Wenn die Wahrheit nicht ruht
Leonie in den Ohren we h . Genauso war das Blond der Haare etwas zu grell. Leonie musste mehrfach blinzeln, ehe sie sich sicher sein konnte, dass sie nicht träumte .
„Verena?“ Ungläubig musterte Leonie ihre Mutter. Sie glaubte immer noch an eine Fata Morgana, anders liess sich deren Anwesenheit nicht erklären.
„Jetzt hat sie’s!“ Das schien eher an Sören gerichtet zu sein, was Leonie nur noch mehr irritierte. Heillos überfordert schnappte sie nach Luft. „Oh, fast vergessen “ , Verena stellte sich übermütig in Pose, warf die Arme auseinander und rief laut: „Überraschung! Freust du dich, mich zu sehen?“
„So kann man es auch sagen.“ Langsam legte sich die Wüste. Als hätte jemand einen Damm eingerissen , brach stattdessen eine Flut von Fragen über Leonie herein. Sie bediente sich daher an der ersten greifbaren. „Was soll das ganze Theater?“
„Willst du, oder soll ich?“ Mit einem bezaubernden Augenaufschlag und einem hinreissenden Lächeln schaute Verena ganz kurz zu Leonie, dann direkt an ihr vorbei, um einen intensiven Blickkontakt aufzubauen - der zu Leonies blankem Entsetzen erwidert wurde. Sie konnte nicht anders, als kurz die Augen zu schliessen und die Schläfen mit den Fingern zu bearbeiten. Doch der plötzlich stechende Kopfschmerz liess sich nicht so einfach vertreiben.
„Du kannst viel schöner präsentieren als ich, also darf ich das Erzählen übernehmen?“
Ein leises , verzweifeltes Stöhnen entrann Leonies Kehle. Ihre grinsenden Gegenüber ignorierten es. „Okay. Dann mal los. Ich kann es kaum erwarten!“ Tatsächlich sah Verena aus wie ein Kind vor dem Süssigkeitenregal.
„He y , bevor hier irgendjemand irgendwas erzählt, was genau läuft zwischen euch und wie lange schon?“
„Du greifst vor! Aber gut. Schon ziemlich lange.“
Jetzt wurde Leonie auch noch übel. „Hattet ihr zwei schon“ , sie zeigte je mit einer Hand auf Verena und Sören und führte die Finger zusammen, “bevor wir zwei?“ Dieselbe Geste, nur bezog sie dieses Mal sich selbst mit ein.
„Und während. Aber das tut nichts zur Sache.“
Leonie hatte plötzlich weiche Knie. Sie wusste nicht, dass es noch viel schlimmer kommen sollte.
„ Jedenfalls , liebe Leonie, haben du und ich uns aus einem bestimmten Grund kennengelernt. Wie ich anlässlich der Gespräche mit deiner Mutter feststellen musste, haben wir etwas gemeinsam. Wir erlitten nämlich ein ganz ähnliches Schicksal. Und der Ursprung unser beider Leid s liegt hier. In dem Dorf zu unseren Füssen. “
Vergessen war die ekelhafte Vorstellung über ihre Mutter und Sören. Er hatte ihre volle Aufmerksamkeit. „ Ich bin nicht in die Schweiz gekommen um zu studieren. Sondern um etwas zu beenden, was vor langer Zeit begann . Dass sich dabei unser aller Wege kreuzten , gestaltete die ganze Sache noch etwas interessanter. Als mir deine Mutter davon erzählte , was mit deinem Vater geschehen ist und dass s ein Tod nie gesühnt worden war , kochte die sowieso schon vorhandene Wut auf dieses Kaff nur noch höher. Also schlossen wir einen Pakt. Egal wie, ich würde dich dazu bringen, in Grächen nach dem M örder deines Vaters zu suchen. I n der Zeit konnte ich das tun, wozu mein Vater nie gekommen ist. So würden beide Verbrechen gesühnt und die längst überfällige Rache wäre die unsere.“
Ein blutrünstiger Ausdruck trat in Sörens Augen , der Leonie davon abhielt , nach seinem Vater zu fragen. Stattdessen brannte ihr etwas anderes auf der Zunge. „Aber ich habe doch denjenigen, der meinen Vater angefahren hat, noch gar nicht gefunden!“
Mit zunehmendem Unbehagen verfolgte Leonie die Veränderung in Sörens Gesicht. Der leicht irre Ausdruck wich einem wissenden Lächeln. „Ach , Leonie. Weisst du, beim Aussuchen deiner Spielgefährten greifst du ab und zu ganz schön daneben.“
Es war deutlich, dass er damit nicht sich selbst meinte, daher überhörte er auch Leonies ironisches „Tatsächlich?“
„Zum Glück gibt es ja noch diejenigen, die einen klaren Verstand behalten, während deiner vernebelt ist. Ansonsten wäre dieses kleine Spektakel nicht möglich gewesen.“ Stolz hielt er inne. Fast, als würde er sich eine Minute gönnen, um sich selbst zu feiern. „Wie dem auch sei, dein Hündchen hat dir eine wichtige Tatsache verschwiegen, als er dich bat, die ganze Geschichte zu vergessen. Blöd nur, dass ich nicht ganz unabsichtlich zur richtigen Zeit am richtigen Ort war. Verena?“
Wie die A ss istentin in
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