Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen

Wenn Die Wahrheit Stirbt

Titel: Wenn Die Wahrheit Stirbt Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Deborah Crombie , Andreas Jäger
Vom Netzwerk:
leid.« Gemma erhob sich ebenfalls. Es war offensichtlich, dass sie nicht länger willkommen war. »Danke, Mr. Blakely. Aber sagen Sie mir bitte noch eines. Würden Sie mit ansehen wollen, wie Charlotte von Gail Gilles großgezogen wird?«
    Blakely atmete tief ein und ließ die Luft dann langsam entweichen. »Bei Gott, nein. Nicht, wenn ich es irgendwie verhindern kann.«

15
    Mit Spitalfields verband sich immer schon das Ausgegrenzte und das Extreme. Im Mittelalter war die Gegend von den zwei klassischen Kategorien von Ausgestoßenen bevölkert: den Aussätzigen und den Irren. Der Name »Spitalfields« geht auf das Leprakrankenhaus St. Mary’s Spital und die Felder zurück, in denen es stand. Die Irren wurden zu den Toren des Krankenhauses St. Mary’s of Bethlehem hinausgefahren, kurz »Bedlam« genannt, das an der Stelle des heutigen Bahnhofs Liverpool Street stand.
    Denis Severs, 18 Folgate Street
     
     
    Kincaid und Cullen fanden den Club in der Widegate Street im Ausschlussverfahren. Die kurze und sehr schmale Straße wurde an einem Ende von einem Pub, dem Kings Stores , abgeschlossen, das andere wurde überragt vom Broadgate, einem riesigen Gebäudekomplex aus Backstein und Glas. Dazwischen lagen Büros und ein paar bescheidene Läden.
    Nachdem sie bis Mittag keinen der beiden Gilles-Brüder hatten aufspüren können, hatte Kincaid beschlossen, dass es an der Zeit sei, sich Lucas Ritchie und seinen mysteriösen Club vorzunehmen. Er hatte sich noch schnell ein Sandwich genehmigt und dann Cullen gebeten, sich mit ihm am U-Bahnhof Liverpool Street zu treffen.Von Bethnal Green war es nur eine Station, und er hatte es vermeiden wollen, in den engen Gassen des alten Spitalfields einen Parkplatz suchen zu müssen.

    Ein neutraler Hauseingang ohne Namensschild weckte Kincaids Interesse. Es war ein elegantes Portal mit Messingverzierungen, einer Klingel und einem Lesegerät für Schlüsselkarten. Als Kincaid das Gebäude genauer in Augenschein nahm, stellte er fest, dass das Backstein-Mauerwerk neu war, doch die Architektur passte sich nahtlos in die Reihe der älteren Nachbarhäuser ein.
    »Hmm«, sagte er an Cullen gewandt. »Ein bisschen wie die Winkelgasse bei Harry Potter. Mal sehen, was passiert, wenn wir klingeln.«
    Einen Augenblick später drang eine freundliche weibliche Stimme aus dem winzigen Lautsprecher neben dem Klingelknopf. »Womit kann ich dienen, Sir?«
    Als Kincaid aufblickte, entdeckte er die Kamera, die unauffällig unter einem Fensterbrett im ersten Stock montiert war. »Duncan Kincaid, ich möchte zu Mr. Ritchie«, sagte er aufs Geratewohl.
    Die Antwort war ein Summen, gefolgt von einem Klicken, als die Tür entriegelt wurde. Kincaid sah Cullen grinsend an. »Sesam, öffne dich!«, sagte er und drückte. Cullen folgte ihm, mit einer Miene, als wagte er sich in eine Drachenhöhle.
    Sie fanden sich in einem Empfangsbereich, der irgendwo zwischen Lagerhaus und Nobelhotel angesiedelt schien. Kahle Backsteinwände, Holzboden, schmucklose Fenster und Hängeleuchten, die zu einer Fabrikhalle gepasst hätten - aber die Lederpolster der modernen Sitzgruppe um den schlichten Kamin herum sahen butterweich aus, der geschwungene Empfangstresen war aus einem exotisch aussehenden, spiegelblank polierten Holz gefertigt, und die Blumenarrangements, die den Tresen und die Sitzecke schmückten, waren eine Augenweide - wie auch die junge Frau, die hinter dem Tresen stand.
    Ihre Züge waren asiatisch - vielleicht anglo-chinesisch -, sie war makellos gestylt und trug eine frisch gestärkte weiße Bluse
unter einem maßgeschneiderten anthrazitfarbenen Nadelstreifenkostüm. Kurz, sie sah atemberaubend aus - doch was Kincaids Aufmerksamkeit fesselte, war die Collage, die hinter dem Empfangstresen hing. Es war die gleiche, die er auf dem Foto in Sandra Gilles’ Atelier gesehen hatte.
    Das Foto hatte ihn nicht auf die Größe des Werks vorbereitet und auch nicht auf die Tiefe der Farben und die Nuancen der Gestaltung. Er hatte das Gefühl, wenn er es nur lange genug anstarrte, könnte er darin versinken, sich verlieren in immer neuen Schichten verlockend lebendiger Geschichte.
    »Sir«, sagte die junge Empfangsdame und riss ihn jäh ins Hier und Jetzt zurück, »was kann ich für Sie tun? Sie sagten, Sie wollten Mr. Ritchie sprechen?«
    Kincaid lächelte und zeigte ihr seinen Dienstausweis. »Wir wollen uns nur kurz mit ihm unterhalten, wenn’s recht ist.«
    Die Augen der jungen Frau weiteten sich, doch ihr Lächeln

Weitere Kostenlose Bücher