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Wenn die Nacht dich kuesst...

Wenn die Nacht dich kuesst...

Titel: Wenn die Nacht dich kuesst... Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Teresa Medeiros
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sah, war dieses Gefühl mit einem Schlag verschwunden, und das Herz sank ihr.
    »Ich bin nicht wegen Caroline gekommen, sondern wegen Portia«, erklärte Larkin, dessen Gesicht grau und verhärmt aussah. »Sie wird vermisst. Wir fürchten, sie ist fortgelaufen. «

21
    Portias Schlafzimmer lag verlassen, aber das Fenster, das dem Bett am nächsten war, stand weit offen und ließ eine milde Frühlingsbrise und das fröhliche Morgenlied einer Lerche ins Zimmer. Caroline konnte sich mühelos vorstellen, wie gestern Abend die Töne eines Walzers durch das Fenster gedrungen waren, wie unwiderstehlich die schwungvolle Melodie geklungen hatte.
    Während Larkin an der Tür stehen blieb und eine bleiche Vivienne zu trösten versuchte, folgten Adrian und sie der Spur der um einen Pfosten des Himmelbettes geknoteten Laken zum Fenster. Die behelfsmäßige Strickleiter lief über das Fensterbrett und verschwand nach unten. Caroline strich sich schnell eine Haarsträhne hinter das Ohr, die sich aus ihrem hastig aufgesteckten Knoten gelöst hatte, dann lehnte sie sich aus dem Fenster im ersten Stock. Das Ende der Laken baumelte direkt über einem minzegrünen Grasstreifen im hellen Sonnenschein. Letzte Nacht waren da unten nur Schatten gewesen, die auf den warteten, der kühn genug war, hinabzuklettern.
    »Ich habe keinen Hinweis auf einen Kampf oder ein Verbrechen finden können«, unterrichtete Larkin sie. »Alles, was ich auf dem Fensterbrett gefunden habe, war dies hier.« Er hielt etwas in die Höhe, das aussah wie ein Stück Besenstroh.
    »Das ist ein Schnurrbarthaar von der Katzenmaske, die Julian ihr gegeben hatte«, sagte Caroline, und ihre Beklemmung wuchs. »Sie war so aufgeregt und wollte sie unbedingt für ihn tragen.«
    »Es ist alles meine Schuld«, erklärte Vivienne, ohne Larkins Arm loszulassen. »Wenn ich vor dem Morgengrauen in mein Zimmer zurückgekehrt wäre, hätte ich schon eher gemerkt, dass sie nicht da ist.«
    Während Caroline sie nur verblüfft anstarrte, fuhr Adrian herum und musterte seinen alten Freund durchdringend. »Muss ich dich etwa zum Duell fordern, Konstabler?«
    Larkin zog seine Weste gerade, während er im Gesicht ganz reizend rot anlief. Jetzt erst fiel Caroline auf, dass, obwohl Vivienne immer noch den Morgenmantel trug, Larkins Halstuch zu einem tadellosen französischen Knoten geschlungen war, der Brummell vor Neid hätte erblassen lassen. »Ich denke nicht. Ich kann versichern, dass meine Absichten Miss Cabots Schwester gegenüber vollkommen ehrenhaft sind. Wenn es nach mir ginge, wären wir inzwischen schon auf halbem Weg nach Gretna Green. Aber Vivienne hat sich geweigert, mit mir durchzubrennen. Sie beharrt darauf, es sei richtig, wenn erst ihre ältere Schwester heiratet.«
    Adrian sah sehr wohl, wie zärtlich er Vivienne an sich zog, als er leise sagte: »Daran solltest du dich besser gleich gewöhnen.«
    »Woran?«, fragte Larkin.
    »Dass es nicht mehr so geht, wie du es willst.«
    »Das verstehe ich nicht«, sagte Vivienne, als Adrian sich aus dem Fenster lehnte, um den Boden unten zu betrachten. »Wenn Portia sich hinausgeschlichen hat, um gegen Carolines ausdrücklichen Wunsch an dem Ball teilzunehmen, warum ist sie dann noch nicht zurück? Alastair hat sich in der Burg diskret umgehört, und die Dienerschaft schwört, dass sie seit gestern Nachmittag nicht mehr gesehen wurde.«
    Caroline schüttelte den Kopf, als sie sich an ihr letztes Zusammentreffen mit Portia erinnerte. »Sie war sehr böse auf mich, weil ich ihr nicht erlaubt habe, zum Ball zu gehen. Vielleicht sitzt sie irgendwo auf dem Besitz schmollend herum und will mir als Strafe einen Schreck einjagen.«
    Selbst während sie das sagte, wusste Caroline, wie unwahrscheinlich das war. Portia war nicht nachtragend und nie lange auf jemanden böse. Ihr Temperament kühlte sich meistens so rasch wieder ab, wie es überkochte. Caroline konnte nicht sagen, wie oft Portia sie dazu gebracht hatte, ihr einen Wutanfall oder ein böses Wort zu verzeihen, indem sie einfach die Arme um sie gelegt und sich entschuldigt hatte. Sie hätte fast alles dafür gegeben, die Arme ihrer Schwester jetzt um sich zu spüren.
    Und sie erinnerte sich schmerzlich daran, wie sie absichtlich Portias Ängste und Phantasien ins Lächerliche gezogen hatte. Wie sie ihr, in einem fehlgeschlagenen Versuch, sie zu beschützen, versichert hatte, es drohten ihr keine echten Gefahren. Ihretwegen war Portia die einzige von ihnen, die nicht wusste, dass

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