Wenn die Liebe erwacht
ich dich nicht mehr?«
»Ich war dessen nicht sicher, mein Gebieter, als ich von deiner Heirat hörte.« Sie sprach so ruhig und leise, als hätte er sie verletzt.
»Das braucht dir keine Sorgen zu bereiten«, erwiderte Rolfe mürrisch.
»O doch, mein Gebieter. Ich hatte solche Angst, du würdest mich fortschicken.« Tränen traten in ihre Augen, wie sie es beabsichtigt hatte.
»Warum sollte ich das tun?«
Amelia hätte ihr Spiel verloren, wenn sie Erstaunen gezeigt hätte, doch sie faßte sich schnell wieder.
»Ich habe den Wunsch, hierzubleiben, Rolfe, aber … deine Gemahlin könnte etwas dagegen einzuwenden haben.«
»Nein, das wird sie nicht.«
»Wenn du das sagst, kennst du die Eifersucht der Frauen nicht. Wenn sie weiß, daß du mich in irgendeiner Hinsicht begünstigst, wird sie fordern, daß ich die Burg verlasse.«
»Sie hat hier nichts zu fordern«, sagte er gepreßt. »Mein Wille wird ihr Wille sein.«
»Aber du bist nicht immer hier, Rolfe«, sagte Amelia schmollend. »Was ist, wenn sie mich schlecht behandelt? Wenn sie mich schlägt?«
Er sah sie finster an. »Dann wird sie bestraft werden. Ich lasse nicht zu, daß meine Leute in Angst vor ihrer Herrin leben.«
Das war nicht die Antwort, die sie hören wollte.
»Aber wie kann ich mich vor ihrem Zorn schützen, wenn du nicht hier bist?« beharrte Amelia.
»Du machst dir grundlose Sorgen. Sie wird nicht hier leben. Ich heirate sie lediglich wegen ihres Landes.«
»Wirklich?« Sie konnte ihr Erstaunen nicht verbergen, und er lachte. »Meine Liebe, wenn ich sie begehren würde, hätte ich keine Verwendung für dich.«
Amelia strahlte und fühlte sich vor Erleichterung ein wenig benommen. »Morgen werden viele Hochzeitsgäste kommen. Was wirst du ihnen sagen …«
»Daß du mein Mündel bist.«
Sie schlang ihre Arme um seinen Hals und rieb ihren festen Busen an seiner Brust. »Dann wird sich an meiner Stellung hier nichts ändern, Rolfe? Die Dienstboten müssen nach wie vor meinen Befehlen Folge leisten und …«
»Du redest zuviel, Frau.«
Rolfe schloß ihr wieder den Mund mit seinen Lippen. Er durchschaute ihr Spiel, und es belustigte ihn. Aber er war kein Mann, der sich manipulieren ließ. Wenn er ihr nicht ohnehin das, worum sie bat, hätte gewähren wollen, wäre der Zeitpunkt unwichtig gewesen. Er weigerte sich, sich von seinen Gelüsten versklaven zu lassen.
Was Rolfe anging, waren die Frauen alberne Geschöpfe, die nur dazu taugten, zu nähen, zu klatschen und Ärger zu machen. Das hatte er bei seiner Mutter und ihren Gesellschafterinnen gelernt. Alle Frauen benutzten den Sex, um das zu bekommen, was sie wollten. Er hatte beobachtet, wie seine Mutter jahrelang ihre Listen seinem Vater gegenüber eingesetzt hatte. Dasselbe hatte er an jedem Hof gesehen, den er kannte. Er hatte es sich zur Regel gemacht, einer Frau nie etwas zu gewähren, wenn sie ihn im Schlafzimmer darum bat.
Als Rolfe mit dem Liebesspiel fertig war, hatte er Amelia auch schon vergessen. Seine Gedanken kehrten sofort wieder zu dem Punkt zurück, der ihm so große Sorgen bereitete. In einem Anfall von Wut hatte er sich entschlossen, Leonie von Montwyn besitzen zu wollen. Ein weiterer Wutanfall hatte ihn zum König geführt, um dafür zu sorgen, daß er sie auch bekam. Jetzt war seine Wut verflogen, und Trostlosigkeit erfüllte ihn.
Er wollte keine Gattin haben, auf die er nicht stolz sein konnte und die er nie lieben würde. Er hatte vor, sie nach Pershwick zurückzuschicken, und zwar wegen der Bosheiten, die sie ihm angetan hatte, aber in Wirklichkeit war das, was ihm Sorgen machte, ihre berüchtigte Häßlichkeit. In diesem Punkt fühlte er sich bereits jetzt schuldbewußt. Es war nicht ihre Schuld, daß sie häßlich war. Vielleicht war es gerade ihr Aussehen, das sie so gehässig hatte werden lassen.
Rolfe machte es innerlich ganz krank, in was ihn seine blinde Wut hineingezogen hatte. Sein Ehrgefühl ließ nicht zu, daß er sich aus der Situation hinauswand, und sein Schuldbewußtsein nahm täglich zu, wenn er an das Mädchen und daran dachte, was sie erwarten mochte. Das arme Geschöpf war höchstwahrscheinlich überglücklich, endlich einen Freier zu haben, auch wenn es jemand war, gegen den sie gekämpft hatte. Welche Aussichten konnte sie bisher schon gehabt haben?
Sein Schuldbewußtsein wurde so stark, daß es ihn zu ersticken drohte. Vielleicht würde er sie doch nicht fortschicken. Es gab auf Crewel einen alten Turm. Den konnte sie ganz für sich
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