Wenn die Schatten dich finden: Thriller (German Edition)
verdammte Hütte. Sofort spürte Mitch die vertraute Wut. Wie er diesen Scheißkerl hasste! Fast von Geburt an hatte Michael sich genommen, was Mitch zugestanden hätte.
Er beäugte seinen Bruder mit gespieltem Interesse, trank von seinem Bier und lauschte halbherzig, wie Michael mit seinen Erlebnissen der letzten Jahre prahlte. Als würde ihn das einen Dreck scheren! Der einzige Grund, weshalb Mitch den Wichser nie umgebracht hatte, war der, dass sein Daddy ihn nicht ließ.
Nun war Daddy aber nicht mehr da …
Michael war gerade bei seiner vierten Geschichte, als es Mitch endgültig reichte. Er stand auf und streckte sich gähnend, um seine Langeweile deutlich zu machen. »Drei Türen weiter ist eine leere Hütte. In der kannst du pennen. Die ist sauberer als die anderen … sogar mit fließend Wasser und frischer Bettwäsche.« Während er sich das Hemd in die Hose stopfte, ging er zur Tür. »Ich muss jetzt ein paar Sachen erledigen. Wenn ich zurück bin, setzen wir uns hin und reden. Ich hab dir einen Vorschlag zu machen.«
Michael stand ebenfalls auf und kratzte sich am Schritt. »Gibt’s hier irgendwas, das mir gegen das Jucken hilft?«
»Im Moment nicht. Ich guck mal auf dem Rückweg, ob ich was für dich finde.«
»Was ist denn mit der in der Ecke?«
»Die bearbeite ich noch. Sie hat was, das ich will.«
»Sie hat auch was, das ich will. Komm schon, Alter, lass mich die mal versuchen.«
»Nein, ich …«
»Du schuldest mir was.«
Michaels Stimme war härter und fieser denn je. Mist, er war immer noch angepisst wegen der Knastnummer! Am besten gab Mitch ihm nach, für den Fall, dass er hier war, um Wiedergutmachung zu fordern. Sollte er jedoch zu viel verlangen, würde Mitch tun, was er schon seit Jahren tun wollte, nur früher. Er würde seinem Bruder die Rübe wegpusten und ihn begraben, wo ihn nicht mal die Geier fanden.
Mitch seufzte übertrieben gelangweilt. »Okay, aber guck, ob du dabei was aus ihr rauskitzeln kannst, vor allem über einen Typen namens Noah McCall. Wir versuchen es seit zwei Tagen, und die rückt nichts raus.«
Mitch ignorierte Michaels selbstzufriedenes Grinsen und stapfte zur Tür hinaus. Zwanzig bis dreißig Minuten, länger hatte er seinen Bruder noch nie am Stück ertragen.
Und wenn Michael tatsächlich was aus der Schlampe herausbekam? Egal, das ersparte Mitch wenigstens Schwierigkeiten.
Mit enormer Anstrengung wahrte Noah sein schmieriges Grinsen, als er zu Samara ging, und es brachte ihn an den Rand seiner Selbstbeherrschung. Dort sitzen und mit seinem korrupten Leben angeben zu müssen, während Samara ohnmächtig und hilflos auf dem Boden lag, hatte ihn unvorstellbare Kraft gekostet. Er hockte sich hin, doch erst als er hörte, wie die Tür geöffnet und wieder geschlossen wurde, flüsterte er ihren Namen.
Er strich ihr das Haar vom Hals, fühlte ihren Puls und atmete erleichtert auf, sowie er das kräftige Pochen wahrnahm. »Mara, Süße, kannst du mich hören?« Angesichts der üblen Striemen auf ihren Beinen wollte er rasen vor Zorn. Stattdessen fasste er sanft ihre Schultern und drehte sie langsam zu sich um. Ihr Gesicht war grün und blau geschlagen, blutig und so unglaublich blass, dass er, hätte er ihren Herzschlag nicht gespürt, angenommen hätte, sie wäre tot.
Das Hemd, das sie trug, war zerrissen und voller Blut und anderem, von dem er nur vermuten konnte, was es war. Er holte zittrig Luft. Das Beste, was er tun konnte, war, sie rasch an einen Ort zu bringen, an dem er sich um sie kümmern konnte.
Noah hob sie in seine Arme und ging hinaus zu der Hütte, die Mitch ihm angeboten hatte.
Dort stieß er die Tür mit dem Fuß auf und von drinnen wieder zu. Er legte Samara auf das schmale Bett. Ihre Lider flatterten, blieben jedoch geschlossen.
»Mara, hörst du mich?«
Immer noch keine Antwort. Noah ging ins Bad und ließ das Wasser laufen, bis es klar war. Dann zog er ein T -Shirt aus seiner kleinen Reisetasche, befeuchtete es und kehrte in den Wohnraum zurück. In der Badezimmertür blieb er erschrocken stehen. Das war Bett war leer.
»Mist.« Noah rannte zur Hüttentür. Samara hatte es die Treppe hinunter geschafft, ehe sie zusammenbrach. Er hob sie hoch und trug sie wieder hinein.
Nachdem er sie behutsam hingelegt hatte, machte er sich an die herzzerreißende Aufgabe, sie zu waschen und ihre Wunden zu prüfen. Sie war mit einem Gegenstand geschlagen worden, wahrscheinlich einem Gürtel. Dicke rote Striemen wölbten sich auf ihrer bleichen
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