schon sein, aber das weiß er ja nicht. Vielleicht ist es aber auch gar nicht so. Womöglich kommt er gerade von einer Europareise zurück. Das machen doch viele Männer, bevor sie sich eine Frau suchen. Als ich von ihm gehört habe, musste ich jedenfalls sofort an dich denken.«
Amanda seufzte. Jede ihrer Freundinnen hatte erwartet, dass sie vor ihnen heiratete. Jede Einzelne hatte, nachdem sie verlobt oder verheiratet gewesen war, versucht, sie zu verkuppeln, ob mit einem Cousin oder einem Bruder, sogar mit einem jungen Onkel! Oder wie Larissa, indem sie ihr erzählte, auf wen sie ein Auge werfen könnte. Amanda wusste, dass ihre Freundinnen ihr nur helfen wollten, und sie liebte sie dafür. Es verstärkte indessen lediglich ihr Gefühl, dass sie es nicht schaffte, selbst einen Ehemann zu finden. Sie war eine Versagerin, und bald würde sie eine alte Jungfer sein! War sie vielleicht einfach zu kritisch?
Das war schon möglich. Der einzige Mann vor Kendall Goswick, der in den letzten zwei Jahren ihr Interesse geweckt hatte, war der Schotte Duncan MacTavish, und er war mit Ophelia verlobt gewesen. Die Verlobung hatte allerdings nicht zur Heirat geführt. Er hatte sich in Sabrina Lambert verliebt, nachdem er und Ophelia festgestellt hatten, dass sie nicht zusammenpassten. Alle anderen Männer, die Amanda kennengelernt hatte, waren überhaupt kein bisschen interessant gewesen – nein, das stimmte nicht ganz. Einige sahen gut aus, wie John Trask und Farrell Exter. Manche waren witzig gewesen und hatten sie oft zum Lachen gebracht, wie Oliver Norse. Oliver war so ein netter Kerl, dass sie immer noch mit ihm befreundet war. Aber niemand hatte je ihr Herz berührt.
Es war ihre Schuld. War sie zu wählerisch? Hatte sie zu hohe Erwartungen? Sie musste das ändern, und zwar bald! Und trotzdem, hieß es nicht, dass Liebe etwas ist, das einfach geschieht ? Sie hatte immer gedacht, sie würde bemerken, wenn es Liebe ist, gleich in dem Moment, wo sie ihm gegenüberstand. Aber wenn das so war, dann ließ er sich verdammt viel Zeit, aufzutauchen!
Sie blickte wieder ihre Freundin an und fragte: »Hast du es sofort gewusst? Dass es Liebe ist?«
Larissa lachte. »Nein, überhaupt nicht. Die Liebe hat sich eher langsam herangepirscht.«
»Wann hast du es dann gewusst?«
»Als unsere erste Saison vorbei war und ich wieder zu Hause in Kent war – und ich Lord Henry so sehr vermisst habe, dass es kaum auszuhalten war.«
»Stimmt, du hast ihn dann im Frühjahr wiedergetroffen, oder?«
»Ja, draußen auf dem Land. Noch bevor das Treffen vorbei war, hat er mir den Antrag gemacht.« Larissa grinste. »Er hatte mich auch vermisst, ziemlich heftig sogar.«
Amanda seufzte leise. Das war wahrscheinlich genau das Problem: Sie erwartete Liebe auf den ersten Blick, dass sie es sofort merken würde, wenn es passierte, und weil das nicht eintrat, hatte sie all diese jungen Männer sausen lassen, die vielleicht gut zu ihr gepasst hätten. Und all das nur, weil sie sich innerhalb ihres eingebildeten Zeitplans nicht schnell genug in sie verliebt hatte!
Kapitel 12
D evin ließ seinen Blick durch den Ballsaal schweifen und hielt Ausschau nach Leuten, die er kannte. Er erblickte ein paar Kunden und war überrascht, auch Owen Culley zu sehen. Das hier war nicht unbedingt der Ort, an dem Devin den betagten Adligen erwartet hätte, obwohl Mabel Collicott und Gertrude Allen, die ebenfalls schon fortgeschrittenen Alters waren, auch zu den Gästen zählten. Aber er wusste ja, warum diese beiden Damen sich auf dem Ball und auf allen anderen größeren gesellschaftlichen Veranstaltungen aufhielten. Er hoffte nur, sie würden Blythe nicht in die Finger bekommen. Das Mädchen war schon ängstlich genug und jemandem, der so ruppig war wie Mabel, wohl kaum gewachsen.
»Zapple nicht so herum, so wirkst du nur nervös!«, wies Blythe ihn im Flüsterton zurecht.
Fast hätte er gelacht. Sie war diejenige, die nervös war, er merkte es an ihren kurzen Antworten. Wenn sie so aufgeregt war, war es kein Vergnügen, in ihrer Nähe zu sein. Aber Devin hatte nicht vor, ihr das zu sagen, sonst würden sich ihre Wangen rot färben. Er wollte, dass sie heute Abend leuchtete, und zwar nicht vor
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