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Wenn Die Seele Verletzt Ist

Wenn Die Seele Verletzt Ist

Titel: Wenn Die Seele Verletzt Ist Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Christiane Sautter
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einzelner Hirnareale ohne operative Eingriffe erforscht werden. Diese bildgebenden Verfahren (CT, MRT, PET, SPECT) erlauben einen tiefen Einblick in unser Gehirn und dessen Funktionen.
     
    Das Gehirn ist unsere oberste Schaltzentrale. Hier laufen unsere „Lebensfäden“ zusammen wobei selbst geringste Verletzungen zu schweren Behinderungen führen können. Wundersamerweise führen andererseits schwerste Schädelverletzungen manchmal zu gar keinen Ausfällen – das Zentrale Nervensystem gibt uns noch viele Rätsel auf!
    Das Gehirn nimmt Impulse und Eindrücke auf und gibt Impulse ab. Das Hineinkommende wird sinnlich, also sensorisch, wahrgenommen. Die körperlichen Antworten erfolgen motorisch. Hören wir zum Beispiel, daß unser Name gerufen wird, kommt diese Information akustisch an und wird an das Gehirn weitergeleitet: Wir „erkennen“ unseren Namen und die motorische Antwort könnte sein, daß wir uns umdrehen und nach dem Rufer Ausschau halten. Selbst schwer Hirngeschädigte reagieren auf das Rufen ihres Vornamens.
    Die Informationsweitergabe in und zwischen den Neuronen läuft auf chemischem und elektrischen Wege. Das Gleichgewicht und der Ablauf dieser Informationsverarbeitung ist in weiten Teilen noch nicht erforscht. Eine wichtige Rolle spielen hierbei die Botenstoffe, die Transmitter und die Neurohormone, die Basis für das Funktionieren des Nervensystems. Das Gehirn verfügt über verschiedene Schutzmechanismen. Nur manche der aufgenommenen Eindrücke werden uns bewußt, die meisten werden aussortiert. Einige Dinge werden gespeichert, andere werden vom lebenswichtigen Filter gar nicht erst hineingelassen. Anders ist dies mit wiederholten und/oder schockartigen Eindrücken und Informationen, die sich unserem Nervensystem zumeist tief einprägen: Manches vergessen wir nie! Dies kann in Bezug auf die Verarbeitung von Traumata problematisch wirken. Selbst wenn die Psyche auf dem Weg der Heilung ist, erinnert sich der Körper auf neuronaler Ebene noch immer. Diese neuroanatomisch nachweisbare körperliche Verankerung stellt sich zuweilen als schwierige Blockade heraus und sollte unbedingt Beachtung in der Therapie finden
    (Sautter, 2005, S. 49ff; Sautter&Sautter, 2004 Skript zur Fortbildung; Levine,1998, S.191ff, 207ff).
    Dem Gedächtnis an sich konnte bisher kein fester Platz zugewiesen werden, vielmehr wurde deutlich, daß Erinnerung ein differenzierter Prozeß der neuronalen Kooperation ist, zu dessen Funktion mehrere Areale und Anteiledes Gehirns aktiviert werden. Diese Erkenntnis ist gerade in Bezug auf das Erinnern von Traumata sehr wichtig. Schon jetzt ist bekannt: Traumata werden äußerst selten erfunden, allerdings in vielfacher Weise erinnert (vgl. van der Kolk, 2000, S. 224).
    Im Gehirn liegt die Schnittstelle zwischen Nerven- und Hormonsystem. So läßt sich auch erklären, daß Sinneseindrücke körperlich spürbare Gefühle nach sich ziehen: Gewaltdarstellungen führen zum Beispiel zur Ausschüttung des Streßhormons Adrenalin, so daß die Körperspannung zunimmt und die Gemütslage gereizter wird. Auf diese Weise werden Flucht oder Kampf physiologisch vorbereitet. Werden die hormonellen Impulse nicht in Bewegung umgesetzt, strapazieren sie das Nervensystem in besonderer Weise (vgl. van der Kolk, 2000, S. 214). Nicht nur der Themenkomplex der Traumatisierungen, sondern auch Hyperaktivität und die zunehmende Gewaltbereitschaft werden in diesem Zusammenhang diskutiert. Es ist an dieser Stelle unschwer zu erkennen, daß die Neuropathologie auch eine soziale Komponente hat.
     
     
    Das Nervensystem re-agiert
     
    Aus Sicht unterschiedlichster psychologischer Richtungen und nicht zuletzt aufgrund der Erfahrung vieler Praktiker ist eines klar: Die Entstehung einer Traumatisierung ist in hohem Maße individuell. So ist bekannt, daß nicht alle Zeugen der Bombennächte im Zweiten Weltkrieg traumatisiert wurden. Das menschliche Nervensystem jedes Menschen ist einzigartig. Nicht das Erlebte an sich, sondern die psychische und physische Kapazität des Betroffenen, auf das Erlebte zu reagieren, ist offenkundig entscheidend (Resilienz?!). Es gibt jedoch auch Geschehnisse, die „jeden normalen Menschen“ traumatisieren würden. Es hat also weniger etwas mit „Schwäche“ zu tun, wenn Symptome entwickelt werden.
    Vor diesem Hintergrund muß bei weitem nicht jeder traumatisierte Mensch mit dem vollen Spektrum der unten aufgeführten Schädigungen rechnen. Das symptomatische und auch

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