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Wenn du mir vertraust: Roman (German Edition)

Wenn du mir vertraust: Roman (German Edition)

Titel: Wenn du mir vertraust: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Luanne Rice
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Mickey. Endlich blieben sie stehen und Neve preschte durch den Vorhang – keine Spur von Mickey. Nur ein hochgewachsener Mann in Khakiuniform, der auf einem Stuhl saß, als bewache er die leere Kabine.
    »Wo ist sie?«, fragte die Krankenschwester.
    »Noch beim Röntgen«, erwiderte der Mann und Neve erkannte auf Anhieb seine Stimme: Es war der Fremde, der sie angerufen hatte.
    »Tim, warum gehen Sie nicht endlich?«, schlug die Schwester vor. Und an Neve gewandt: »Wollen Sie nicht im Warteraum bleiben? Dort ist es bequemer und wir könnten die Formalitäten erledigen!«
    »Lassen Sie sie hier«, entgegnete der Mann. »Ihre Tochter wird jeden Augenblick zurück sein und sie braucht sie.«
    Neve musterte ihn, unsicher, ob er gemeint hatte, dass sie Mickey brauchte oder umgekehrt. Wie auch immer, er hatte recht. Seine graublauen Augen waren kühl, sein Blick distanziert, aber sein Ton hatte so eindringlich geklungen, als drohte die Welt aus dem Gleichgewicht zu geraten, wenn die Schwester ihr nicht zu bleiben erlaubte.
    »Schon gut«, murmelte die Krankenschwester und ließ sie allein.
    Neve blickte sich in der Kabine um. Mickeys Sachen lagen auf der Ablage; der hellblaue Pullover, die Strickmütze, die Fausthandschuhe aus Vlies. Der Pullover war blutverschmiert, der linke Ärmel aufgeschnitten.
    »Sie hat sich das Handgelenk gebrochen«, erklärte der Mann. »Sie mussten den Ärmel aufschneiden, um den Pullover leichter ausziehen zu können.«
    »Haben Sie mich angerufen?«
    »Ja. Ich bin Tim O’Casey, von der Rangerstation am Refuge Beach.«
    »Neve Halloran.« Sie reichte ihm die Hand. »Vielen Dank. Wie haben Sie mich ausfindig gemacht?«
    »Mickey hat mir ihr Handy gegeben.« Er griff in seine Tasche und reichte es Neve. »Sie wollte unbedingt, dass Sie und ihr Vater kommen. Sie verlangte immer wieder nach Ihnen …«
    Neve nickte. Und sie war nicht erreichbar gewesen. Sie hatte im Gerichtssaal gesessen und um Geld gekämpft. Was für eine grenzenlose Dummheit! Bei dem Gedanken daran drohten ihre Knie nachzugeben. Ihre Tochter war in die Notaufnahme eingeliefert worden und hatte zum ersten Mal in ihrem ganzen Leben eine Notsituation alleine durchstehen müssen – oder zumindest ohne ihre Eltern.
    »Danke, dass Sie bei ihr geblieben sind«, sagte Neve. »Ist sie zur Station gefahren, um Hilfe zu holen?«
    »Nein«, erwiderte Tim. »Sie ist an der Unfallstelle geblieben, zusammen mit ihrer Freundin Jenna – das Mädchen war völlig aufgelöst, so dass ihre Eltern sie abgeholt und nach Hause gebracht haben. Ein … ein junger Mann kam zu mir und hat mich verständigt.«
    »Ein junger Mann?« Neve hätte sich gerne auch bei ihm bedankt.
    »Ja. Ein Mitschüler aus der Highschool. Er ist nicht hier.«
    »Oh.«
    Sie ging zu Mickeys Kleidung und hob die Mütze auf. Sie war aus mitternachtsblauem Garn, handgestrickt von Neves Mutter. Sie fühlte sich steif und klebrig an, und als sie auf ihre Finger hinunterblickte, waren sie rotbraun.
    »O Gott!« Angesichts der dunklen Wolle merkte sie erst jetzt, dass es Mickeys Blut war.
    »Sie hat sich eine Platzwunde am Kopf zugezogen«, erklärte Tim. »Sie ist in hohem Bogen über die Lenkstange geflogen. Die Ärzte haben als Erstes ein CT gemacht, aber es liegt weder ein Schädelbruch noch eine Gehirnerschütterung vor. Sie hat den Sturz mit dem Handgelenk abgefangen.«
    Schaudernd hielt Neve Mickeys Mütze in der Hand und hörte zu, wie ein Fremder ihr schilderte, was passiert war. Er war groß und überragte sie beinahe. Sein braunes Haar war an den Schläfen fast völlig ergraut. Das schmale Gesicht, von Wind und Wetter gegerbt, war hager, mit tiefen Furchen um den Mund, die Augen waren schiefergrau. Sie erschrak angesichts des düsteren Feuers, das in ihnen glomm. Er hatte anfangs einen sanften, freundlichen Eindruck auf sie gemacht, doch plötzlich war er wie ausgewechselt – als hätte er auf den Grund ihrer Seele geblickt, sie gewogen und für zu leicht befunden.
    »Was ist los?«, fragte sie.
    »Mickey sagte mir, dass ihr Vater und Sie eine Gerichtsverhandlung hatten.«
    »Ja«, erwiderte sie und ließ es dabei bewenden.
    »Sie wollte ihren Vater ebenfalls bei sich haben.«
    »Ich kann mir gut vorstellen, wie sehr sie sich das wünscht.«
    »Warum rufen Sie ihn nicht an?« Sein Ton war scharf.
    Neve erstarrte. Dieser Fremde überschritt eindeutig seine Grenzen, mischte sich ungebeten in die Probleme ihrer Familie ein. Seine Augen loderten förmlich und sie

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