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Wenn du mir vertraust: Roman (German Edition)

Wenn du mir vertraust: Roman (German Edition)

Titel: Wenn du mir vertraust: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Luanne Rice
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berühmte Kirschblüte sehen. Den Scheck in Höhe von 250 Dollar musste sie heute mitbringen.
    Beim Frühstück übte sie, alles mit einer Hand zu bewältigen. Sie war Rechtshänderin und hatte nie gemerkt, in welchem Ausmaß die linke Hand Hilfestellung leistete. Müsli in die Schüssel füllen, die an der richtigen Stelle stehen musste, den Löffel halten, das Glas Orangensaft ergreifen – sie musste sich voll konzentrieren und sich daran gewöhnen, dass ihr nur eine Hand zur Verfügung stand.
    Neve machte sich in ihrer Nähe zu schaffen und versuchte zu helfen. Mickey wusste, dass ihre Mutter zu spät zur Arbeit kommen würde – dabei hatte sie sich schon die letzten beiden Tage frei genommen, den ersten Tag für die Gerichtsverhandlung, und den zweiten, weil Mickey sich infolge der Medikamente und des Schocks hundeelend gefühlt hatte und nicht zur Schule gehen konnte. Daheimzubleiben, war beinahe genauso schlimm, wie sich das Handgelenk zu brechen; und dabei hatte ihre Mutter sie gestern mit Aufmerksamkeiten überschüttet.
    Mickey war den ganzen Tag über still gewesen und hatte viel Zeit gehabt, nachzudenken und sich Sorgen zu machen. Niemand wusste, wo sich ihr Vater aufhielt. Er war nicht zur Arbeit erschienen und er steckte in Schwierigkeiten. Nicht zum ersten Mal.
    Während sie auf dem Bett lag und das Gefühl hatte, als würde sich das Zimmer um sie herum drehen, stellte sie sich ihren Vater in allen möglichen schrecklichen Situationen vor: untergetaucht, in Panik, vielleicht sogar entführt. Oder – was fast noch schlimmer war – an einem geheimen Ort, wo er mit der Frau, die er mehr als ihre Mutter und sie liebte, Urlaub machte. Ob er wieder trank? Der Gedanke versetzte ihr einen Stich. Und nicht nur das: Nun musste sie sich auch noch den Kopf über die Eule und das U-Boot zerbrechen, und was das alles zu bedeuten hatte.
    »Beeil dich, Schatz. Wir müssen los«, rief Neve.
    »Mom, du musst nicht auf mich warten. Ich kann alleine zum Bus gehen.«
    »Ich fahre dich.«
    »Nein danke. Jenna wartet an der Bushaltestelle auf mich.«
    Neve zögerte. Mickeys Herz war schwer. Sie hatte gehört, wie ihre Mutter mit Chris und Nicola telefonierte. Gegen ihren Vater war ein Haftbefehl ergangen – nur weil er sich außerstande sah, seinen Unterhaltszahlungen nachzukommen. Mickey schluckte – warum konnte sie niemandem begreiflich machen, dass sie das Geld nicht brauchten, auf seine finanzielle Unterstützung nicht angewiesen waren? Nach ihrem Vater wurde jetzt gefahndet, damit ging für sie eine Welt unter. Ihre Mutter und das Gericht gaben ihm allen Grund, die Flucht zu ergreifen, zu trinken, sich von ihr fernzuhalten. Mickey wollte das alles nicht noch schlimmer machen.
    »Mickey, ich weiß, dass du völlig außer dir bist«, erklärte Neve.
    »Sag dem Richter, dass wir das Geld nicht brauchen«, bettelte Mickey. »Du arbeitest – und ich werde mir neben der Schule einen Job suchen.«
    »Schatz, abgesehen davon, dass wir das Geld dringend brauchen, habe ich diese Entscheidung nicht mehr in der Hand. Das Problem ist, dass dein Vater gegen eine Anordnung des Gerichts verstoßen hat …«
    »Wenn du ihn nicht vor Gericht gebracht hättest, wäre das gar nicht erst passiert!«
    »Mickey, ich weiß, dass du aufgewühlt bist, aber das verstehst du nicht. Eine Scheidung ist für alle Betroffenen hart – und am schlimmsten für dich, ich weiß. Ich bin sicher, dein Vater wird eine Erklärung parat haben, wenn er wieder auftaucht, von wo auch immer …«
    »Vielleicht ist er verletzt! Oder hat sein Gedächtnis verloren!« Mickey zitterte am ganzen Körper, als sie an die grässlichen Szenarien dachte, die sie sich ausgemalt hatte. Sie hatte in den letzten beiden Tagen unzählige Male bei ihrem Vater zu Hause, auf dem Handy und im Büro angerufen. Sie hatte sogar seine Freundin zu erreichen versucht, aber ihr Handy war ausgeschaltet und sie hatte nur Alyssas leise Stimme gehört, die sagte: »Ich bin im Augenblick nicht zu erreichen; ihr wisst ja, was zu tun ist …«
    »Ich bin sicher, dass es ihm gutgeht«, entgegnete Neve. Ihr Ton brachte Mickey noch mehr in Rage: Als wollte ihre Mutter sie beschwichtigen, ohne ihren Vater vom Haken zu lassen.
    »Es kann ihm nicht gutgehen! Sonst hätte er mich angerufen. Ich habe ihm mehrmals eine Nachricht wegen meines Handgelenks hinterlassen – die hätte er niemals ignoriert. Er muss sich verstecken, weil er befürchtet, gefasst zu werden. Mom, du musst dem

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