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Wenn die Wahrheit nicht ruht

Wenn die Wahrheit nicht ruht

Titel: Wenn die Wahrheit nicht ruht Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Anja Berger
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Irgendwann begann er zu schnuppern. „Paps? Was kochst du da?“
    „Gerstensuppe!“, hallte es aus der Küche.
    „Mit Würstchen?“
    „Dumme Frage. Ich kenn ’ dich doch! Natürlich mit Würstchen!“
    Sebastian musste unwillkürlich lächeln. Stimmt, sein Vater hatte die Würstchen noch nie vergessen. Genauso wenig wie er die Tonne an gerieben em Käse auf den Spaghetti niemals vergass, wenn sein Sohn in der Nähe war. Ob wohl die Erinnerungen eine innere Wärme auslösten, versetzten sie Sebastian auch einen Stich. Er konnte nicht länger warten, er musste es einfach wissen. Entschlossen stand er auf. Sein Blick fiel dabei auf das Foto auf dem Sideboard. Der lachende Junge mit dem Traktor. Einer Eingebung folgend nahm er es an sich und ging in die Küche. Behutsam setzte er das Foto neben dem Herd ab, direkt ins Blickfeld von Heinz. Dieser hielt sofort in der Bewegung inne und starrte auf das Bild. Der konzentrierte Blick wich einem traurigen Ausdruck.
    „Papa?“
    Heinz reduzierte die Hitze am Herd, weniger um der Suppe Willen, mehr um etwas Zeit zu gewinnen, sich zu sammeln. Ihm war klar, dass es nun keine Ausflüchte mehr gab. Sein Sohn wusste B escheid . Also konnte er es ihm genauso gut sagen. Aber was würde geschehen, wenn er es aussprach? Was würde Sebastian dann tun? Würde er denselben Weg wählen, wie seine Mutter damals? Die Zeit war gekommen, genau das herauszufinden.

1986
     
    Nur noch einen kurzen Blick in die Küche. Wenn sie dort nicht war, würde sie wohl bereits oben auf ihn warten. Der Gedanke gefiel ihm. Er war zwar müde, aber seine Helen würde die Lebensgeister in ihm wieder erwecken. Seine Mundwinkel zuckten voller Vorfreude, doch das Lächeln erstarb, als er sah, wie Licht aus der Küche drang und einen goldenen Streifen auf dem Dielenboden hinterliess.
    „Es ist hoffnungslos.“ Helen liess das Papier in ihren Händen sinken, schob sich die Lesebrille auf den Kopf und rieb sich die müden Augen. Sie zuckte erschrocken zusammen, als sie auf einmal zwei kräftige Hände auf ihren Schultern spürte, die mit leichtem Druck die Last wegzuwischen suchten. Sie hatte ihn nicht kommen gehört.
    „Komm ins Bett , Liebes. Sonst schläfst du mir noch am Tisch ein.“
    Langsam hob Helen ihre Hand und legte sie schweigend auf diejenige auf ihrer Schulter. Sie verharrte einen Moment in dieser Stellung, dann wandte sie sich halb um und sah zu ihm auf. „Was sollen wir bloss tun?“
    Heinz sah die Sorge in den Augen seiner Frau. Sie sah so müde und erschöpft aus. Schlaf brachte schon lange nichts mehr. Es war die Situation die ihr aufs Gemüt schlug. Er musste etwas unternehmen, aber er hatte keine Ahnung , was. „Liebling, ich werde eine Lösung finden. Versprochen. Aber bitte, lass die Rechnungen jetzt sein und komm ins Bett.“
    Helen sah ein, dass sich nichts änderte, wenn sie die unzähligen unbezahlten Rechnungen weiter anstarrte. Also liess sie sich bereitwillig wegführen. Während sie gemeinsam den Gang entlang gingen, flüsterte Helen: „Du weiss t, dass wir den Hof verlieren, nicht wahr? Er wirft einfach zu wenig ab!“
    Beruhigend tätschelte Heinz ihre Hand. „Noch haben wir ihn nicht verloren.“
    Helen wusste nicht, woher Heinz seine Selbstsicherheit nahm. War er einfach so blind? Wollte er die Wahrheit nicht sehen? Oder wusste er etwas, von dem sie keine Ahnung hatte? Was es auch sein mochte, heute wollte sie darüber nicht mehr nachdenken. Im Obergeschoss blieben die beiden vor einer hübschen mit Schnitzereien verzierten Tür stehe und drückten sacht e die Türfalle hinunter. Der Mond leuchtete durch das kleine Fenster an der gegenüberliegenden Wand und legte sich in sanftem Schimmer auf das Gesicht eines friedlich schlafenden Jungen. Bei diesem Anblick waren alle Sorgen vergessen. E gal , was noch kommen mochte, solange es nur dem Jungen gut ging. Behutsam schlossen sie die Tür wieder und legten sich selbst schlafen.
    Der neue Tag begann früh. Die Kühe wollten gemolken sein , die Hühner hatten ihre Eier schon lange gelegt und die Ziegen brauchten frisches Stroh. Viel Aufwand war diese Arbeit mit den wenigen Tieren, die noch geblieben waren , nicht mehr. Früher war das mal anders gewesen. Im Stall hatten zehn gesunde Kühe gestanden, ganz zu schweigen von den Hühnern und die Ziegen erst! Selbst Schweine hatte er gehabt. Dieser Stall diente inzwischen aber nur noch als Rumpelkammer . Aber was nutzte es, den alten Zeiten nachzutrauern?
    Heinz wischte sich die

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