Wenn die Wahrheit nicht ruht
aufmunterndes Lächeln gefror, als sein Blick denjenigen von Ambros traf. Hans schien nichts davon zu bemerken. Mit einem Kopfnicken bestätigte er die Aussag e von Moritz und trat beiseite.
Die Polizisten setzten sich wieder in Bewegung, doch diesmal stemmte sich Ambros dagegen. Überrascht über den Widerstand begannen die Polizisten an seinen Armen zu zerren, doch Ambros nahm die Bemühungen kaum wahr. Seine volle Aufmerksamkeit galt dem etwas untersetzten Mann Anfang vierzig, mit dem sich lichtenden , braunen Haupthaar, der kleinen schmalen Nase, auf der eine grosse Brille mit silbernem Rand thronte , durch die er ihn nun mit einem siegessicheren Blick bedachte . Einem Blick , der alles sagte.
„Du…“ Es war kaum mehr als ein Flüstern. Und dann hörte er auf zu denken. Mit einem Ruck riss er sich los und stürzte geradewegs auf Moritz zu. Doch die Polizisten waren schneller. Gleichermassen überrascht wie überrumpelt stellten sie sich reflexartig innert Sekundenbruchteilen auf die neue Situation ein. Sie wirbelten herum und griffen nach dem Flüchtigen. Während der kleinere der Polizisten Ambros an der Schulter zu fassen b ekam, schnappte sich der G rössere dessen Handgelenk und drehte ihm , ohne mit der Wimper zu zucken , den Arm auf den Rücken. Ambros schrie auf . Um die Qual zu lindern , bog sich Ambros ganz selbstv erständlich na ch vorne. Dennoch hob er noch einmal seinen Kopf. Sein Gesicht reflektierte deutlich die Schmerzen, doch in seinen Augen funkelte unbändige teuflische Wut.
Moritz jagte ein Schauer über den Rücken, als sich Ambros ’ Blick erneut direkt auf ihn richtete. „Du bist das gewesen. Du hast mich in der Gondelstation überfallen, um mich dann gewaltsam auszuquetschen! Du! Du elender Schweinehund hast mich verprügelt und jetzt stehst du mit deinem s cheinheiligen Grinsen da und denkst, du wärst sicher. Wahrscheinlich trägst auch du die Verantwortung für Josefs Verschwinden! Ja, nicht wahr? Du hast ihn umgebracht! Aber bestimmt nicht nur , weil er sich an der Tageskasse bedient hat. Was habt ihr sonst noch so gedreht, hä? “ Ambros sprach sich dermassen in Rage, dass ihn die Polizisten trotz aller Massnahmen nur mit Mühe abführen konnten . „Würde mich nicht wunder n , wenn der Herr Gemeindepräsident da auch noch seine Finger im Spiel hätte.“ Auf einmal wurde es ganz still auf dem Platz . Man konnte förmlich spüren, wie der Bevölkerung der Atem stockte. Selbst die Polizisten hielten inne. Obwohl sie sich selbst n icht erklären konnten, weshalb. A lle starrt en auf den Gemeindepräsidenten.
Dieser schien sich im ersten Augenblick nicht sicher zu sein, wie er mit einer derartigen Anschuldigung umgehen sollte, entschied sich dann aber für Toleranz. „Er ist zu wütend um zu wissen, was er von sich gibt. Führt ihn ab.“
Gesagt , getan. Die Polizisten erwachten aus ihrer Starre, nickten Hans zu und setzten sich erneut in Bewegung. Ambros wusste dem nichts mehr entgegenzusetzen. Resigniert, mit hängendem Kopf liess er sich in das bereitstehende Fahrzeug schleifen. Irgendwo in seinem Innern flüsterte ihm eine leise Stimme zu , dass ihm , nachdem er das Dorfoberhaupt derart beschuldigt hatte, niemand mehr zu Hilfe eilen würde . Diese leise Ahnung ging einher mit dem unangenehmen Gefühl , dass dies das letzte Mal war, das er das Dorf sah.
Genau dasselbe Gefühl beschlich auch die zierliche Blondine, die sich weit im Hintergrund hielt. Ein Schauer durchfuhr ihren schmalen Körper, einerseits aus Erleichterung darüber, dass man sie nicht entdeckt hatte. Andererseits war der darauffolgende Schluchzer die Reaktion auf den unbändigen Schmerz, der in ihrem Innern wütete. Erst entführten und verprügelten sie ihn, jetzt wurde er auch noch verhaftet. Das hatte er nicht verdient! Er war ein guter Mann! Josefs Angebot, die Einnahmen zu manipulieren und sich damit nebenbei ein bisschen was dazu zu verdienen, hatte er doch nur ihretwegen zugestimmt . Um genug Geld zu sammeln , damit er vor den Augen ihres Vaters als würdiger Ehemann bestehen konnte, der ihr eine Zukunft bieten konnte! Der Kloss in Alina s Hals wurde immer grösser. Am liebsten wäre sie in Tränen ausgebrochen, aber das hätte nur unnötig Aufmerksamkeit auf sie gelenkt. Und das durfte keinesfalls geschehen. Nach alledem , du rfte niemand jemals von der heimlichen Liebschaft erfahren. Daher schaute Alina k rampfhaft beherrscht einfach nur zu , wie der Mann, in dessen Bett sie zuvor noch
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