Wenn die Schatten dich finden: Thriller (German Edition)
sie trug, drehte sich ihr der Magen um. O Gott. O Gott. O Gott! Schluchzend wandte sie sich ab und übergab sich. Da sie wenig hatte, was sie erbrechen konnte, wurde sie von einem trockenen Würgen geschüttelt, das sie in die Knie zwang.
Sie nahm dunkel wahr, wie Mitchell seinen Leuten befahl, den toten Richard wegzuschaffen. Dann packte er abermals ihren Arm und schubste sie zurück in die Hütte.
Dort schleuderte er sie in eine Ecke, von wo aus sie beobachtete, wie er ein Bier aus einer Kühlbox auf dem Küchentresen und anschließend ein Hühnerbein aus einem Eimer auf dem Tisch nahm. Er setzte sich an den Tisch, trank von seinem Bier, biss in das Hühnchen und grinste. »Ich wette, du hast Hunger.«
Nach dem, was sie eben gesehen hatte? Samara bezweifelte ernsthaft, dass sie jemals wieder essen könnte.
Sie schloss die Augen. Gott, wie behütet sie bisher gelebt hatte! Und wie blöd sie gewesen war, zu glauben, sie könnte auf sich aufpassen, sich gegen einen derartigen Angreifer verteidigen. Wenn das hier vorbei war – und sie betete, dass sie es überlebte –, würde sie alles daransetzen, künftig weniger hilflos und verwundbar zu sein. Nie wieder sollte jemand die Chance bekommen, ihr so etwas anzutun.
Das Hemd war voller Blut- und sonstiger Spritzer, aber sie musste vor allem die von ihrer Haut loswerden. Mit einem relativ sauberen Stoffzipfel rieb sie sich das Gesicht ab und würgte erneut, als sie sah, was sie da abrieb. Ihr wurde schwindlig, sodass sie den Kopf an die Wand lehnen musste, und sie merkte, wie sie ohnmächtig zu werden drohte.
Ein lautes Rülpsen holte sie zurück. Blinzelnd sah sie zu Mitchell auf, der auf seinem Hühnchen kaute und sie mit seinen Blicken fixierte.
»Durstig bist du garantiert auch. Ist fast zwei Tage her, seit du was gegessen und getrunken hast. Du gibst mir etwas über Noah McCall, dann gebe ich dir Wasser und Essen.«
Samara wollte schlucken, konnte es aber nicht. Ihre Zunge war geschwollen, und ihr Mund brannte. Als sie versuchte, sich die rissigen Lippen zu benetzen, schmeckte sie getrocknetes Blut. Sie weigerte sich zu überlegen, ob es ihres oder Richards war.
Ja, sie war durstig … so durstig wie in ihrem ganzen Leben noch nicht. Nur nicht durstig genug, dass sie Noah verraten würde.
»Ich kenne keinen Noah McCall. Der scheint dir offen bar eine Heidenangst einzujagen.« Nachdem sie gesehen hatte, wie grausam Mitchell war, wie kaltblütig und skrupellos er mordete, konnte sie kaum glauben, dass diese Worte aus ihrem Mund gekommen waren.
Prompt verengten sich seine schwarzen Augen und funkelten bedrohlich. Ein träges Grinsen trat auf seine Züge, das wahrlich zum Fürchten war. Genauso hatte er ausgesehen, ehe er Richard den Kopf wegpustete.
Mitchell stemmte sich aus dem Stuhl hoch und öffnete seinen Gürtel.
Ein panischer Laut entfuhr Samara. War es das? Hatte sie ihn so wütend gemacht, dass er sich über die Regel hinwegsetzte, die er für seine Männer aufgestellt hatte, und sie vergewaltigte?
Als der Gürtel aus den Schlaufen ratschte und ohne Vorwarnung auf ihre nackte Haut peitschte, schrie Samara vor Schmerz auf und fasste sich an das brennende Bein. Wieder traf der Gürtel sie, diesmal im Gesicht. Sie krümmte sich und schützte ihren Kopf mit den Armen. Während das feste Leder ihr in die Haut schnitt, fragte sie sich, ob er so seinen Kick bekam oder noch mehr für sie geplant hatte. Das war ihr letzter zusammenhängender Gedanke.
Wieder und wieder hieb Mitchell mit dem Gürtel nach ihr. Samara rollte sich zusammen, während der Schmerz immer brennender und intensiver wurde. Sie versuchte, an etwas anderes zu denken, was ihr leider nicht gelang. Nach einem letzten fiesen Schlag auf ihre Schulter hörte er auf.
Fast bewusstlos vor Schmerz biss Samara die Zähne zusammen. Das Geräusch eines Reißverschlusses verriet ihr, dass Mitchell noch nicht fertig war. Als Samara sich auf die Lippe biss, um nicht zu schreien, rann ihr Blut in den Mund. Sie wappnete sich für das, was nun kommen würde … entschlossen, sich dagegen zu wehren, egal wie. Doch zunächst wartete sie ab, bis er nach ihr griff. Dann sprang sie mit letzter Kraft auf, packte einen Stuhl und schwang ihn nach Mitchell. »Mistkerl!«
Überrascht lachend schlug er den Stuhl weg, der klappernd beiseiteflog. Weil sie nichts anderes hatte, was sie gegen ihn einsetzen konnte, stürzte Samara sich auf ihn. Mit einer Faust erwischte sie ihn am Kinn, doch die andere fing er ab und
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