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Wenn die Nacht in Scherben fällt (German Edition)

Wenn die Nacht in Scherben fällt (German Edition)

Titel: Wenn die Nacht in Scherben fällt (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Anika Beer
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Ecke verquollener und übernächtigter aussah als das Schreckgespenst, das Nele heute früh aus dem Spiegel angestarrt hatte.
    Sie blieb vor ihm stehen. »Guten Morgen zu sagen, wäre vermutlich nicht so passend, was?«
    Jari verzog das Gesicht. »Nicht ganz«, gab er zu. Aber sein Lächeln war jetzt etwas deutlicher zu sehen. »Trotzdem. Wünschen darf man ja. Guten Morgen.«
    »Stimmt. Guten Morgen also.« Das Lächeln sprang von seinem Gesicht auf Neles über, ohne dass sie etwas dagegen hätte tun können. Es hellte ihre Laune augenblicklich auf, so erstaunlich das auch war. Nele rieb sich über die Nase, die von der kalten Morgenluft kribbelte. »Ein bisschen wärmer dürfte es allerdings sein. Gehen wir lieber rein.«
    »Gute Idee.« Jari drückte die Hände noch etwas tiefer in seine Jackentaschen und vergrub die Nase in seinem Kragen. Dann folgte er Nele zwischen den steinernen Löwen hindurch zur Tür des Hauptgebäudes.
    Als Nele ihm die Tür aufhielt, hörte sie hinter sich eilig klappernde Schritte. Sie hielt die Tür noch einen Moment fest und wandte sich um, in der Erwartung, Frau Klein oder eine andere Lehrerin zu sehen. Doch stattdessen sah sie ein Mädchen, das etwa in ihrem Alter sein musste. Es trug eine schmal geschnittene Jeans, elegante Schuhe und einen Blazer. Das aschblonde Haar war zu einer hübschen Flechtfrisur aufgesteckt. Die zu schmalen Bögen gezupften Brauen hoben sich, als das Mädchen Nele im Vorbeigehen ein Lächeln und ein Nicken zuwarf, ehe sein Blick direkt zu Jari weiterwanderte, der einige Schritte hinter dem Eingang stehen geblieben war.
    »Oh, guten Morgen!«, sagte das Mädchen mit auffällig betonter Überraschung, und Nele meinte, einen leichten russischen Akzent in seiner Stimme zu hören. Aber Jari sah nur stur zur Seite, als hätte er gar nicht bemerkt, dass er angesprochen worden war.
    Das Mädchen sah noch einmal zu Nele. Ein Lächeln, das vielleicht spöttisch gemeint war, zuckte um die sorgfältig geschminkten Lippen. Dann hob es kurz die Schultern, wandte sich ab und ging weiter.
    Verwirrt ließ Nele endlich die Tür los und trat zu Jari. »Wer war das?«
    Jari schüttelte den Kopf. Seine Schultern waren eine angespannte Linie. »Nur Svea«, murmelte er. »Sie ist in unserer Stufe. Vielleicht lernst du sie noch kennen.«
    Damit wandte er sich ab und stieg die wenigen Stufen zum Hauptflur hinauf. Nele folgte ihm eilig. Bei Jari musste man ja immer aufpassen, dass man ihn nicht aus den Augen verlor.
    Um zur Turnhalle zu kommen, musste man das Hauptgebäude einmal der Länge nach durchqueren. Dort gab es einen zweiten Ausgang zu einem kleineren Schulhof, an dem die Halle lag. Während Nele und Jari den Gang entlangtrotteten, der schon unter dem Stimmgewirr und den Schritten Hunderter Schüler vibrierte, überlegte Nele, was sie sagen konnte, um sich selbst und auch Jari von der seltsamen Begegnung am Eingang abzulenken. Sie hätte gern gefragt, warum er so empfindlich auf einen einfachen Morgengruß reagierte. Aber das schien ihr angesichts der finsteren Miene, die Jari aufgesetzt hatte, nicht besonders ratsam zu sein.
    Schließlich war es jedoch Jari selbst, der einmal tief Luft holte und das Thema wechselte.
    »Du siehst müde aus.« Er musterte sie prüfend von der Seite. »Schlecht geschlafen?«
    Beinahe wäre Nele stehen geblieben. Was war das denn bloß für ein Morgen? Ja, sie hatte das Gespräch wieder aufnehmen wollen, aber doch nicht gerade mit diesem Thema! Nur woher sollte Jari das wissen? Sie schwenkte ihre Sporttasche und kaute einen Moment lang auf der Antwort herum, bis ihr eine Formulierung einfiel, die halbwegs unverbindlich klang.
    »Ziemlich«, sagte sie dann endlich. »Aber das passiert mir öfter mal.«
    Noch während sie die Worte aussprach, wurde ihr überdeutlich bewusst, dass es sich– wie schon beim Gespräch mit ihren Eltern am Vortag– ganz und gar nicht richtig anfühlte, über die Ereignisse der vergangenen Nacht zu reden, als ginge es wirklich nur um unruhigen Schlaf. Es war, als würde sie nach Mommi und Paps jetzt auch noch Jari offen ins Gesicht lügen. Eine gefährliche Lüge noch dazu, ungefähr so, als ob sie regelmäßig in der Dunkelheit in verruchten Gassen unterwegs wäre, ohne irgendjemandem zu erzählen, wo sie sich herumtrieb.
    Jari aber brummte nur zustimmend. »Geht mir auch so.« Er schien das Thema damit für erledigt zu halten, was Nele ziemlich erleichterte. So gut, dass sie mit ihm über Träume reden wollte,

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