Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Wenn die Zeit aber nun ein Loch hat

Wenn die Zeit aber nun ein Loch hat

Titel: Wenn die Zeit aber nun ein Loch hat Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Tom Holt
Vom Netzwerk:
er, daß sich der Vertrag in Giovannis Aktentasche befinde, und zwar in einem Umschlag mit der Aufschrift Steuererklärungen 1232/3. Womöglich hätte er sich über dieses Thema noch länger ausgelassen, wenn ihm nicht seine Brüder einen Helm aufgesetzt hätten, und zwar verkehrt herum, so daß sein Mund vom Genickschutz blockiert wurde. Doch zu diesem Zeitpunkt war der Vertrag sowieso schon längst im Kaminfeuer gelandet.
    »Na prima«, freute sich Blondel. »Und jetzt halte ich es an der Zeit, daß wir etwas zu uns nehmen.«
    Giovanni blickte ins Feuer, wo sich der Vertrag in 286
    den Flammen zusammenrollte. Ähnliche Gefühle des Verlusts und der Trauer hatte er möglicherweise beim Tod seiner Großmutter empfunden; was allerdings nur schwer zu beweisen wäre, denn er hatte sie vor einigen Jahrhunderten an berberische Sklaven-händler verkauft, und seither hatten sich die beiden aus den Augen verloren.
    Mit der Zungenspitze benetzte sich Giovanni die Lippen und sagte: »Also gut, ich denke, wir haben jetzt eine faire Verhandlungsgrundlage geschaffen, auf der wir schnell zu einem neuen Vertrag …«
    Blondel drehte sich langsam zu ihm um und blickte ihn durchdringend an. »Finden Sie?«
    »Klar. Ich meine« – seine Profitgier trat in einen kurzen Konflikt mit seinem Selbsterhaltungstrieb; die Profitgier gewann –, »vielleicht bedürfen einige Klauseln einer kleinen Korrektur, da sie nicht mehr ganz zeitgemäß sind und sich die Sachlage nunmehr etwas anders darstellt, aber … Ach, zur Hölle, Blondel! Trotzdem sind Sie noch immer ein Künstler, und Künstler brauchen nun mal einen Manager wie das tägliche Brot. Also schlage ich vor …«
    »Da Sie gerade vom Essen sprechen, Sie kriegen eine doppelte Portion Kartoffelbrei.«
    Giovanni blickte beleidigt drein. »Sie enttäuschen mich, Blondel. Ich bin jedenfalls der festen Überzeugung, daß wir ins Geschäft kommen. Schließlich waren Sie immer sehr daran interessiert, das el des Larmes Chaudes ausfindig zu machen, oder gilt das nicht mehr?«
    287
    »Ach, Sie bluffen doch nur«, winkte Blondel ver-
    ärgert ab.
    »Mag sein.«
    »Sie wissen genausowenig wie ich, wo das el des Larmes Chaudes liegt.«
    Giovanni lächelte. »Richtig, aber ich weiß, wo die ihr Konto haben.«
    Eine Weile herrschte Stille im Saal, die nur durch das von Guy hervorgerufene Geräusch beim Essen schaler Erdnüsse unterbrochen wurde, die er in einer abseits stehenden Fingerschale entdeckt hatte.
    Schließlich stand Blondel auf und ging nervös im Raum auf und ab. »Sie wissen, wo die ihr Konto haben?«
    »Richtig«, bestätigte Giovanni. »Schließlich ist das ein unabänderliches Naturgesetz; jeder Mensch hat ein Konto.«
    »Ach ja? Und was ist mit …« Blondels Worte verloren sich.
    »Was soll mit wem sein?« fragte Giovanni.
    Blondel grinste abfällig. »Ich wollte gerade ein Gegenbeispiel anführen, mir ist aber keins eingefallen.
    Also gut, dann verraten Sie mir, wo das el des Larmes Chaudes ein Konto hat.«
    Giovanni schüttelte energisch den Kopf. »Immer eins nach dem anderen, schließlich bin ich nicht von gestern.
    Erst einmal müssen wir einen neuen Vertrag schließen.«
    288
    Blondel stieß einen Seufzer aus. »Ach, machen Sie doch, was Sie wollen, aber lassen Sie mich gefälligst dabei aus dem Spiel. Außerdem, was nützt es mir, wenn ich deren Bankverbindung kenne? Wie finde ich dann heraus, wo die sich aufhalten?«
    »Das ist Ihr Problem«, antwortete Giovanni, »aber schließlich sind Sie ein einfallsreicher Mensch. Doch zurück zum Thema, wir haben uns gerade über die Bedingungen unterhalten.«
    »Ach, haben wir das wirklich?«
    »Ja.«
    »Ach so. Na gut, dann fahren Sie fort.«
    »Ich will nur einen einzigen Auftritt von Ihnen.
    Ein einziges riesiges Konzert. Natürlich wird es weltweit übertragen – in jedes Land, jedes Jahrhundert, jede Dimension.«
    »Wie denn das?«
    »Nichts leichter als das.« Giovanni machte eine Geste, die unterstreichen sollte, daß es auf der Welt nichts Einfacheres gebe. »Wir werden es in jedem Land und in jedem Jahrhundert gleichzeitig stattfinden lassen.«
    »Ach, nun mal halblang. So was hat noch nie jemand gemacht«, wehrte Blondel ab.
    Giovannis Grinsen wurde so breit, daß es allmählich Furchen von geographischer Dimension annahm.
    »Nun, dann wird es Zeit, daß mal endlich jemand damit anfängt. Nur ein einziger Auftritt, Blondel. Na, wie war’s?«
    Während er sprach, öffnete sich die Küchentür, 289
    und La Beale Isoud

Weitere Kostenlose Bücher