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Wenn die Zeit aber nun ein Loch hat

Wenn die Zeit aber nun ein Loch hat

Titel: Wenn die Zeit aber nun ein Loch hat Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Tom Holt
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daß Thermometer nur auf eigene Gefahr in die Arena mitgenommen werden dürfen.
    Zu diesem einmaligen Ereignis hatten die GaleazzoBrüder die größte, imposanteste und farbenprächtigste neugotische Arena errichten lassen, die die Welt je gesehen hatte – im Laufe von Jahrhunderten natürlich und vollständig durch rückwirkende Kre-ditaufnahmen (was bedeutete, daß die Banken am Schluß den GaleazzoBrüdern noch Zinsen zahlen mußten statt umgekehrt).
    Jeder freie Quadratzentimeter auf den zu riesigen Türmen aufgestapelten Lautsprechergehäusen war mit komplizierten Schnörkeln und Laubverzierungen versehen, und die Zuleitungskabel wurden durch grinsende Wasserspeier geführt. Die in schwindeler-regender Höhe befindliche Bühne selbst wurde von schlanken Steintürmchen, sogenannten Fialen, getra-294
    gen, und die atemberaubende Überdachung bestand ausschließlich aus Buntglas, wodurch neben der gigantischen Lightshow zusätzliche unübertroffene Lichteffekte erzielt wurden, die keinen Pfennig Strom kosteten.
    In der Garderobe verspürte Blondel kein bißchen Nervosität. Was ihn anging, so wollte er nur singen.
    Er sang recht gern, obwohl er es manchmal als etwas ermüdend empfand, wenn man es tagaus, tagein tun mußte, und da er sämtliche Lieder selbst geschrieben hatte, machte er sich auch keine Sorgen darum, den ein oder anderen Text vergessen zu können. Selbst wenn er ihn mal vergäße, wäre das kein Problem, weil er dann einfach improvisieren oder etwas hin-zudichten könnte. Wahrscheinlich würde das dem Publikum sogar gefallen.
    »Bitte gehen Sie nicht andauernd so nervös auf und ab«, ermahnte er Giovanni, der mittlerweile eine kleine Schneise in den Teppich gelaufen hatte. »Sie wissen doch, daß ich vor dem Auftritt noch gern ein kleines Nickerchen halte, aber so kann ich einfach nicht einschlafen.«
    Giovanni spuckte eine ganze Ladung abgenagter Fingernägel aus und blickte ihn finster an. »Das größte Konzert in der gesamten Weltgeschichte!«
    fauchte er.
    »Wenn die da draußen plötzlich ihr Geld zurück-haben wollen, bräche das gesamte Finanzwesen der zivilisierten Welt zusammen. Du meine Güte, Blondel! Allein das Geld, das wir für die Bestuhlung aus-295
    gegeben haben, ist noch nicht einmal gedruckt oder geprägt worden. Folglich habe ich ein Recht, nervös zu sein.«
    Blondel zuckte die Achseln. »Na schön, wenn es Ihnen dadurch bessergeht, dann seien Sie von mir aus nervös. Allerdings wäre es furchtbar nett von Ihnen, wenn Sie das irgendwo anders sein könnten.«
    Giovanni schüttelte wie wild den Kopf, bis dessen Bewegungen völlig verwischten, so daß man nur noch die Konturen erkennen konnte. »O nein, mein Lieber, ich lasse Sie nicht eher aus den Augen, bis das hier alles im wahrsten Sinne des Wortes sicher über die Bühne gegangen ist. Nicht nach dem, was damals in Württemberg passiert ist.«
    »Ach, Giovanni«, seufzte Blondel überdrüssig.
    »Jetzt kommen Sie mir bloß nicht wieder mit dieser Geschichte.«
    Giovanni beachtete ihn nicht. »Ausverkauft, keine einzige Karte mehr, nicht einmal auf dem Schwarz-markt. Der Kronprinz von Dänemark sitzt in der ersten Reihe und ißt Popcorn. Und Sie setzen es sich in den Kopf, einfach abzuhauen und statt dessen lieber unter irgendeiner Burg zu singen, nur weil …«
    »Man kann auch sagen, der Kronprinz selbst hat mir diesen Floh ins Ohr gesetzt«, bemerkte Blondel dazu.
    »Ich dachte mir, Mann, du bist schon seit Ewigkeiten nicht mehr in seiner Ferienburg gewesen. Also schien es mir einen Versuch wert, es dort noch einmal zu versuchen. Dabei stellte sich das leider als 296
    eine totale Pleite heraus. Fast wäre ich von einem übereifrigen Hellebardier aufgespießt worden. Mehr ist dabei für mich allerdings nicht rausgekommen.«
    Giovanni knurrte wütend und fuhr ihn an: »Das war der letzte Mist, den Sie sich je geleistet haben!
    Ich mußte neunzig Millionen Groschen Eintrittsgel-der zurückerstatten. Der Kronprinz wäre fast durch-gedreht und hat versucht, mich durch den Eisernen Vorhang hindurch zu erdolchen. Und deshalb lasse ich Sie keinen Fuß aus dieser Garderobe setzen, bis die Vorstellung losgeht.«
    »Also gut«, gab Blondel nach, »ganz, wie Sie wollen.
    Ich dachte nur, daß Sie sich vielleicht etwas wohler fühlen, wenn Sie sich hinsetzen. Nehmen Sie doch ein Aspirin oder so was.«
    »Ich will kein Aspirin!« entgegnete Giovanni ungehalten. »Am liebsten nähme ich jetzt sofort ein paar Stunden Abkürzung und käme

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