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Wenn du mir vertraust: Roman (German Edition)

Wenn du mir vertraust: Roman (German Edition)

Titel: Wenn du mir vertraust: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Luanne Rice
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sein Board?
    Als er näher kam, sah er, dass es der Ranger war. Tim O’Casey kletterte über den Pier, eine Sauerstoffflasche in der Hand.
    »Was machen Sie denn hier? Gehen Sie nicht zu diesem Kunstgalerie-Dingsda?«
    »Das könnte ich dich auch fragen. Wie geht’s Mickey?«
    »Sie ist … bei ihrem Vater.«
    »War er das, in dem Streifenwagen?«
    Shane nickte. »Haben Sie ihn gesehen?«
    »Ließ sich nicht vermeiden«, erwiderte Tim trocken. »Sie fuhren direkt an der Station vorbei – ich beobachte in der Regel, was in meinem Revier vor sich geht, die Streifenwagen eingeschlossen, die hier aufkreuzen. Also habe ich im Polizeirevier angerufen und erfahren, was passiert ist.«
    »Er roch nach Schnaps. Ich wollte verhindern, dass sie zu ihm ins Auto steigt, aber ich konnte die beiden nicht aufhalten.«
    »Du hast richtig gehandelt.«
    »Finden Sie?« Shane sah ihn überrascht an.
    »Ja. Du wolltest nicht, dass sie verletzt wird.«
    Die Worte gingen runter wie Öl. Es geschah schließlich nicht jeden Tag, dass ein Erwachsener ihn verstand. Und selbst jetzt war er überzeugt davon, dass Ranger O’Casey nach der guten Nachricht mit der schlechten herausrücken würde.
    »Ich wollte auch verhindern, dass er sich verletzt.«
    Ranger O’Casey sah ihn an und schien darauf zu warten, dass er fortfuhr. Aber Shane brachte es nicht über sich. Das Thema Verletzung oder Verlust von Vätern war für ihn tabu.
    Er hatte zahllose große Wellen geritten und wusste, wie schnell es aus und vorbei sein konnte. Man konnte tausend Monsterwellen bezwingen oder hundertmal betrunken Auto fahren und ungeschoren davonkommen, ein ums andere Mal, bis man zu der Überzeugung gelangte, dass man unverwundbar war, dass einem nichts Schlimmes widerfahren könnte. Und dann war es plötzlich aus und vorbei …
    Er wusste besser als jeder andere, was aus und vorbei bedeutete. Der letzte Augenblick seines Vaters auf dem Brett – wie mochte er gewesen sein? Immer wenn er hinauspaddelte, das kalte Wasser unter seinen Händen und die Gischt im Gesicht spürte, glaubte er es zu wissen. Triumphgefühl pur. Das genaue Gegenteil von Mickeys Vater. Shane hatte in sein graues Gesicht geschaut und den Tod darin gesehen, wartend.
    »Du wolltest nicht, dass ihr Vater in einem Autowrack stirbt und sie mit in den Tod nimmt«, sagte Tim O’Casey.
    Der Tod hatte vor langer Zeit Einzug in Shanes Familie gehalten. An seinen Augen konnte er erkennen, dass er auch Mr. O’Caseys Familie heimgesucht hatte.
    »Da haben Sie recht«, sagte Shane.
    »Irgendwann wird sie es verstehen.«
    Shane seufzte. Warum kapierten die Erwachsenen es nicht? Irgendwann war zu spät. Er wünschte, sie würde es jetzt verstehen, würde erkennen, was er für sie empfand, und dass er sie vor dem Verlust schützen wollte, der ihm bei seinem eigenen Vater nicht erspart geblieben war. Er wünschte sich nichts sehnlicher, als heute Abend mit ihr zusammen an der Party teilzunehmen.
    »Was ist das für eine Kamera?«
    »Sie hat meinem Dad gehört. Eine Nikon Nikonos II, 35 Millimeter.«
    »Die beste Unterwasserkamera, die es damals gab.« Ranger O’Casey sah ihn fragend an, und Shane gab ihm mit einem Nicken zu verstehen, dass er sie in Augenschein nehmen durfte.
    Er sah zu, wie der Ranger die Kamera inspizierte, sah die grauen Haare und die tiefen Furchen in seinem von Wind und Wetter gegerbten Gesicht. Park-Ranger und Surfer: Beide verbrachten viel Zeit an der frischen Luft. Wäre sein eigener Vater inzwischen ergraut, hätte er ebenfalls ein von Wind und Wetter gegerbtes Gesicht, wenn er noch lebte? Shane blickte aufs Meer hinaus und wusste, dass er es nie erfahren würde.
    »Erstklassige Kamera«, sagte O’Casey; dann sah er Shane an. »Besteht da ein Zusammenhang mit dem U-Boot?«
    »Was sonst. Haben Sie den Kran nicht gesehen, auf dem Schleppkahn, der im Hafen ankert?«
    »Wie könnte man den übersehen.«
    »Konnten Sie mit dem Kram nichts anfangen, den Mickey und ich Ihnen gegeben haben? Wir hatten jede Menge Ideen – aber Sie drehen offenbar lieber Däumchen. Der Kran kann jeden Moment hier am Strand auftauchen, und dann holt er das
U-Boot herauf, bringt es nach Cape Cod! Und Sie tun nicht das Geringste, um das zu verhindern!«
    »Ich tue alles, was in meiner Macht steht«, erwiderte Tim ruhig.
    Ranger O’Casey blickte auf die Kamera, die er noch in der Hand hielt. Seine Hände waren groß und rauh, aber Shane sah, wie behutsam er sie hielt, wie er mit dem Daumen über die

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