Wenn Die Seele Verletzt Ist
Kennzeichen sind wiederkehrendeschwere Angstattacken (Panik). Die einzelnen Anfälle dauern meistens nur Minuten, manchmal auch länger. Kommt dies in einer besonderen Situation vor, so wird der Patient möglicherweise in Zukunft diese Situation meiden. Einer Panikattacke folgt meist die ständige Furcht vor einer erneuten Atta cke.“ Häufig ist die Angst von körperlichen Symptomen begleitet wie Herzklopfen oder Herzrasen, Atemnot, Schwindel, Benommenheit, Schwitzen und Brustschmerzen sowie Druck- oder Engegefühl in der Brust.
Die verschiedensten Studien zeigen, daß den Angststörungen und den Phobien der Erwachsenen häufig traumatische Erlebnisse in der Kindheit vorausgegangen sind. Zwischen 60% und 70% aller untersuchten Klienten hatten entweder Mißhandlungs- oder Mißbrauchserlebnisse in der Kindheit (Arnold und Joraschky in Egle, S. 187). Doch auch traumatische Unterbrechungen der Mutter-Kind-Bindung können dafür verantwortlich sein, besonders dann, wenn die Trennung in den ersten 30 Lebensmonaten des Kindes erfolgte. Wird die Trennungsangst nicht durch ein rasches Wiedersehen mit der Mutter beendet, folgt nach einer Phase der Verzweiflung die Resignation, in der das Kind die überwältigenden Gefühle abspaltet.
Angststörungen können bei sensiblen Kindern aber auch durch ein angstbetontes Elternhaus ausgelöst werden, wo ihnen vermittelt wird, daß die Umwelt feindlich und nur ihr Zuhause sicher sei. Dieses Verhalten finden wir häufig bei Menschen, die ihre Heimat und ihr Hab und Gut durch die Folgen von Kriegen verloren haben. Ich selbst kann mich an große Ängste in meiner Kinderzeit erinnern, die durch Nachrichten und politische Gespräche meiner Eltern ausgelöst wurden. Da ich nur elf Jahre nach dem Zweiten Weltkrieg geboren wurde, versetzte der Bau der Berliner Mauer 1961 meine Eltern in Angst und Schrecken. Die Kubakrise 1962, die Furcht vor einer chinesischen Atombombe, der Vietnamkrieg, der erst 1975 endete, und 1967 der Sechstagekrieg, den Israel gegen seine arabischen Nachbarn führte, waren die Schreckgespenster meiner Kindheit. Als ich viele Jahre später meinem Vater erzählte, wie sehr mich diese politischen Hiobsbotschaften belastet hatten, war er sehr betroffen und meinte, er hätte nicht gedacht, daß ich damals schon so viel „mitgekriegt“ habe. Seit dem 11. September 2001 ist wissenschaftlich einwandfrei erwiesen, daß schon sehrjunge Kinder sowohl die traumatischen Tatsachen wie auch die Ängste ihrer Eltern sehr wohl mitkriegen und darauf reagieren.
Dazu ein Beispiel aus der Praxis:
Eine Frau sucht mich wegen Panikattacken auf, die sich immer dann ereignen, wenn sie allein auf sich gestellt ist. Die Angst vor der Panik hindert sie daran, sich so aktiv am Leben zu beteiligen, wie es eigentlich ihrer Natur entspricht. Sie berichtet, daß sie unmittelbar nach der Geburt zu einer Operation ins Krankenhaus mußte. Vier Wochen lang hätten sie die Eltern nicht besuchen dürfen. Sie habe als Kind und als Jugendliche auch kurze Trennungen von den Eltern nicht verkraftet und auch nie bei einer Freundin übernachtet. Das Familienklima beschreibt sie als äußerst fürsorglich und liebevoll. Die Eltern hätten immer Rücksicht auf ihre Ängste genommen. Die Familiengeschichte zeigt eine Traumatisierung beider Eltern, die als Kinder mit ihren Müttern vor den Russen aus Schlesien fliehen mußten. Die Angst des Kindes deckte sich mit der abgespaltenen Angst der Eltern, die, ohne es zu wissen, das Kind darin bestärkten, die Umwelt als gefährlich und feindlich wahrzunehmen. In der Pubertät, der Zeit, in der sich Kinder normalerweise von den Eltern lösen, entwickelte die Klientin ein allergisches Asthma, wodurch sie „gezwungen“ war, die meiste Zeit zu Hause zu verbringen. Die Panikattacken traten auf, als sie sich entschlossen hatte, ihre Eltern für den Mann, den sie heiraten wollte, dauerhaft zu verlassen. Das Zurückführen der Paniksymptome auf die Traumatisierung in der Kindheit und die Verstärkung des ängstlichen Verhaltens durch ihr Elternhaus beruhigen und entlasten die Klientin. In Imaginationen nimmt sie Kontakt mit abgespalteten Anteilen auf, erkennt, daß sie die Regisseurin ihrer inneren Filme ist und durchaus Einfluß auf die Handlungsweise der daran beteiligten Figuren hat. Sie gewinnt die Kontrolle zurück und integriert nicht bewußt gewordene Gefühle in ihre Persönlichkeit. Die Panik tritt nicht wieder auf.
Auch phobische Ängste können mit einem
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