Wenn Die Seele Verletzt Ist
sind nicht selten.
Im ICD 10 wird die Störung auf einen Zeitraum von etwa 6 Monaten begrenzt. Gleiches gilt für die unter F 43.2 beschriebene Anpassungsstörung, in der es auch um die nicht geglückte Verarbeitung eines belastenden Ereignisses geht. Übersehen wird hier nach unserer Erfahrung, daß es viele Monate und Jahre später Trigger geben kann, die alle Symptome der posttraumatischen Belastungsstörung wieder hervorrufen.
Dazu ein Fall aus der Praxis:
Eine Klientin kam wegen unerklärlicher Angstattacken, großer Unruhe, Schlafstörungen, belastenden Alpträumen und Suizidphantasien. Ihre Kindheit beschrieb sie als ausgesprochen harmonisch; sie war das von allen geliebte Nesthäkchen. Die Eltern starben kurz nacheinander, als die Klientin zwanzig Jahre alt war. Darunter hatte sie sehr gelitten. Ihre Beziehungen zu Männern waren eher schwierig. Vor einem Jahr war sie mit Verdacht auf Krebs in eine Klinik eingeliefert worden. Als sich herausstellte, daß der Tumor nur eine entzündete Zyste gewesen war, beschloß sie erleichtert, den Schrecken und die Todesangst einfach zu vergessen. Ungefähr ein Jahr später besuchte sie eine Freundin im Krankenhaus und erlebte kurz darauf ihre erste Panikattacke, die sie aber nicht zuordnen konnte. Die Angstanfälle wiederholten sich, dazu kamen Unruhe, Schlaflosigkeit, Alpträume und Suizidphantasien.
Wir konnten den Beginn der Symptome auf das Triggererlebnis zurückführen. Die Klientin beruhigte sich zusehends, als ihr klar wurde, daß sie nicht verrückt war, sondern an einer Posttraumatischen Belastungsstörung litt. Es gelang ihr in wenigen Wochen, die Todesangst, die sie abgespalten hatte, aufzuarbeiten, wobei die Symptome vollkommen verschwanden. Es geht ihr heute sehr gut.
Jugendliche, die an einer PTBS leiden, zeigen selten die Kriterien, die wir aus dem ICD 10 kennen. Sie wechseln die Symptomatik viel schneller und zeigen ihre hohe Erregung deutlicher als Erwachsene. Die Symptome sind dem Alter angepaßt. So reagieren kleine Kinder mit Übererregung oder Schreien, ältere Kinder eher mit aggressiven Ausbrüchen. Kinder neigen im allgemeinen eher dazu, das traumatische Erlebnis abzuspalten. Häufig schieben sich Ängste oder psychosomatische Störungen so sehr in den Vordergrund, daß der eigentliche traumatische Auslöser lange verdeckt bleibt. Die Übererregung, die Kinder mit einer PTBS zeigen, wird häufig als hyperkinetisches Syndrom oder Aufmerksamkeitsstörung mißverstanden und mit Ritalin behandelt. Wir sollten, wenn uns ein solches Kind auffällt, sein Umfeld sehr genau prüfen. Vielleicht können wir ihm eine durch eine Fehldiagnose ausgelöste falsche Behandlung und ein Fortbestehen seiner Symptome ersparen.
Psychotische Erkrankungen und Psychopharmaka
Dieses Kapitel soll eine erste Orientierung in Hinblick auf psychotische Erkrankungen geben, da es wichtig ist, solche Krankheiten zu erkennen und den daran Leidenden möglichst rasch die entsprechende Hilfe zukommen zu lassen. Klienten im akuten Schub brauchen in jedem Falle psychiatrische Hilfe, wenn nicht gar die Unterstützung einer Klinik. Auch wenn in Psychiatrien zum Leidwesen der dort tätigen Therapeuten längst nicht alles so läuft, wie es für Betreuer und Patienten optimal wäre, sind diese Krankenhäuser doch am besten darauf eingerichtet, Menschen mit akuten Psychosen aufzufangen und ihnen zu helfen. Wir sollten uns von dem schlechten Image, das die Psychiatrien seit der Nazizeit in Deutschland haben, nicht davon abhalten lassen, eine Behandlung in der Klinik dringend zu empfehlen. Patienten werden heute nicht einfach nur ruhig gestellt und weggesperrt. Schon durch den hohen Tagessatz sind die Kliniken dazu angehalten, ihre Patienten so schnell wie möglich durch Psychotherapie und Medikamente so weit wieder herzustellen, daß sie sich im Alltagsleben zurechtfinden.
Es gibt einen grundsätzlichen Unterschied zwischen Psychosen und allen anderen psychischen Schwierigkeiten, die landläufig auch Neurosen genannt werden. Mit dem Begriff „Neurose“ tun wir uns jedoch aus bereits bekannten Gründen äußerst schwer, da den als neurotisch bezeichneten Symptomen häufig eine schwere Traumatisierung zu Grunde liegt, weshalb wir uns mit dem Begriff „traumabedingte Symptomatik“ viel besser fühlen. Der Unterschied zu einer manifesten Psychose besteht darin, daß es anderen Menschen nicht gelingt, mit dem Erkrankten eine gemeinsame Realitätsebene herzustellen. Entweder
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