Wenn die Liebe dich findet
beschäftigt, ich fürchte, ich habe es vergessen.«
»Devin!«, rief sie entsetzt aus.
Kapitel 11
A manda schlich sich fast auf Zehenspitzen aus dem Haus. Aber ihr Vater musste natürlich ausgerechnet in diesem Moment seine Arbeit unterbrechen und sie entdecken.
»Wohin des Wegs, mein Schatz?«
Sie konnte es ihm nicht sagen. Wenn sie auf ihrer Mission scheitern sollte, müsste sie es zugeben, und das kam nicht infrage. Um also nicht zu lügen, zählte sie alles andere auf, was sie später noch erledigen wollte.
»Ein Spaziergang, wenn die Sonne herauskommt. Ein Kurzbesuch bei Lilly, damit sie Rebecca und Rue Bescheid sagen kann, dass ich für ein paar Tage nach Hause gekommen bin. Und wahrscheinlich bleibe ich auch ein bisschen in Norford Town. Aber zum Mittagessen bin ich wieder da.«
»Lad sie doch zum Abendessen ein.«
»Gute Idee!«
Sie winkte und schlüpfte hinaus, bevor er noch fragte, ob er sie begleiten sollte. Das herzogliche Anwesen war sehr weitläufig, bis zum Stall musste man eine ziemliche Strecke zurücklegen. Das mit dem Spaziergang war also wirklich nicht gelogen. Der Einfluss ihrer Mutter war in jedem Raum von Norford Hall unübersehbar: Sie hatte das ganze Haus umdekoriert, kurz bevor sie gestorben war, und danach wagte niemand es, daran auch nur eine Kleinigkeit zu ändern. Es war so groß, dass man sich leicht darin verlaufen konnte. Jeder der drei Flügel im Erdgeschoss verfügte über drei Salons.
Norford Hall. Das war ihr Zuhause, der eine Ort, der sie mit Frieden und Wohlgefühl erfüllte. Familie, Bedienstete, mit denen sie aufgewachsen war und die sie ebenfalls als Familie betrachtete, so viele Erinnerungen. Rafe und Ophelia lebten das meiste Jahr über hier. Auch Amandas Großmutter Agatha lebte hier, obwohl sie ihre Suite selten verließ. Den meisten Familienangehörigen graute davor, sie oben zu besuchen, denn die Räume waren völlig überheizt, aber sie taten es trotzdem. Agatha war schon so alt, dass sie sich die Namen ihrer Verwandten nicht mehr merken konnte. Sie verwechselte Amanda immer mit einer ihrer Töchter. Amanda machte das nichts aus, sie spielte mit, was einfacher war, als Agatha zu korrigieren.
Als Amanda am Stall ankam, ging sie hindurch und traf den alten Herbert, mit dem sie dort verabredet war. Sie konnte selbst kaum glauben, was sie hier vorhatte. Aber sie musste es tun!
Auf dem Rückweg von Devin Baldwins Pferdefarm war Ophelia mit Amanda direkt in die Bond Street gefahren, um Reitkleidung zu kaufen – obwohl Amanda noch gar nicht zugestimmt hatte, Reitunterricht zu nehmen! Sie überlegte immer noch hin und her. Es war nicht so, dass sie nach dem Unfall nicht versucht hätte, wieder auf ein Pferd zu steigen. Sie erinnerte sich noch viel zu gut an die Angst, die sie damals verspürt hatte. Aber vielleicht war es auch noch zu früh gewesen, die Erinnerung an die schrecklichen Schmerzen waren noch zu frisch. Deshalb hatte sie Ophelias Angebot, ihr Reitkleidung auszusuchen, nicht abgelehnt – nur für den Fall, dass sie sich doch traute.
Sie war noch immer sehr aufgeregt von der Begegnung mit Kendall Goswick. Er war der erste junge Mann seit Langem, zu dem sie sich hingezogen fühlte. Und wie! Sie hatte nicht vor, ihn sausen zu lassen, nur weil sie Angst vor dem Reiten hatte. Das durfte doch nicht wirklich einer aufkeimenden Romanze entgegenstehen. Aber was, wenn es doch so war? Würde sie es wagen?
Gegen Ende jenes Tages war sie vom langen Grübeln so zermürbt, dass sie beschloss, sie könnte wenigstens versuchen, sich wieder auf ein Pferd zu setzen. Aber auf keinen Fall wollte sie diesen grässlichen Pferdezüchter um Hilfe bitten. Nein und nochmals nein! Also traf sie die Entscheidung, schon am nächsten Morgen mit ihrem Vater nach Norford Hall zu fahren. Ein paar Tage auf dem Land mit Familie und Freunden würden ihren Mut sicher stärken. Außerdem hatte sie eine Nachricht an den alten Pferdepfleger geschickt, der ihr als Kind Reitstunden gegeben hatte, dass sie es noch einmal versuchen wollte. Wenn irgendjemand ihr wieder aufs Pferd helfen konnte, dann Herbert. Er war immer freundlich und geduldig mit ihr gewesen.
Herbert erwartete sie hinter dem Stall. Das Pferd, das er für sie mitgebracht hatte, sah so alt aus wie er. Amanda war es gelungen, die Angst zu unterdrücken – bis sie dann neben dem Pferd stand. Die Erinnerungen an ihren Unfall, die Schmerzen, so große Schmerzen, alles kam wieder hoch …
»Wir haben viel Zeit, Milady«,
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