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Wenn die Wahrheit nicht ruht

Wenn die Wahrheit nicht ruht

Titel: Wenn die Wahrheit nicht ruht Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Anja Berger
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hast du ihr nicht alles erzählt?“
    Träge hob Sebastian den Kopf . S eine eigenen warmen , grünen Sprenkel kreuzten direkt Sörens stechend kaltes Blau.
    „Lass mich in Ruhe.“
    „Oh , glaub mir, das würde ich zu gerne tun. Kann ich aber nicht.“
    Genervt trank Sebastian einen grossen Schluck und setzte die Flasche wieder vor sich ab, ohne den Blick noch einmal auf Sören zu richten. „Was willst du von mir?“
    „Eigentlich will ich, dass du Leonie in Ruhe lässt, aber da sie nichts gegen deine plumpen Annäherungsversuche einzuwenden hat, wird sie dich wohl nicht abservieren . Noch nicht. Eine Möglichkeit gibt es da noch. Du hast ihr nicht die ganze Wahrheit gesagt. Du weisst mehr, davon bin ich überzeugt.“
    „Wovon redest du eigentlich?“
    „Tu nicht so scheinheilig. Seit du heute in die Bar gekommen bist, bis t du nicht bei der Sache. Also frage ich mich, was in den letzten Stunden vorgefallen ist.“ Ohne die unterschwellige Feindseligkeit hätte man Sörens Aussage beinahe als fürsorglich einstufen können.
    „Nichts ist vorgefallen. Und wenn doch , dann ginge es dich zuletzt etwas an.“
    „Wenn du dich da mal nicht täuschst.“ Diesmal kam die Feindseligkeit offen zum Vorschein. Herausfordernd funkelten sich die beiden Männer an.
    „Was ist denn hier los?“
    Sofort verbargen beide ihre ehrlichen Mienen hinter einer unerschütterlich freundlichen Maske. „Nichts. Ich hatte nur das Gefühl , unser lieber Sebastian hier wollte sich noch etwas von der Seele reden. Er scheint mir seit Anfang des Abends etwas durch den Wind zu sein. Da habe ich mich als Lastesel angeboten, doch meine Wenigkeit ist offensichtlich nicht das, was er braucht. Vielleicht hast du mehr Glück. “ Etwas zu fest um freundschaftlich zu sein, klopfte Sören Sebastian auf die Schulter. Dann zog er ab.
    Indes schob sich Leonie auf den Barhocker neben Sebastian. Beiläufig hob sie ihr Whiskeyglas. Ganz automatisch stiess Sebastian mit ihr an.
    „Was hat Sören damit gemeint? Stimmt etwas nicht?“
    „Abgesehen davon, dass sich meine kleine heile Welt als Spielplatz von intriganten Mördern entpuppt?“ Die bittere Ironie in seinen Worten war deutlich hörbar.
    Betrübt senkte Leonie den Kopf. „Es tut mir leid. Das ist alles meine Schuld.“
    Ein Ruck ging durch Sebastian. Grob packte er Leonie an den Schultern und drehte sie zu sich. „Spinnst du? Wenn es um Schuldzuweisungen geht, bin ich der erste , den es trifft. Meine Verantwortungslosigkeit hat uns hierhergebracht. Aber darum geht es nicht. Diese Geschichte wächst uns langsam über den Kopf. “
    „Ich soll zur Pol izei gehen? Vielleicht hast du R echt.“
    „Nein. Du bist solange in Gefahr, wie jemand rumschnüffelt.“
    „Du meinst…“ Leonie wollte den Gedanken nicht zu Ende bringen. Musste sie auch nicht, Sebastian übernahm das für sie.
    „ Es ist vorbei .“
    Ungläubiges Entsetzen spiegelte sich in Leonies Augen. „Das kann nicht dein Ernst sein. Wir sind so nahe dran!“
    „Leonie“, er löste eine Hand von ihrer Schulter und legte sie behutsam auf ihre Wange, den Blick fest auf ihre Augen gerichtet. „Wem machen wir hier etwas vor?“ S ebastian war sich nicht sicher, wofür diese Frage in Wahrheit bestimmt war. Zu Leonies Schutz oder zu seinem eigenen? Oder zum Schutz seines Vaters?
    Leonie, die sich weich und vertrauensvoll auf seine warme Berührung eingelassen hatte, erstarrte zu Eis. Ungläubig schüttelte sie langsam den Kopf . Ein Gefühl des Verrats loderte in ihr auf und brannte zu schnell und zu überwältigend, als das s sie es einfach hätte beiseite schieben können. Steif stand sie auf , mechanisch ging sie davon .
    Drau ssen angekommen atmete sie erst einmal tief ein. Sie musste ihre Gedanken ordnen. Dafür bot sich ein Spaz iergang in der kalten Nachtluft durch das stille Grächen geradezu an. In den meisten Wohnungen brannte noch Licht . Die Leute waren also noch wach und wenn sie zudem den beleuchteten Strassen nachging , würde sie wohl kaum jemand anrühren. Also stapfte sie los. Bald schon war sie von ihren Gedanken derart eingenommen, dass sie nicht mehr auf den Weg achtete. Es dauerte eine ganze Weile, bis sie begriff, dass die Chalets sich lichteten und die helle Strassenbeleuchtung nach und nach schwächer wurde, bis vor ihr nur noch eine schwache Reflektion den Nachthimmel erhellte.
    Innerlich fluchend blieb Leonie stehen und versuchte sich zu orientieren. Tatsächlich erkannte sie den Ort. Verwundert stellte sie

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