Wenn du denkst, du hast mich schon
…”
„Musst du gleich immer so in die Luft gehen? Ich meine damit ja nur, dass du es jetzt schon bekommen sollst und nicht bis nach der Hochzeit warten musst. Da die Leute bei der Bank sich so stur gestellt haben, wollen wir ihnen doch keinen Anlass bieten, die Zahlung abzulehnen, ja?”
Megan kam sich dumm vor, als er das so sachlich und gelassen sagte. Sie war nervös und unruhig, wünschte sich einerseits, dass er endlich ging, und wollte ihm andererseits um den Hals fallen und ihn wie wild küssen. So hin und her gerissen hatte sie sich noch nie gefühlt.
Doch Travis wich schon einen weiteren Schritt zurück. Mit einemmal hatte er es eilig.
„Gute Nacht, Travis. Pass auf dich auf!” Sie öffnete die Tür und schlüpfte in die dunkle Küche.
Vom Fenster aus beobachtete sie, wie er zu seinem Wagen zurückkehrte, und wandte sich nicht eher ab, bis er gewendet hatte und den Feldweg hinuntergefahren war. Erst danach lief sie auf Zehenspitzen nach oben in ihr Schlafzimmer.
Dort angekommen, öffnete sie den Reißverschluss des Kleides, streifte es von den Schultern und ließ es zu Boden fallen. Gedankenversunken ging sie zum Fenster hinüber und schaute nach draußen. Nichts rührte sich. Selbst in Butchs Zimmer auf der einen Seite der Scheune brannte kein Licht mehr. Alle schliefen schon. Sie zog ihren trägerlosen BH und den Slip aus, schlüpfte in ihren Pyjama und lief durch den Flur zum Bad.
In ein paar Wochen würde Travis bei ihnen wohnen, mit ihnen zusammen essen und sich einen Platz im Kreis der Familie erobern. Während sie sich die Zähne putzte, überlegte sie, was ihre Mutter und ihr Vater wohl dazu gesagt hätten, dass sie sich entschieden hatte, Travis zu heiraten, um die Ranch zu retten.
Hätten sie das für verkehrt gehalten? Wäre es ihnen lieber gewesen, sie hätte den Besitz verkauft?
Megan schaltete das Licht aus und kehrte in ihr Schlafzimmer zurück. Als sie im Bett lag, starrte sie blicklos in den Raum, den sie schon ihr ganzes Leben bewohnte. Jetzt würde sich das alles verändern. Angst und Unsicherheit beschlichen sie.
So ähnlich war ihr auch heute abend in Travis Armen zumute gewesen. Unbekannte Empfindungen beschäftigten sie, und sie wünschte sich, sie hätte jemanden, mit dem sie sich darüber unterhalten könnte. Leider war das nicht der Fall. Sie war diejenige, zu der die anderen mit ihren Fragen kamen.
In solchen Augenblicken wie jetzt fühlte Megan sich unbeschreiblich einsam.
6. KAPITEL
„He, Megan!” rief Maribeth am nächsten Morgen und kam ins Zimmer gestürmt. „Willst du etwa den ganzen Tag schlafen? Ich muss unbedingt wissen, ob es in Ordnung ist, wenn ich mit Bobby und den anderen heute nachmittag zu Brady gehe. Gestern habe ich vergessen, dich zu fragen, und Bobby hat schon angerufen - Megan? He, Megan, bist du wach?”
Megan stöhnte auf und kroch unter ihrem Kissen hervor. „Jetzt ja”, murmelte sie. „Du könntest Tote wecken, Maribeth, ehrlich.” Sie rollte sich auf den Rücken und warf ihrer kleinen Schwester einen finsteren Blick zu.
Heute morgen trug Maribeth ihr langes Haar zu einem Zopf geflochten. Kesse Sommersprossen zierten Nase und Wangen. Megan konnte kaum glauben, dass ihre jüngste Schwester schon sechzehn Jahre alt war. Sie war ein Wildfang, machte mit Bobby und seinen Freunden die Gegend unsicher und hatte in nichts zurückstecken wollen, nur weil sie ein Mädchen war.
Megan schloss die Augen. Eigentlich hätte sie Maribeth mehr im Haushalt mit anfassen lassen sollen, aber die Arbeit hatte Mollie übernommen. Megan selbst hatte nicht mehr Ahnung von der Haushaltsführung als Maribeth.
Leider hatte sie ihr auch ebensowenig gezeigt, wie eine Ranch bewirtschaftet wurde.
Lieber sollte Maribeth ihre Kindheit genießen und nicht schon zu viel Verantwortung übernehmen müssen.
Dass Maribeth jetzt eigentlich genauso alt war wie Megan damals, als ihre Eltern gestorben waren, konnte sie nicht fassen. Ihr kam es nicht so vor, als wäre sie jemals so jung gewesen wie Maribeth.
„Megan?”
Maribeths Stimme klang eigenartig. Megan zwang sich, die Augen zu öffnen, um zu sehen, was los war. Maribeth saß auf der Bettkante. Als Megan sich auf den Rücken hatte rollen lassen, hatte sie die Arme ausgebreitet. Fasziniert betrachtete Maribeth Megans linke Hand.
O nein! Ich habe den Ring vergessen, dachte Megan. „Was ist denn?” fragte sie, obwohl sie wusste, worauf Maribeths Blick ruhte.
„Du hast noch nie einen Ring getragen. Auch wenn
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