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Wenn Die Seele Verletzt Ist

Wenn Die Seele Verletzt Ist

Titel: Wenn Die Seele Verletzt Ist Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Christiane Sautter
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Störungen der American Psychiatric Association (DSM III) aufgenommen. Das Wort „Borderline“ bedeutet auf der Grenze“. Der daran leidende Mensch befindet sich an der Grenze zwischen einer Psychose und dem als normal empfundenen Seelenzustand. In breit angelegten Studien wurden acht Kriterien erarbeitet, um diese Störung zu kennzeichnen. Mindestens fünf müssen gegeben sein, um die Diagnose zu rechtfertigen:
     
    1.Ein Muster von instabilen, aber intensiven zwischenmenschlichen Beziehungen, das sich durch einen Wechsel zwischen den Extremen der Überidealisierung und der Abwertung auszeichnet;
    2.selbstbeschädigende Aktivitäten, die impulsiv zwanghaft durchgeführt werden wie Selbstverletzung, verschwenderisches Geldausgeben, ausschweifende Sexualität, Drogen, rücksichtsloses Fahren, Freßanfälle, Diebstähle;
    3.Instabilität im Gefühlsbereich, z.B. ausgeprägte Stimmungsänderungen von der Grundstimmung zur Depression, zu Reizbarkeit oder Angst, wobei diese Zustände gewöhnlich einige Stunden oder, in seltenen Fällen, länger als einige Tage andauern;
    4.starke Gefühlsausbrüche und/oder die Unfähigkeit, sie zu kontrollieren, z.B. häufige Wutanfälle, andauernde Wut oder Prügeleien;
    5.wiederholte Suiziddrohungen, -andeutungen oder -versuche oder andere selbstverstümmelnde Verhaltensweisen;
    6.Identitätsstörungen: andauernde Störung im Selbstbild z.B. durch das Gefühl, nicht zu existieren, oder durch die Überzeugung von der eigenen Schlechtigkeit;
    7.chronisches Gefühl der Leere oder Langeweile;
    8.verzweifeltes Bemühen, ein reales oder imaginäres Alleinsein zu verhindern;
    9.vorübergehende streßabhängige Dissoziationen oder paranoide Ideen.
     
    Die Psychoanalytiker, insbesondere der Borderline-Forscher Kernberg, waren davon ausgegangen, daß die Borderline-Symptomatik Ausdruck einer neurotischen Persönlichkeitsstruktur sei. Die Berichte seiner Patientinnen von sexueller Gewalt hielt Kernberg ganz im Sinne Freuds für reine Phantasien, denen „ein sadistisches, primitives ödipales Vaterbild zu Grunde lag“. Kernberg zog die Möglichkeit eines tatsächlichen sexuellen Mißbrauchs durch den Vater nicht in Erwägung.
    Heute wissen wir sicher, daß sich eine Borderline-Störung nur auf Grund schwerer und anhaltender Traumata in der Kindheit entwickeln kann. Im Lehrbuch steht dazu: „Schwer gestörte Familienverhältnisse mit häufigem Inzest oder anderer Form sexuellen Mißbrauchs spielen bei der Entwicklung einer Borderline-Persönlichkeitsstörung eine entscheidende Rolle“ (Gast in Egle, S. 286). Die am häufigsten erhobenen Traumafaktoren sind:
     
    • chronischer Streß
    •frühe Trennungs- und Verlusterlebnisse
    •Erziehungsversagen der Eltern
    •schwere psychische Erkrankungen der Eltern
    •psychische und/oder körperliche Mißhandlung (bei 75% der Untersuchten)
    •sexueller Mißbrauch (bei ca. 80% der Untersuchten)
    •Gewalt in der Familie
     
    Oft findet man in der Anamnese eine Kombination von traumatischen Erlebnissen bei fast völligem Fehlen ausgleichender Faktoren. Deshalb wird diskutiert, die Borderline-Störung als „Komplexe Posttraumatische Belastungsstörung“ (Herman 1992) zu begreifen.
    Der therapeutische Prozeß mit Borderline-Patienten ist ausgesprochen anstrengend und oft sehr schwierig. Die Klienten neigen dazu, ihren Mißbrauch zu inszenieren. Sie teilen dem Therapeuten zwei Rollen zu: Er steht als idealisierter Elternersatz für die Erlösung und trägt gleichzeitig als Elternersatz die Schuld am Elend. Da niemand diesen Doublebind erfüllen kann, sieht man sich in einem Wechselbad der Gefühle einerseits durch die Überidealisierung des Klienten und andererseits durch seine heftigeAbwertung. Wehe dem Therapeuten, der sich aufs Glatteis führen läßt und glaubt, er sei dazu berufen, diesen Klienten zu retten! Er wird sich in kürzester Zeit mit seinem Versagen und den damit verbundenen Rechtfertigungsstrategien und Schuldgefühlen auseinandersetzen müssen.
    Neben ihrem Opfersein präsentieren Borderliner sozusagen als Ausgleich für das schwache oder nichtexistente Selbstwertgefühl das Bild eines grandiosen Selbst. Das überhöhte Ich muß beweisen, daß es anderen überlegen ist und Kontrolle ausübt. Dieses Ziel wird auch durch aggressives Verhalten verfolgt. Doch kann das grandiose Selbst meist nicht lange durchgehalten werden: Die Betroffenen fallen nach kurzer Zeit in eine eher depressive Grundstimmung zurück.
    Borderline-Klienten sollte

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