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Wenn Die Wahrheit Stirbt

Titel: Wenn Die Wahrheit Stirbt Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Deborah Crombie , Andreas Jäger
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verrutschte keinen Millimeter. »Wenn Sie sich einen Moment gedulden würden - ich sehe eben nach, ob er zu sprechen ist. Bitte, machen Sie es sich bequem.« Sie deutete auf die Sitzecke. »Darf ich Ihnen Wasser bringen oder eine Kanne Tee?«
    Kincaid lehnte dankend ab, worauf sie durch eine unauffällige Seitentür verschwand.
    »Was ist das eigentlich für ein Laden?«, fragte Cullen, nachdem sie gegangen war.
    »Jedenfalls keiner dieser altehrwürdigen Gentlemen-Clubs à la St. James’s.« Kincaid sah sich um, und jetzt fielen ihm noch weitere Kunstwerke auf: zwei Holzskulpturen, ein zeitgenössisches, unidentifizierbares Metallobjekt und eine wunderschöne Keramikvase auf einem beleuchteten Ständer. Aber nichts reichte an Sandra Gilles’ Collage heran. »Die Frage ist - was wird hier geboten?«
    »Sir.« Die junge Frau war wieder da. Sie drückte einen Knopf auf der anderen Seite des Empfangstresens, worauf eine Tür aufglitt
und den Blick in eine verspiegelte Aufzugskabine freigab. »Mr. Ritchie wird Sie im ersten Stock in Empfang nehmen. Mein Name ist Melanie - falls ich Ihnen noch mit irgendetwas zu Diensten sein kann.«
    Kincaid und Cullen betraten den Lift. Als die Tür sich schloss, flüsterte Cullen: »Meint sie etwa -«
    »Ich bezweifle es.« Kincaid grinste. »Und wenn ja, könnten Sie es sich nicht leisten.«
    Dann glitt die Tür lautlos wieder auf, und sie erblickten einen weitläufigen Saal. Im vorderen Bereich war eine weitere Sitzgruppe mit einer Bar, während der hintere als Speisesaal eingerichtet war: lange Eichentische mit gestärkten weißen Leinentischdecken, Silberbesteck und Kristallgläsern.
    Es war schon etwas spät fürs Mittagessen, doch die Tische waren noch gut besetzt, ebenso wie die Bar. Die Klientel war überwiegend männlich, doch Kincaid sah auch einige wenige Frauen in Business-Kostümen. Eine weitere von Sandra Gilles’ Collagen hing über dem Kamin im Loungebereich; Kincaid glaubte zu erkennen, dass sie den Petticoat-Lane-Markt darstellte.
    Ihm fiel auf, dass zwischen den Tischen mehrere junge Frauen hin und her gingen, die genauso gekleidet waren wie Melanie. Daraus schloss er, dass die anthrazitfarbenen Nadelstreifen-Kostüme so etwas wie die Uniform der Clubangestellten waren. Wirklich ausgesprochen stilvoll.
    Vom Restaurant her kam ein Mann mit ausgestreckter Hand auf sie zu. »Melanie sagte, Sie wollten mich sprechen? Ich bin Lucas Ritchie.« Er war groß gewachsen und blond, mit einem angedeuteten Dreitagebart, und er war wesentlich jünger, als Kincaid vermutet hatte. Als er die dargebotene Hand schüttelte, fand er sie überraschend hart und schwielig. Es war ein interessanter Kontrast zu der tadellos geschneiderten Garderobe des Mannes und seinem gepflegten Londoner Akzent, der keinerlei
Rückschlüsse auf die soziale Herkunft zuließ. Kincaid glaubte Ritchies Rasierwasser zu erkennen - es war das herbe Jo-Malone-Aftershave, das Gemma ihm letztes Jahr zu Weihnachten geschenkt hatte.
    Während Cullen Ritchie die Hand schüttelte, zückte Kincaid seinen Dienstausweis. »Ich würde gerne mit Ihnen über Naz Malik und Sandra Gilles sprechen, Mr. Ritchie. Können wir uns irgendwo -«
    »In meinem Büro.« Ritchie, dessen Manieren ebenso geschliffen waren wie die seiner Empfangsdame, hatte nicht einmal mit der Wimper gezuckt. Hatte er mit einem Besuch von der Polizei gerechnet?
    Er führte die beiden zurück zum Aufzug. »Das hier ist unser öffentlicher Bereich«, erklärte er, als die Lifttür sich schloss. »Mein Büro ist auf der nächsten Etage, wo wir auch unsere privaten Besprechungs- und Konferenzräume haben.«
    Oben betraten sie eine Lounge, die der im ersten Stock ähnelte, aber etwas kleiner und gemütlicher war. Ritchie führte sie durch einen Flur, der dahinter abzweigte, vorbei an Räumen mit Konferenztischen und Flachbildfernsehern an den Wänden sowie mehreren kleinen Salons und privaten Speisezimmern. Sein Büro war ganz am Ende des Flurs - ein kleiner Raum, erhellt nur durch ein einziges Fenster. Es war mit einem Sofa, bequemen Sesseln und einem Schreibtisch eingerichtet, auf dem nichts als ein aufgeklappter Laptop stand. Hinter dem Schreibtisch hing ein Gemälde eines roten Pferdes, und wenngleich der Bildaufbau ein wenig anders war, stammte es ganz offensichtlich vom selben Künstler wie das in Sandras Atelier. Als Kincaid genauer hinsah, glaubte er die hingekritzelten Buchstaben »LR« als Signatur zu erkennen.
    »Ich habe von Naz Malik gehört«,

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