Wenn die Liebe erwacht
drei Schwäne, die in ihrem Gefieder serviert wurden, einen großen, in Honig gebackenen Schinken, Kapaune und Enten und mehr Senfsaucen und Tunken, als sie je auf einem Tisch gesehen hatte. Das gebratene Fleisch war von Rolfes Küchenpersonal zubereitet worden, das sich nicht auf Feinheiten verstand. Da sich jedoch die Dienstboten aus Pershwick darum bemüht hatten, mit ihnen zu wetteifern und die Hausangestellten von Crewel zu übertrumpfen, gab es eine große Auswahl an Rüben-und Bohnengerichten und Erbsen, die auf ein halbes Dutzend verschiedene Arten zubereitet waren.
Kirschen und Äpfel waren gedämpft und zu Gebäck verarbeitet worden, das frisch serviert wurde und mit Blumen aus dem Garten von Pershwick, den seine Herrin so liebevoll gepflegt hatte, verziert war. Es gab ein Dutzend Käse-und Weinsorten und eine riesige Hochzeitstorte, die mit Mandeln und Figuren aus Zucker geschmückt war.
Leonie aß nichts von alledem.
Zu später Stunde erhob sich Judith endlich, um ihre Pflicht zu erfüllen und Leonie zu ihrem Gemach zu begleiten. Zu dem Zeitpunkt war Rolfe so betrunken, daß er ihr Fortgehen nicht zur Kenntnis nahm. Leonie sprach ein Stoßgebet, er möge nicht in der Verfassung sein, sie aufzusuchen. Es war Brauch, daß die Hochzeitsgäste beim Entkleiden halfen, wenn das Paar zeremoniell zu Bett gebracht wurde, und etliche Frauen, die Leonie nicht kannte, kamen mit Judith und Amelia in ihr Zimmer. Doch genug war genug, und sie schickte sie wieder fort.
Als sie allein war, versteckte Leonie ihr Messer eilig unter ihrem Kissen und hoffte, sie würde es nicht brauchen. Aber sie wußte, daß die Gäste, wenn Rolfe nicht von sich aus zu ihr kam, dafür sorgen würden, daß er es tat. Daher kleidete sie sich eilig aus und kletterte in das breite Bett. Sie mußte sich jetzt von ihrem Schleier trennen, aber da die Bettvorhänge zugezogen waren, konnte sie sich trotzdem vor den Gästen verbergen, die mit Rolfe gemeinsam das Zimmer betreten würden. Da sie ihr langes Haar gelöst hatte, konnte sie ihr Gesicht vielleicht sogar vor ihm verbergen.
Sie wartete und bebte vor Anspannung, bis endlich die Tür aufgerissen wurde und eine Gruppe von Männern in das Zimmer taumelte, die Rolfe d’Ambert zu seinem Ehebett trugen. Sie waren ausnahmslos betrunken, und es kam zu zotigen Scherzen, bis Rolfes tiefe, zornige Stimme allen befahl, das Zimmer zu verlassen. Sie vergrub sich unter den Decken, stellte sich darauf ein, das leiseste Geräusch wahrzunehmen und wappnete sich dagegen, den Laut zu hören, mit dem die Bettvorhänge aufgezogen wurden. Nach ein paar qualvollen Augenblicken hörte sie, daß die Vorhänge geöffnet wurden, und sie stieß einen gedämpften Angstschrei aus, als seine schwere Gestalt auf das Bett fiel.
Leonie hielt den Atem an, bis ihre Brust schmerzte. Sie malte sich jedes erdenkliche Grauen aus, bis seine Stimme direkt neben ihr grummelte: »Schlaf ein. Ich vergewaltige keine Kinder.«
Leonie versuchte gar nicht erst, zu verstehen, was er damit meinte. Irgend etwas hatte sie gerettet. Sie war so erleichtert, daß sie wenige Minuten, nachdem sie das Schnarchen ihres Mannes hörte, eingeschlafen war.
10. KAPITEL
Durch den dichten Nebel, der seine Sinne trübte, spürte Rolfe eine zarte Gestalt, die sich an seine Brust und seine Schenkel schmiegte. Amelia war keine Frau, die sich im Bett an einen Mann kuschelte, auch nicht, um sich zu wärmen, und er war lange genug mit ihr zusammen, um das zu wissen.
Und doch wärmte ihn eine zarte Gestalt, und er schlag seinen Arm um sie und schob seine Hand zwischen ihre Brüste, um sie dort liegen zu lassen. Sie wimmerte, und dieser Laut weckte ihn. Seufzend zog Rolfe seinen Arm zurück und wollte sich abwenden. Doch ihr warmer Körper schmiegte sich noch dichter an ihn. Er fragte sich für einen Sekundenbruchteil, was diesen Wandel hervorgerufen haben mochte, und wieder schlang er seinen Arm um sie. Als sie nicht widerstrebte, begann er, sie zu streicheln, und er ging so zart vor, daß sie nicht wach wurde. Er war selbst noch im Halbschlaf.
Seine Hand entdeckte Dinge, die ihn verwirrten. Amelias Haut erschien ihm zarter als kostbare Seide, und er ertastete keine herausstehenden Knochen. Ihre Rundungen waren fest und doch üppig, ihre Brüste voll.
Rolfe wurde augenblicklich wach. Das Wesen, das er liebkoste, war seine Ehefrau, und sie war es auch, die ihn erregt hatte. Er hatte sie als Kind betrachtet, aber diese Rundungen gehörten einer Frau.
Das
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