Wenn die Wahrheit nicht ruht
denn etwas gesagt, als er das Haus gestern verliess?“
Marlene musste nicht lange nachdenken. „Vor drei Tagen holte er die beiden grossen Koffer vom Speicher und kündigte an, dass wir verreisen würden und ich meine Sachen packen soll e . Als ich ihn fragte, was los sei, sagte er nur, dass ich i hn jetzt lange genug bearbeitet hätte und wir nun endlich die von mir gewünschte Kreuzfahrt machen würden.“
„ Tatsächlich? Diese Spontanität sieht ihm aber überhaupt n icht ähnlich! Hast du nicht in einer Woche Geburtstag? Könnte es sein, dass er dich damit überraschen wollte?“
„Oh mein Gott , das wäre einfach… ! Hans, du musst ihn unbedingt finden!“ Einerseits verzückt über diese Möglichkeit, andererseits nun nur noch erschütterter über das Verschwinden ihres Mannes , konnte Marlene die Tränen nicht mehr zurückhalten.
„Mach dir keine Sorgen , Marlene. Ich werde alles in meiner Macht s tehende tun.“
2010
„Musstest du ihr gleich unsere gesamte Lebensgeschichte auftischen?“
Die Bar war schon lange abgeschlossen und die nötigen Stunden Schlaf eingeholt. W ie fast jeden Morgen war Sebastian mit seinem Schlüssel in Angelas Haus spaziert, hatte sich einen Kaffee gemacht und sich an die glänzende Granitplatte ihrer Küchentheke gesetzt, wo er ihr nun beim Kochen zu sah . Schon als Sebastian noch ein kleiner Junge war, hielten Angelas Eltern immer eine Tür für ihn offen. Obwohl inzwischen beide erwachsen geworden und Angelas Eltern gestorben waren, wurde diese Tradition beibehalten. Es störte Angela nicht, manchmal noch ein Maul mehr zu stopfen. Im Gegenteil, sie genoss es. Denn ihrer Meinung nach half diese Geste , nebst der Tatsache, dass sie im Haus ihrer Eltern lebte, das Andenken an sie aufrecht zu erhalten. Ausserdem gehörte Sebastian auch ohne Blutsverwandtschaft zur Familie, weshalb sie ihm auch einen Schlüssel gegeben hatte.
„Ich mag sie.“
„Du kennst sie gerade einmal seit einer Schicht in einem lauten Barbetrieb, der kaum Zeit lässt, sich zu unterhalten und kannst bereits behaupten sie zu mögen? Und ich dachte, du hättest damals Timo übereilt geheiratet.“
„Hey , wir waren immerhin ein halbes Jahr zusammen bevor er mir den Antrag gemacht hat .“ Die eine Hand hatte Angela in die Seite gestemmt, in der anderen hielt sie einen Kochlöffel, mit dem sie nun vor Sebastians Nase herumfuchtelte. „Und wenn du dich erinnerst, sind wir inzwischen seit fünf Jahren verheiratet und ich behaupte immer noch, diesen Kerl nie w i eder herzugeben. Was sagt uns das?“
„Dass du komplett übergeschnappt bist.“
„Nein! Dass ich damals mit meiner Entscheidung richtig lag und deshalb auch heute richtig liege , wenn ich sage, dass ich diese Leonie mag.“
„Verschenk dein Herz nicht zu sehr an sie. Glaube mir, sie ist genauso oberflächlich wie alle anderen, die Sascha angeschleppt hat. Sobald sie mit ihm im Bett war, verschwindet sie Ende Saison und lässt sich nie wieder blicken.“
„Ist das nicht ein wenig voreingenommen? Ich weiss nicht, aber irgendwie scheint sie mir interessierter, natürlicher und offener zu sein.“
„Interessierter? Sie hat nicht gefragt, du ha s t einfach erzählt!“
„Quatsch. Genau genomm en sind deine Reaktion und deine Unwilligkeit ihr gegenüber ein wenig offener zu sein, auch äusserst oberflächlich. Du willst sie überhaupt nicht anders sehen. Dabei glaube ich, würdest du ihr eine Chance geben, könnte sie dich überraschen. Und jetzt halt dich zurück, sonst bekommst du nichts von den Spaghetti.“
„Du weiss t ganz genau, weshalb ich bei dieser Art Frau keine Lust habe, mich zu öffnen .“
„Sag das nicht so abschätzig.“ Angela schüttete den Inhalt des grossen Spaghettitop fes in das Sieb im Ausguss. In S ekundenschnelle beschlugen die Gläser ihrer schwarz umrandeten Brille. Sebastian konnte sich das Grinsen nicht verkneifen, als sie sich ihm wieder zuwandte. „Nur weil Julia dich sitzen liess, um dann doch in Saschas Laken zu landen, kan nst du doch nicht von Anfang an alle Frauen verurteilen, die irgendwie mit Sascha zu tun haben!“
„Es waren nicht die Laken , sondern der Rücksitz meines Autos. Und sie hatte nicht irgendwie mit Sascha zu tun, sie arbeitete hinter der Bar. Ich wusste, dass ich mich auf diese Mädels nicht einlassen durfte und habe es in einem unaufmerksamen Moment trotzdem getan. Die Q uittung kam prompt. Und das weiss t du so gut wie ich, denn du hast mich anschliessend
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