Wenn die Liebe erwacht
überlege.«
Leonie senkte die Lider, und ihre Stimme zitterte. »Danke, mein Gebieter.«
»Mein Gebieter!« wiederholte er bitter und seufzte. »Geh jetzt essen. Und sorge bitte dafür, daß mir ein Bad bereitet wird, und schick mir meinen Knappen. Noch etwas, Leonie: Schick deine Zofen, damit sie ihre Sachen holen, falls sie während meiner Abwesenheit wieder hier eingezogen sind. Aber wenn du nicht innerhalb von einer Stunde wieder hier bist, wirst du erneut Grund dazu haben, mich als Tier zu bezeichnen.«
Leonie eilte aus dem Zimmer. Die Aufgaben, mit denen Rolfe sie betraut hatte, gaben ihr fast das Gefühl, eine richtige Ehefrau zu sein, und sie kam ihnen mit einem gewissen Stolz nach. Das nahm ihr die Verlegenheit, und sie war sogar wieder so ruhig, daß sie sich hinsetzen und weiter essen konnte.
Als jedoch der Zeitpunkt näherrückte, an dem sie zu Rolfe zurückkehren sollte, verließ ihre Ruhe sie. Statt es hinauszuzögern und sich von ihrer Nervosität übermannen zu lassen, stieg sie eilig die Treppe hinauf, ehe sie dem Drang nachgeben konnte, sich ein Versteck zu suchen.
Er hatte ein Bad genommen und saß vor dem Kamin. Er hatte den Stuhl so hingestellt, daß er die Tür im Auge hatte, und als sie das Zimmer betrat, starrte er sie an. Er trug einen Morgenmantel aus feiner gelber Seide. Die Farbe ließ seine Augen heller wirken. Er hatte den Mantel so lose um sich geschlungen, daß das dichte schwarze Haar auf seiner Brust zu sehen war. Immer wieder fiel ihr Blick darauf, und sie errötete heftig, als er sie dabei ertappte.
Auf dem Tisch neben ihm lagen ihre eigene Seife und ein dickes wollenes Handtuch, das Wilda Damian für Rolfe gegeben hatte. Die Seife war wieder in ihre kleine Holzkiste gepackt worden, damit sie trocknen konnte, und das nasse Handtuch zusammengefaltet.
Rolfes Blicke folgten Leonie. »Wolltest du damit, daß du mir diese süß duftende Seife anbietest, etwas andeuten?« erkundigte er sich.
»Nein, Mylord. Seit ich dich kenne, habe ich deinen Geruch nie als unangenehm empfunden.« Er grinste über dieses unbeabsichtigte Kompliment. »Die Seife ist mit Rosmarinöl zubereitet. Ich dachte, sie könnte dir lieber sein als die Kernseife, die ich hier gefunden habe.«
»Ist sie kostspielig?«
»Nur, was die Zeit für ihre Zubereitung angeht, Mylord. Ich stelle sie selbst her.«
»Dann freut es mich, daß du sie mir anbietest.« Seine Stimme wurde tiefer, als er hinzufügte: »Aber ich hätte mich noch mehr gefreut, wenn du eher zurückgekommen wärest.«
»Ich habe mich nicht verspätet.«
»Du kommst mir mit Haarspaltereien, wo du doch weißt, was es mich gekostet hat, dich fortgehen zu lassen?«
»Ich … ich verstehe dich nicht.«
»Vielleicht«, erwiderte er sanft, »aber ich neige doch eher dazu, zu glauben, daß du mich sehr gut verstanden hast.«
Darauf hatte Leonie keine Antwort parat. Er sah sie auf eine Art an, die ihre Nervosität so sehr steigerte, daß sie zum Bett eilte und betete, es möge sie beide ablenken, wenn sie das Bett bereitmachte, damit sie schlafen gehen konnte. Die Zudecke war jedoch bereits zurückgeschlagen, und sie hatte nichts mehr zu tun.
Sie setzte sich auf die Bettkante, möglichst weit fort von ihm, und weigerte sich, ihn anzusehen. Das Bild, das er ihr bot, war einfach zu männlich, dieser Anblick von kräftigen Muskelsträngen, Stärke und Schönheit, und all das war in Selbstsicherheit eingehüllt. Sie hätte gewettet, daß er sich nie fürchtete, wogegen sie dasaß und spürte, daß sich ihre Eingeweide vor Angst zusammenzogen.
Sie schloß die Augen, aber das hinderte ihn nicht daran, zu ihr zu kommen und sich vor sie hinzustellen. »Laß mich dir beim Auskleiden helfen.«
»Ich schaffe das schon allein«, flüsterte sie, und Rolfe spürte seine Anspannung zurückkehren.
»Schmollst du immer noch, Leonie?«
»Ich schmolle nie. Kinder schmollen! Ich bin kein Kind mehr.« – Die Worte klangen krächzend, während sie mit den Bändern kämpfte, die ihr Gewand seitlich zusammenhielten. Er stand geduldig da und beobachtete, wie sie sich ihren Überwurf unwillig über den Kopf zog und sich dann verbissen über die Bänder hermachte, mit denen ihr Hemd zugeschnürt war. Endlich hatte sie sich seiner entledigt und trug jetzt nur noch ihr knielanges, ärmelloses Untergewand. Es war so dünn, daß er ihre Brustwarzen sehen konnte. Rolfe hielt den Atem an.
Sie war so unglaublich schön, diese Frau, die er geheiratet hatte, selbst dann, wenn
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