Wenn die Nacht dich kuesst...
Augenblick, als sich Ihre Kutsche am Berkeley Square hinter meine setzte. Ich rate Ihnen dringend davon ab, je eine Stelle im Kriegsministerium anzunehmen. Ihnen scheinen die erforderlichen Fähigkeiten in Bezug auf Heimlichtuerei und Vertuschung völlig abzugehen, die für eine Karriere im Spionagegeschäft unerlässlich sind.«
»Wie ist es Ihnen gelungen, so rasch zu verschwinden?«, fragte sie. »Ich habe nur einen Augenblick nicht hingesehen, und schon waren Sie fort.«
Er zuckte mit seinen breiten Schultern. »Ich weiß nie, wann mir Larkin und seine Männer nachschleichen. Daher habe ich schon vor langer Zeit gelernt, dass in einer Menge unterzutauchen der beste Weg ist, etwaige Verfolger abzuschütteln.« Er legte den Kopf schief. »Ist das der Grund, weswegen Sie mir gefolgt sind? Hat der Konstabler Ihnen eine Stelle angeboten?«
Caroline senkte den Kopf, um seinem durchdringenden Blick auszuweichen. Es war eine Sache, in einem überfüllten Empfangssalon zu stehen und lachend zu bemerken, dass es Menschen in London gab, die ihn für einen Vampir hielten, und etwas vollkommen anderes, ihm auf einem verlassenen Pfad gegenüberzustehen, während seine weißen Zähne im Mondlicht unheimlich schimmerten, und ihm sagen zu müssen, dass sie sich in einer entlegenen Ecke ihres Verstandes zu fragen begann, ob sie Recht hatten.
»Da waren Gerüchte«, flüsterte sie.
»Die gibt es immer, nicht wahr?«
Sie schluckte laut, wünschte sich verzweifelt, dass sie eine ebenso geschickte Lügnerin wäre wie Portia. »Diese Gerüchte waren der Grund, weswegen ich an Ihrer Ergebenheit für meine Schwester zu zweifeln anfing. Heute Nacht bin ich Ihnen gefolgt, weil ich glaubte, Sie hätten ein Stelldichein mit einer anderen Frau.«
»Ich habe ein Stelldichein mit einer anderen Frau.« Er hob ihr Kinn mit zwei Fingern an, gestattete ihr nicht länger, seinem Blick auszuweichen. »Mit Ihnen.«
Die unverhohlene Herausforderung in seinen Augen weckte in ihr die Frage, was gewesen wäre, wenn sie sich auf diesem dunklen und versteckten Weg unter anderen Umständen, in einer anderen Zeit getroffen hätten.
Sie erwiderte seinen Blick kühn, die Lügen und Halbwahrheiten gingen ihr nun schon viel leichter über die Lippen. »Jetzt begreife ich, wie dumm es war, auf den Klatsch zu hören. Ich hätte Ihre Zuneigung für meine Schwester nie anzweifeln dürfen. Und ich hätte niemals meinen Ruf aufs Spiel setzen sollen, um Ihnen nachzuspionieren.«
Sein ausdrucksvoller Mund verhärtete sich zu einer grimmigen Linie. »Wenn ich nicht umgekehrt wäre, um nach Ihnen zu sehen, hätten diese jungen Schufte dafür gesorgt, dass Sie weit mehr verloren hätten als Ihren Ruf.«
Sie konnte spüren, wie ihr die Röte heiß in die Wangen stieg. »Das wissen wir nicht mit Sicherheit. Hätte ich mehr Zeit gehabt, hätte ich sie gewiss zur Vernunft bringen können. Schließlich waren sie nicht irgendwelche Verbrecher, sondern Gentlemen.«
»Vielleicht ist es Zeit, dass Sie, Miss Cabot, lernen, dass unter der seidenen Weste eines jeden Gentleman das Herz einer Bestie schlägt.«
Wie er so im Mondlicht über ihr aufragte, seine Stimme ein rauchiges Knurren, fiel es ihr nicht schwer, ihm diese Behauptung zu glauben.
»Selbst unter Ihrer, Lord Trevelyan?«
Er beugte sich noch näher, und sein schwach nach Brandy riechender Atem strich über ihre Lippen. » Besonders unter meiner.«
Ganz bestimmt hätte er sich weiter vorgebeugt, wäre noch näher gekommen, wenn nicht drei nur zu vertraute Frauenstimmen zu ihnen gedrungen wären.
»Müssen wir weitergehen? In diesen verflixten Schuhen habe ich mir schon an beiden Fersen Blasen gelaufen.«
»Arme Tante! Ich verstehe das nicht. Ich war mir ganz sicher, dass ich den Viscount diese Richtung habe einschlagen sehen.«
»Du kannst nicht immer Recht haben, weißt du? Ich habe euch beiden zu sagen versucht, dass ich ihn vor beinahe einer Viertelstunde nahe des Hermit's Walk erspäht habe.«
»Warum sollten wir dir glauben? Einmal hast du auch geschworen, du habest ein Krokodil auf dem Dachboden von Edgeleaf entdeckt. Und was ist mit den vielen Jahren, die du herumgelaufen bist und behauptet hast, du seiest ein Wechselbalg, das unter einem Kohlblatt in Mamas Garten ausgesetzt wurde?«
»Oh, nein!«, flüsterte Caroline entsetzt. »Das sind Tante Marietta und meine Schwestern!.
Kane betrachtete sie finster. »Ist da noch jemand aus Ihrer Familie, der mir heute Nacht nachsteigt? Ein altersschwacher
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