Wenn die Liebe erwacht
ihm den Rücken zugekehrt. Er zog sie näher heran und spürte, daß sie zitterte.
»Friert ihr?«
Sie wäre lieber gestorben, als ihre Furcht einzugestehen. »Ja, Mylord.«
Seine Finger glitten sachte über ihre Brüste, ihren Bauch und zwischen ihre Beine. »Dir wird nicht mehr lange kalt sein«, flüsterte er.
Leonie konnte nichts gegen ihr Zittern tun. Sie verstand einfach nicht, warum er so zart mit ihr umging. Wann würde ihre Strafe beginnen? Er spielte weiter mit ihr, um sie zu locken, aber ihre Angst ließ keinen Raum für andere Gefühle. Sie war sicher, daß er ihr den Messerstich vergelten würde, aber was um Himmels willen hatte er vor?
Für Leonie kam es völlig überraschend, als er sich auf sie legte und in sie eindrang, ehe ihr klar war, was hier geschah. Sie stieß einen Schrei aus, aber es war ein kurzer Schmerz, der sich bald zu einem dumpfen Pochen abschwächte. Sie lag benommen da, verwundert darüber, daß sie nicht geschlagen wurde, sondern daß er sie zu seiner Frau machte.
Rolfe war ebenfalls erstaunt. Sie war also doch noch Jungfrau. Das hieß, daß seine Schlußfolgerungen falsch waren. Sie hatte ihn absichtlich mit dem Messer verletzt, hatte ihm den Stich versetzen wollen. Diese Erkenntnis brachte ihn dazu, schnell zum Ende zu kommen. Anschließend schlief er sofort ein.
Diesmal schnarchte er nicht, aber Leonie merkte, daß ihr Mann eingeschlafen war. Jetzt war sie also keine Jungfrau mehr. Da sie kein Verlangen nach ihm verspürte, hatte sie Schmerzen gehabt, als er sie genommen hatte. Aber das waren Schmerzen, mit denen sie leben konnte, wenn es sein mußte und er sie nicht fortschickte. Sie klammerte sich an diese Hoffnung und schlief mit dem Wunsch ein, so möge es kommen.
11. KAPITEL
Leonie wurde brutal geweckt, als am nächsten Morgen eine Schar Frauen zu früher Stunde in ihr Zimmer stürmte. Sie war gerade erst aufgewacht, als auch schon die Bettvorhänge zur Seite gezogen wurden und man sie aus dem Bett riß.
Die Laken wurden abgezogen und aus dem Zimmer gebracht, um vorgezeigt zu werden, wie es Sitte war. Doch dieses Zeremoniell geriet in Vergessenheit, als eine der Damen Leonies Gesicht sah und einen entsetzten Aufschrei von sich gab.
Leonie drehte sich um und verbarg ihr Gesicht in den Händen, was den ungünstigen Eindruck vermittelte, daß sie weinte. Laute Fragen wurden gestellt. Die Frauen wollten wissen, was ihr fehlte, aber Leonie wollte nicht reden und sich auch nicht umdrehen.
Amelia scheuchte die Frauen aus dem Zimmer, hing Leonie ihren Morgenmantel über die Schultern, und erst das machte ihr bewußt, daß sie nackt dagestanden hatte, nur unter ihrem langen Haar verborgen. Sie zog den Morgenmantel an, und dann wurde ihr der Schleier gereicht.
Leonie blickte auf, um Judith zuzunicken, ehe sie den Kopfschmuck auf setzte. Nur ihre Stiefmutter und Lady Amelia waren noch im Raum. Von ihrem Mann war nichts zu sehen.
»Wer waren diese Frauen?« fragte Leonie.
»Dein Mann hat es versäumt, dich auf dem Fest mit ihnen bekanntzumachen«, erwiderte Judith, »aber du wirst sie zweifellos noch früh genug kennenlernen. Es sind die Frauen und Töchter der Ritter, die in den Diensten deines Mannes stehen. Soweit ich gehört habe, war es ihnen sogar gestattet, sich dem Heer anzuschließen, als Sir Rolfe noch ein Söldner war. Das waren höchst ungewöhnliche Umstände. Es kann nicht einfach gewesen sein, in jeder Stadt ein Quartier für sie zu finden. Ist es nicht so, Lady Amelia?«
»Von diesen Dingen weiß ich nichts.«
»Nein, natürlich nicht«, gurrte Judith. »Ich hatte vergessen, daß Sie noch nicht allzulange bei Sir Rolfe sind.«
Diese kleine Bosheit war nicht das einzige, was Amelia mißfiel. Das jungfräuliche Blut auf dem Laken hatte sie ziemlich aus der Fassung gebracht, da sie sicher gewesen war, Rolfe würde seine Frau nicht anrühren.
»Du hast die Morgenmesse verpaßt, Leonie«, bemerkte Judith mißbilligend. »Aber du warst nicht die einzige. Dein Vater schläft noch tief und fest. Und da dein Mann seinen Geschäften nachgeht, ohne ein Wort an seine Gäste gerichtet zu haben, muß ich davon ausgehen, daß das Hochzeitsfest vorbei ist. Es hat keinen Zweck, daß wir noch länger hierbleiben.«
»Ihr habt meine Erlaubnis, abzureisen, wenn es das ist, was du willst«, erwiderte Leonie steif.
»Du brauchst uns nicht mehr?« fragte Judith, weil diese Frage von ihr erwartet wurde.
Leonie schüttelte den Kopf.
»Dann werden wir gehen, sowie es mir
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