Wenn die Wahrheit nicht ruht
monatelang trösten müssen.“
„Ja, ja, schon gut. Ich halte dir in dieser Geschichte aber immer noch zugute, dass es deine Freundschaft mit Sascha nicht zerstört hat.“
„Hätte ich das zugelassen, hätte ich mir wohl ins eigene Fleisch geschnitten. Weisst du, wie schwer es ist, einen neuen verlässlichen Geschäftsführer zu finden?“
Angela lächelte Mitleidig. „Nein, weiss ich nicht, aber ich kann’s mir vorstellen. Im Übrigen, das habe ich ihr nicht erzählt.“
„Was?“
„Na, dass die Bar dir gehört. Wenn ich Sascha richtig vers tanden habe, läuft auch bei ihr alles, wie du es gerne hättest. Sie hält dich für einen Arbeitskollegen und Sascha für den Chef.“
„Aber genauso ist es doch auch. Nur , dass eben ich die Rechnungen bezahlen muss und nicht Sascha .“
Inzwischen hatte Sebastian den Tisch gedeckt und Angela stellte den Topf auf den Untersetzer. „Leute, essen!“ Sebastians Ruf schallte durch das ganze Haus und es dauerte keine zehn Sekunden, bis aus dem oberen Stockwerk Geräusche dröhnten, die eher an eine durchgehende Rinderherde erinnerte n , als an einen erwachsenen Mann und zwei Jungs.
„ Wa s die Freundschaft zu Sascha anb elangt, kennst du meinen Standpunkt. Sascha hätte es nicht so weit kommen lassen sollen, aber im Endeffekt war Julia offenbar nicht genug an mir interessiert, um die Sache zu unterbinden.“
„ Wie dem auch sei. Du bist ein unglaublicher Mann. Ich wünsche dir wirklich, dass dir eine Frau begegnet, die es verdient, den Weg durch diese dicke Selbstverteidigungsmauer zu finden .“ Zärtlich lächelte sie ihn an, als die Tür zum Esszimmer aufflog.
„Muss ich eifersüchtig werden?“ Timo , ein grosser Blondschopf, der gut in Form war, stürmte noch vor seinen Kindern herein, direkt an seiner Frau vorbei und auf seinen angestammten Platz. „Gewonnen!“
Dicht hinter ihm folgten zwei sich gegenseitig wegschupsende Jungs im Alter von drei und vier Jahren , beide mit hochroten Gesichtern , denn j eder wollte aus diesem Wettstreit wenigstens als zweiter hervorgehen. Um nicht umgeworfen oder rücksichtslos angerempelt zu werden, konnten Sebastian und Angela nur vor sich hin schmunzelnd still stehen bleiben, bis das Spektakel zu Ende war.
Als dann endlich alle Platz genommen hatten, die Stühle zurechtgerückt waren und nach einem knappen „Guten Appetit“ bereits die ersten beladenen Gabeln in den gierigen Mäulern verschwanden, gab Timo seiner Neugierde nach. „Worüber habt ihr eigentlich gesprochen?“
Sebastian hob abwehrend die freie Hand, aber er war nicht schnell genug. Angela kam ihm mit der Antwort zuvor. „Leonie.“
„Ah, ja, die Neue. Richtig?“ Er wartete die Bestätigung gar nicht erst ab. „Und? Fährt sie schon auf unseren Mister Unerreichbar ab?“ Timos graue Augen blitzten schelmisch auf, als sich sein Mund zu einem Lächeln verzog.
„Sie hält ihn für steif.“
„Ach was! Das ist aber neu!“
„Ja, ja, tut nur so, als wäre ich überhaupt nicht hier!“ Mürrisch schaufelte Sebastian weiter Spaghetti in seinen Mund, bevor er an Timo gewandt anfügte: „Deine Frau findet sie übrigens nett.“
„Nun, das ist allerdings weniger neu.“ Schulterzuckend erwiderte Timo den strafenden Blick von Angela. „Ist doch wahr! Du findest schnell mal jemanden nett. Da fällt mir ein, wie rot sind ihre Haare jetzt eigentlich? So wie die Spaghetti?“
„Himmel, nein! Sie sind kupfern.“
„Quatsch. Sie sind zu dunkel für Kupfer. Es ist B ronze.“
Angela tauschte einen erstaunten Blick mit ihrem Mann. „Soso, Bronze. Bronze ist aber eher ein Braunton.“
„Warte mal…“ Timo dachte nach. „Ich habe dich doch gestern gesehen! Auf dem Skilift! Und da sass eine Frau neben dir, sie hatte Haare, heller als Bronze, zu dunkel um Kupfer zu sein. War sie das etwa?“
Angela bekam grosse Augen und Sebastian ergab sich. „Ja, das war sie. Danke , Mann.“
„Ups…“ Timo zog den Kopf ein.
„Sebastian!“ Die beiden Jungs am Tisch verstanden zwar nicht , worum es ging, aber dem Tonfall nach zu urteilen, den ihre Mutter nun anschlug, hatte Sebastian etwas angestellt.
„Angela, bevor du eine Schimpftirade loslässt, lass mich erklären. Ja, ich war gestern mit ihr auf der Skipiste, aber dein Mann hat vergessen zu erwähnen, dass ich in Arbeitsklamotten dort oben war. Sie wurde mir als Skischülerin zugewiesen. Ich wusste nicht, dass meine neue Schülerin gleichzeitig meine neue Angestellte ist. Das war alles reiner
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