Wenn die Liebe erblueht - Im Rosengarten der Liebe
würde. âFalls Sie Sorge haben, dass meine Anwesenheit hier Ihr Privatleben stören könnteâ, hatte er bedeutungsvoll hinzugefügt.
Für das Badezimmer entwarf Geraldine auf seinen Vorschlag hin einen Zeitplan, damit es bei der Benutzung nicht zu Peinlichkeiten kommen würde. Wie Mitch ihr seinen normalen Tagesablauf geschildert hatte, würde er morgens auf und aus dem Haus sein, noch bevor Geraldine gewöhnlich aufstand, sodass es in dieser Hinsicht keine Probleme geben dürfte. Wenn Geraldine sich zunächst gefragt hatte, warum ein attraktiver Mann wie er noch nicht verheiratet war, so verwunderte es sie jetztnicht mehr. Mitch Fletcher schien ganz für seine Firma zu leben.
Geraldine überlegte unwillkürlich, ob er wohl immer so viel arbeitete oder ob das nur eine Folge der erst kürzlich erfolgten Ãbernahme sei. Von Louise wusste sie, dass Mitch nicht bloà ein leitender Angestellter des Mutterunternehmens war, sondern dessen Gründer, Hauptaktionär und Präsident und damit ein sehr wohlhabender Mann. Dennoch schien er keinen Hang zu einem luxuriösen, aufwendigen Lebensstil zu verspüren, wie sie es von einem Mann in seiner Position vielleicht erwartet hätte, und er war es offensichtlich gewohnt, für seine Mahlzeiten und seine Wäsche selbst zu sorgen.
Alles in allem machte er also ganz den Eindruck eines idealen Untermieters. Und der Scheck für die Miete, den Geraldine bereits zur Bank gebracht hatte, war ein unschätzbarer Segen für ihr dürftiges Bankkonto gewesen. Ein wenig schuldbewusst gestand sie sich ein, dass die Summe, die er für das kleine Zimmer und die Mitbenutzung von Bad und Küche bezahlt hatte, nicht bloà groÃzügig, sondern überzogen war. Und sie wusste auch, dass Tante May darauf bestanden hätte, ihn in ganz anderer Weise zu umsorgen, als sie, Geraldine, es beabsichtigte.
Warum sollte ich ihn verwöhnen, so wie er sich mir gegenüber verhalten hat, fragte sie sich trotzig und verspürte im nächsten Moment wieder Gewissensbisse, als sie sich daran erinnerte, was sie bei seinem Kuss empfunden hatte. Wenn sie jetzt die Augen schlieÃen und es sich noch einmal lebhaft und intensiv vorstellen würde â¦
Ãrgerlich verbot sie sich diese gefährlichen Gedanken. Es wartete noch viel Arbeit auf sie, bevor sie wieder zur Besuchszeit ins Hospiz fuhr. Tante May! Panik und Trauer stiegen in ihr auf und drohten ihren Entschluss, ihre persönlichen Ãngste zu bezwingen, ins Wanken zu bringen. Verzweifelt rief sie sich ins Gedächtnis, dass sie jetzt zunächst an Tante Mays Bedürfnisse und nicht an ihre eigenen zu denken hatte.
Arbeit war für Geraldine immer das beste Mittel gewesen, sich abzulenken. Deshalb setzte sie sich an ihren Computer und beschäftigte sich konzentriert mit dem Stapel Papiere auf ihrem Schreibtisch, um darüber ihre Furcht und ihren Schmerz zu vergessen, die sie zu überwältigen drohten.
Als Geraldine am Abend desselben Tages noch einmal zum Hospiz fuhr, war das Erste, was sie beim Betreten des Krankenzimmers wahrnahm, der Duft der Rosen. Ihr Blick fiel auf Tante May, die mit geschlossenen Augen still im Bett lag. Wie zart und hinfällig und dabei doch so friedlich und gelassen sie aussah! Geraldine verharrte reglos auf der Türschwelle. Tränen schnürten ihren Hals zu, als sie plötzlich erkannte, was sie bis dahin nicht hatte begreifen wollen. In ihren egoistischen Bedürfnissen, ihrer Verzweiflung, ihrer Liebe hatte sie ihrer Tante eine zusätzliche Last aufgebürdet, hatte versucht, sie zu zwingen, die Lüge zu leben, an die sie, Geraldine, sich klammerte: dass Tante May wieder gesund werden würde.
Unbemerkt war die Stationsschwester über den Flur herangekommen. Geraldine bemerkte sie erst, als die Schwester ihren Arm berührte und sie leise ansprach.
âGeraldine â¦â
Aufgeschreckt aus einem Gefühl tiefer Traurigkeit und Schuld, wandte Geraldine den Kopf und sah das ehrliche Mitgefühl in den Augen der Stationsschwester.
âIhre Tante hat mir von Ihrem langen Gespräch erzählt. Ich kann Ihnen gar nicht sagen, wie froh ich darüber bin. Es zählt hier zu unseren schwersten Aufgaben, den Verwandten und Freunden unserer Patienten zu helfen, den herannahenden Tod des geliebten Menschen zu akzeptieren. Immer wieder hören wir von den Sterbenden, die hier gelernt haben, ihren Tod zu
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