Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen

Wenn Die Nacht Anbricht

Titel: Wenn Die Nacht Anbricht Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: authors_sort
Vom Netzwerk:
verschwinden und dort ein Streichholz anzünden. In einigen der kleineren Bergwerke ging es nicht so streng zu, aber Galloway hatte zu viel Geld in das ganze System investiert, um sich die Schwächen eines Mannes leisten zu können. Wenn man einen Kumpel mit Zündhölzern in der Tasche fand, wurde er noch am selben Tag gefeuert.
    Jedenfalls arbeitete B sehr hart. Er war ein wenig zur Seite gerückt, um Red genügend Platz zu lassen, als dieser zurückkehrte, und brauchte einen Augenblick, um mich zu bemerken.
    »Ich muss mit dir reden, B«, sagte ich. Red sah B nicht an, sondern starrte nur geradeaus auf die Kohle vor ihm.
    »Ja, Sir?« B lehnte sich auf seine Schaufel.
    Ich ließ mir einige Sekunden Zeit, ihn zu mustern. Seine Hose und die Aufschläge würde ich nur dann sehen können, wenn ich mein Licht direkt darauf richtete. »Du kennst die Regeln, was Zündhölzer betrifft«, fuhr ich fort.
    »Ja, Sir.«
    Er würde in jedem Fall wissen, dass ihn Red verpfiffen hatte, ganz gleich, wie die Sache ausging. Einen Moment lang überlegte ich, ob ich behaupten sollte, selbst die Zündhölzer gesehen zu haben, aber ich wusste, dass das nicht ging. Ich war Red hierher gefolgt. Andererseits war Red ein erwachsener Mann. Es war seine Sache, mit solchen Auseinandersetzungen zurechtzukommen.
    »Hast du Zündhölzer in deinem Hosenaufschlag?«, fragte ich und zeigte auf seine Beine.
    B antwortete mir nicht.
    »Ich werd’s diesmal noch nicht melden«, erklärte ich. »Aber ich lass dich sofort rauswerfen, wenn du mich jetzt anlügst.«
    »Ich hab welche, Mr. Albert«, sagte er.
    »Hast du den Verstand verloren, oder bist du einfach nur dumm?«
    Wieder antwortete er nicht, sondern hielt den Blick gesenkt und starrte auf meine Knie.
    »Hol sie raus«, sagte ich.
    Er beugte sich herab, zog eines seiner Hosenbeine hoch und holte eine Schachtel Zündhölzer aus dem Umschlag seines Stoffs heraus.
    »Gib sie mir.«
    Er gehorchte, wobei seine Augen nicht einmal bis zu meinen Schultern wanderten, von meinem Gesicht ganz zu schweigen. Ich verstand nicht ganz, was dieses Verhalten sollte. Ich kannte ihn seit zwei oder drei Jahren, und bisher hatte er sich nie etwas zuschulden kommen lassen. Natürlich hatte ich auch kaum mehr als fünf Worte mit ihm gewechselt – außer dem üblichen »Morgen«, »Tag« und »Ich fahr dann ein«. Aber diese Art von Dummheit wäre mir trotzdem aufgefallen. So etwas ließ sich nicht verstecken.
    »Was ist los mit dir, B?«
    Keine Reaktion.
    »Wird dir nicht wehtun, mir zu antworten.«
    Es war nicht leicht, eine solche Unterhaltung mit gebeugtem Rücken und Lampen auf dem Kopf zu führen, mit denen wir uns gegenseitig blendeten. Wir konnten uns nicht in die Augen sehen, deshalb war es auch sinnlos, ihm einen finsteren Blick zuzuwerfen.
    »B?«
    »Hab’s vergessen«, murmelte er schließlich.
    »Du hast vergessen, dass du die Streichhölzer dabeihast?«
    »Ja, Sir. Ich bin gestern direkt nach Hause, ohne mich umzuziehen. Wollte noch ein Kaninchen oder ein Eichhörnchen fangen, ehe es dunkel wird. Hab sie einfach nur da reingesteckt, sobald ich nach Hause kam. Ich schwör’s. Ich wollte nicht rauchen. Hab nicht mal Zigaretten dabei.«
    »Du behauptest also, dass du dich an diese Zündhölzer nicht erinnert hast, seitdem du aufgestanden bist? Erst jetzt sind sie dir wieder eingefallen?«
    »Ja, Sir.«
    Nun, ich wusste nicht, was ich darauf sagen sollte. Natürlich war mir klar, dass er mir frech ins Gesicht lügen konnte. Und was die Zigaretten betraf, so hätte er Papier und einen kleinen Beutel Tabak überall verstecken können. Einen Moment lang hatte ich Lust, seinen anderen Hosenumschlag zu kontrollieren. Doch das Problem war: Er hatte vier Kinder, von denen keines mir über die Knie reichte, und er hatte Glück gehabt, diese Arbeit zu bekommen. Wenn ich ihn aus meiner Truppe warf oder dem Schichtmeister Bescheid gab, würde er nichts mehr haben. Er besaß kein Land, hätte dann also auch nichts mehr zu essen gehabt. Er würde zudem keine Arbeit mehr finden, da die halbe Stadt sowieso bereits auf dem Weg nach West Virginia und Kentucky war, um dort irgendwas aufzutun, das dann trotzdem nicht die Mäuler zu Hause stopfte.
    »Hast du gehört, was drüben in Sipsey passiert ist?«, fragte ich schließlich. Das überraschte ihn so sehr, dass er mir einen Augenblick lang direkt ins Gesicht blickte und mich dabei blendete, ehe er den Kopf wieder abwandte.
    »In Sipsey?«
    »Ein Kumpel hat sich dort vor

Weitere Kostenlose Bücher