Wenn die Wahrheit nicht ruht
dich das schon zum Ersticken bringt, was tust du, wenn ich weiter erzähle?“
„Das wirst du herausfinden müssen . Erzähl !“
„Auf deine Verantwortung. Heute Morgen habe ich das hier wieder gefunden. Erinnerst du d ich?“ Leonie drückte Angela die Notiz in die Hand. Angela las laut vor: „ Anrufer unbekannt, Bücher Hannigalpbahn, umhören! “ Angela sah auf. „ Kommt mir sehr bekannt vor. Ich verstehe es aber immer noch nicht .“
„ Ich schon. Dieser Zettel war bei den Dokumenten, die die Vermieterin nach dem Tod meines Vaters gefunden hatte. Meine Grossmutter erzählte mir vor lang er Zeit einmal, dass mein Vater als Wirtschaftsprüfer bei der Steuerverwaltung tätig gewesen war. Daher war mir zwar klar, dass die Dokumente in der Kiste aus Vaters Büro stammten, aber mir war nicht klar, was das bedeutete. B is ich diesen Zettel wiederfand .“
Den Blick auf die Notiz in Leonies Hand gerichtet, legte Angela kurz die Stirn in Falten, dann glättete n sie sich plötzlich und ihre Augen wurden gross. „ Wirtschaftsprüfer bei der Steuerverwaltung? Du d enkst, jemand hat die Steuerverwaltung anonym angerufen und einen Tipp platziert der im Zusammenhang mit der Hannigalpbahn steht . Da man nicht wissen kann, wie ernst solche Anrufe zu nehmen sind, erhielt dein Vater den Auftrag sich während seines Familienurlaubs etwas umzuhören.“
„Zu diesem Schluss kam ich auch, ja. Und möglicherweise hat er sich zu deutlich umgehört oder schon geahnt , dass etwas an dem anonymen Tipp dran war , so dass er ein Risiko wurde und aus dem Weg geräumt werden musste.“
Auf einmal hatte Angela einen dicken Kloss im Hals. Sie musste mehrmals schlucken, um ihn zurückzuzwingen. „Das ist schrecklich und unaussprechlich unfair. Aber absolut möglich.“
„Vor allem ist es noch nicht alles. Internet und Telefon sei dank, habe ich noch mehr herausgefunden.“ Leonie atmete einmal tief und schwer ein, um die kalte Klaue, die ihr Herz umklammerte, zu vertreiben. „Fassen wir doch noch einmal zusammen. Wir haben drei verschiedene Szenarien. Szenario eins: In unseren Händen halten wir einen Ordner, der unzählige Rechnungen beinhaltet, von vielen verschiedenen Firmen. Quittiert wurden die Rechnungen aber allesamt von drei sich wiederholenden Unterschriften. Von Sebastian wissen wir, dass so manche hier in Rechnung gestellten Arbeiten nie ausgeführt wurden, wohingegen die Kellnerin in Zumbrunns Wirtshaus von einigen Neuerungen schwärmt. Ein paar Rechnungen scheinen also echt zu sein, während andere gefälscht sind. Eines haben aber alle gemeinsam: Die Gesamtbeträge sind vollkommen unrealistisch und absolut überrissen.“ Leonie machte einige Atemzüge Pause, bevor sie fortfuhr. „Szenario zwei: Drei Männer. Innert drei Jahren verschwinden zwei davon. Der eine spurlos, der andere hinterlässt eine blutige Sauerei. Fast zwanzig Jahre später taucht der eine, zusammen mit einer zweiten Leiche wieder auf, erstochen, vom Gletscher freigelegt. Aber als wäre damit irgendein Gleichgewicht ins Wanken geraten, stirbt der Dritte, nachdem der Zweite wieder aufgetaucht ist.“
„Szenario drei“, konzentriert nahm Angela Leonies Faden auf, „e in Mann aus dem Unterland, seines Zeichens Wirtschaftsprüfer bei der Steuerverwaltung , erhält einen anonymen Tipp, will mehr wissen, verbindet diese Nachforschungen mit einer netten Ferienreise, wird auf der Piste angefahren und endet in einer Holzkiste.“ Sofort bereute Angela ihre unbedachte Wortwahl, doch Leonie schien sich nicht daran zu stören.
„Stimmt.“ Als wollte sie die Denkfalten glätten, rieb sie sich mit dem Zeigefinger über die Stirn. „ Und die Verbindung zwischen den Strängen sind zum einen diese geheimnisvollen Bücher aus der Notiz meines Vaters und zum anderen das offensichtliche Interesse an eine r stark verbesserten Hannigalpbahn .“
„ Du meinst, das Wort Bücher ist nicht im literarischen Sinn zu verstehen?“
Leonie deutete mit dem Kopf ein Nein an.
„Die Hannigalpbahn ist eine Bergbahn . Hinter einer Bergbahn steht meist eine Aktiengesellschaft . Eine Aktiengesellschaft braucht eine Revisionsstelle und einen Direktor.“
„Darf ich raten?“
„Nur zu.“
„Direktor: Hans Zumbrunn, Revisionsstelle: Moritz Amstutz. Aber was ist mit Josef?“
„Das habe ich mich auch gefragt, bis Zumbrunns Wirtin heute erzählte, wie viel Grund und Boden Josef besass. “
„Du denkst also, der Boden auf dem die Bahn steht…
„…gehörte Josef
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