Wenn Die Wahrheit Stirbt
an.« Hazel ging hinaus und schloss die Tür der Kabine. »Sag Bescheid, wenn du fertig bist.«
Kurz darauf rief Gemma: »Ich krieg den Reißverschluss nicht zu.«
Hazel und die Verkäuferin, die sich wieder im Flüsterton vor der Kabinentür unterhalten hatten, kamen zusammen herein. »Einatmen«, befahl Hazel und zog den langen Reißverschluss hoch. Dann trat sie zurück und betrachtete Gemma im Spiegel. »Oh«, seufzte sie. »Oh, das ist fantastisch!«
Gemma starrte ihr eigenes Spiegelbild an. Obwohl sie das Kleid für sich selbst nie ausgesucht hätte, musste sie zugeben, dass es wunderschön war. Sie sah - anders aus. »Es - Ich komme mir vor wie eine Prinzessin.«
»So soll es auch sein. Und jetzt dreh dich im Kreis.«
Gehorsam wirbelte Gemma um die eigene Achse. Als das Kleid sich um ihre Hüften aufbauschte, lachte sie hell auf. Dann schielte sie auf das Preisschild, und der Mut verließ sie. »Es ist wunderschön, aber ich kann unmöglich so viel Geld für mich selbst ausgeben. Das ist lächerlich.«
»Nein, ist es nicht, und du kannst das sehr wohl. Wenn du es dir nicht kaufst - und die Schuhe und die Dessous -, dann kaufe ich es dir.« Hazel sah auf ihre Uhr. »Und du lässt das alles gleich an. Mir ist gerade eingefallen, dass ich dringend Holly abholen muss. Können wir einfach die Preisschilder abschneiden?«, fügte sie an die Verkäuferin gewandt hinzu.
»Hazel, sei nicht albern.«
»Bin ich nicht. Duncan und die Kinder werden total begeistert sein. Wart’s nur ab.«
Erst als sie im Wagen saßen und nach Notting Hill zurückfuhren, sagte Gemma: »Hazel, das war das einzige Kleid in dieser Farbe, das sie dahatten, und es hatte rein zufällig genau meine Größe. Ganz zu schweigen von den Schuhen, die einfach perfekt waren. Ich könnte fast auf die Idee kommen, dass du die Sachen vorher schon ausgesucht hattest.«
»Unsinn. Ich habe einfach nur ein glückliches Händchen beim Shopping.« Hazel schien sich ganz aufs Fahren zu konzentrieren.
»Du hast überhaupt nichts gekauft.«
»Nächstes Mal. Heute war dein Tag.«
Als sie in St. John’s Gardens ankamen, parkten auffallend viele Autos am Straßenrand, aber Hazel fand dennoch einen Platz für ihren Golf. Sie stiegen aus und gingen auf das Haus zu, und Gemma dachte sich, wie schon so oft, wie sehr es ihr hier gefiel. Kurz bevor sie die Tür erreichten, sagte Hazel: »Oh, ich hab mein Handy vergessen. Geh schon mal rein.«
Gemma öffnete die Tür und trat in die Diele. Sie hörte ein Kind kreischen und Stimmengemurmel, das jäh verstummte. Als sie sich umblickte, sah sie, dass das Haus voller Menschen war.
Erschrocken starrte sie in all die vertrauten Gesichter - im Esszimmer und im Wohnzimmer, in der Küche und bis auf den Flur hinaus - und alle sahen sie Gemma an und grinsten bis über beide Ohren.Tim und Holly. Melody. Doug Cullen. Gemmas Vorgesetzter Mark Lamb und seine Frau Christine. Duncans Chef Denis Childs und seine Frau. Ihre Schwester und ihr Schwager, ihre Nichte und ihr Neffe. Erika und Erikas Freund Henri. Wesley, Betty und Charlotte. Und ihre Eltern, die ein wenig steif auf ihren Stühlen im Esszimmer saßen.
Hazel war hinter ihr aufgetaucht und schob sie sanft vor sich
her.Toby kam die Treppe heruntergepoltert und rief: »Sie ist da, sie ist da!« Er trug ein weißes Hemd und die Hose seiner Schuluniform, ebenso wie Kit, der ihm folgte.
»Was -«
Duncan erschien in der Küchentür und trat auf sie zu. Auch er war elegant gekleidet; den Anzug, den er trug, kannte sie noch nicht. Aber anders als die anderen blickte er ein wenig besorgt drein. Er küsste sie auf die Wange und sagte: »Hallo, Schatz. Du siehst absolut umwerfend aus.«
»Ich verstehe nicht«, sagte sie. »Ich hab doch nicht - Was ist denn hier los? Ist irgendwas passiert? Hat jemand Geburtstag?«
»Nein, es ist eine Hochzeit.«
»In unserem Haus?« Sie war vollkommen baff. »Wessen Hochzeit?«
Er sah ihr fest in die Augen. »Unsere, Schatz. Wenn du es willst.«
28
»Mütter und Töchter kommen sich im Lauf der Jahre immer näher.« (Schwester Julienne)
Jennifer Worth, Farewell to the East End
»Aber das geht doch nicht.« Gemma sah Duncan verwirrt an. »Man kann doch nicht zu Hause heiraten.«
»Nein, das nicht. Aber man kann einen Hochzeitssegen haben. Draußen im Garten wartet eine sehr nette weltliche Zelebrantin. Normalerweise ist die Reihenfolge umgekehrt, zuerst die standesamtliche Trauung, dann der Segen. Aber ich habe ihr
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