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Wenn du mich siehst - Hudson, T: Wenn du mich siehst - Hereafter

Wenn du mich siehst - Hudson, T: Wenn du mich siehst - Hereafter

Titel: Wenn du mich siehst - Hudson, T: Wenn du mich siehst - Hereafter Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Tara Hudson
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Zentimeter meines Körpers. Als ich die Finger in seinen Nacken krallte, stöhnte er auf. Sobald sich das Geräusch seiner Kehle entrungen hatte, gab es für uns kein Halten mehr. Wir beugten uns aufeinander zu, und unsere Lippen trafen sich.
    Mit dem Kuss brach eine Feuerwoge nach der anderen über mich herein. Der Schmerz explodierte wie eine Atombombe in meiner Brust und verbrannte alles um sich her. Ich ließ mich davon verbrennen, ließ mich davon verzehren.
    Als Joshua die Lippen öffnete und an meinen bewegte, spürte ich seine Lippen – spürte ihre weiche, warme Haut.
    In dem Augenblick war ich die Atombombe. Ich war der orangefarbene, grell leuchtende Feuerball. Genau die Stelle, wo ein brennendes Feuerholz eine Petroleumlache berührt.
    Dann war mir kalt. Schrecklich kalt.
    Ich schlug die Augen auf und rang nach Luft. Würgend griff ich um mich, vergeblich auf der Suche nach etwas, was mir Halt bieten könnte. Etwas, was mir helfen könnte, mir gewaltsam einen Weg heraus zu bahnen.
    Denn auf einmal befand ich mich im schwarzen Wasser des Flusses. Und ich ertrank wieder.

16
    A l s das beklemmende schwarze Wasser endlich verschwand, erwachte ich heftig hustend und im Licht der Morgensonne. Wie ich feststellte, war ich auf den Knien, vornübergebeugt auf allen vieren, und klammerte mich am Erdboden fest, als wäre er ein Rettungsring. Was er im Grunde auch war.
    Unendlich lange verharrte ich so, den Blick starr auf den Boden gerichtet. Meine Haare hingen wie ein dichter Vorhang zu beiden Seiten meines Gesichts herab und nahmen mir die Sicht auf alles außer dem trockenen Gras und Flecken roter Erde unter mir.
    Dann drehte ich den Kopf bloß den Bruchteil eines Zentimeters nach rechts. Durch meine Haare konnte ich die Umgebung nur ganz vage ausmachen.
    Die Wiese. Die Bäume. Die Grabsteine.
    Ich ließ mich auf meine nackten Fersen zurückfallen und schlang die Arme schützend um die Brust. Erst nachdem ich mir diesen schwachen Schutz verschafft hatte, schüttelte ich die Haare zurück, sodass ich die Umgebung besser sehen konnte.
    Ich hatte wieder einmal einen Albtraum gehabt, einen, der viel schlimmer als alle anderen gewesen war.
    Er fing ganz normal an – das Herumrudern, das Husten, die übliche Verzweiflung. Doch schon bald, nachdem ich den ursprünglichen Schock angesichts des Wassers überwunden hatte, konnte ich wieder die seltsamen Stimmen hören, die heiseren, die mich so sehr an Elis Unterwelt erinnerten. Doch diesmal vernahm ich zusätzlich zu den Stimmen Gelächter. Wütendes, heftiges Gelächter, das aus mehreren Kehlen zu stammen schien.
    Als ich auf der Suche nach der Quelle aufsah, erblickte ich sie: eine Gruppe Gestalten, die hoch über mir auf der High Bridge standen. Die mir zusahen, wie ich mich abmühte. Bevor ich ihre Gesichter erkennen konnte, tauchte ich wieder und diesmal endgültig unter Wasser. Erst dann erwachte ich auf dem Friedhof.
    Wer waren die Menschen auf der Brücke? Und warum sahen sie mir mit solch offensichtlichem Vergnügen zu?
    Das waren Fragen, die ich wirklich nicht beantworten konnte. Und natürlich warfen sie noch mehr Fragen auf: Warum konnte ich sie überhaupt sehen? Vielleicht hörte und sah ich sie, weil ich in letzter Zeit an Bewusstsein gewonnen hatte? Oder vielleicht war es, wie Joshua gesagt hatte: Ich hatte viele Erinnerungen an meinen Tod verdrängt, und nun kehrten sie in vagen, aber schmerzhaften Einzelheiten zurück.
    Danke, Albträume, dachte ich gequält, dass ihr mir regelmäßig so viel Spaß bringt.
    Diese Regelmäßigkeit brachte mich nun auf einen anderen Gedanken. Bei meinen Albträumen schien sich ein Muster herausgebildet zu haben, besonders, was ihren Anfang betraf. Vielleicht hatte es etwas mit meiner Gemütsverfassung zu tun. Schließlich hatte alles begonnen, als Eli mich in der Nacht aus der Fassung brachte, als er mir mitteilte, dass mir keine andere Wahl blieb, als mich ihm in der Dunkelheit anzuschließen. Und dann setzte dieser Albtraum ein, als Joshuas Lippen die meinen berührten.
    Nein, dachte ich mit einem Kopfschütteln. Nicht in dem Augenblick, als er mich küsste. Sondern in dem Augenblick, als ich dachte, ich würde explodieren – vor Betrübnis über den Tod meines Vaters und die erzwungene Isolation meiner Mutter, vor Begehren, entfacht durch das Gefühl von Joshuas Lippen auf meinen.
    Bei dem Gedanken an Joshuas Lippen stieß ich mich vom Gras ab und sprang auf. Über die Albträume konnte ich später noch nachdenken,

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