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Wenn du mir vertraust: Roman (German Edition)

Wenn du mir vertraust: Roman (German Edition)

Titel: Wenn du mir vertraust: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Luanne Rice
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Gedanken an die Eule – genau wie Shane an dem Tag ihres Fahrradunfalls geraten hatte.
    Mickey und Jenna hatten sie gemeinsam beobachtet. Die Schneeeule stand an erster Stelle ihrer Liste der seltenen Vögel, die man einmal im Leben gesehen haben sollte. Mickey wandte sich Jenna zu, um in Erinnerung an das gemeinsame Erlebnis ein Lächeln und einen Blick geheimen Einverständnisses auszutauschen, doch ihre Freundin sah weg.
    »Jenna«, rief Mickey. »Erinnerst du dich – die Dünen?«
    »Ähm, ja.«
    »Was ist mit den Dünen?«, fragte Tripp. »Was gibt es denn da?«
    »Oh, nicht viel«, erwiderte Jenna. »Nur eine Eule.«
    Nur eine Eule? Mickey starrte sie an, aber Jenna wich ihrem Blick aus.
    »Seid ihr beide nicht ein bisschen zu alt, um Vögel zu beobachten?«, meinte Tripp grinsend.
    »Vögel beobachten? Wie kommst du denn auf die Idee! Wir haben eine Radtour gemacht.«
    Mickey wandte sich bestürzt ab. Sie blickte zum Fenster hinaus, als der Bus die Küstenstraße entlangrumpelte, sah das Blau des Atlantiks zwischen den dichten verkrüppelten Kiefern aufblitzen. Sie erhaschte einen Blick auf eine Welle, die sich perfekt brach, und bildete sich ein, einen Surfer entdeckt zu haben, der auf ihrem Kamm ritt, sich von ihr an den Strand tragen ließ, zu den Dünen, in denen die Eule lebte. Sie dachte an ihren Vater, irgendwo in weiter Ferne, in einer Welt, die bereits zu Bruch gegangen war, und abermals kamen ihr die Tränen.

    Tim O’Casey saß an seinem Schreibtisch und versuchte, die E-Mails durchzuarbeiten, die im Lauf der Nacht von den Rangern anderer Naturschutzgebiete eingetroffen waren. Er spürte, wie die belebende Wirkung des Koffeins von dem großen Becher Kaffee einsetzte, den er nach seiner Patrouille in der Morgendämmerung von der rund um die Uhr geöffneten Tankstelle mitgenommen hatte. Auf eine Art fühlte er sich gleichzeitig hellwach und wie betäubt.
    Als er mit Mickey Halloran in die Klinik gefahren und dort ihrer Mutter begegnet war, hatte er sich zum ersten Mal seit langer Zeit wieder lebendig gefühlt. Ihm war bewusst, dass er Neve mit seinen Prinzipien in die Flucht geschlagen hatte. Diese Unnachgiebigkeit war eine Eigenschaft, die er während seiner Arbeit am Strand erworben hatte – er kämpfte für das, woran er glaubte, was er für wichtig hielt. Er war schätzungsweise zehn Jahre älter als sie, hatte ihr zehn Jahre an Lebenserfahrung und in der Elternrolle voraus.
    Er warf einen Blick auf den Bildband, den er gekauft hatte. Die darin enthaltenen Fotos von den Schneeeulen in der Tundra von Manitoba erinnerten ihn an ein Buch, das er als kleiner Junge in- und auswendig gekannt und geliebt hatte. Sein Vater hatte es ihm geschenkt, der Mann, dem er seine Liebe zur Natur verdankte. Sein Vater und sein Onkel waren in diesem Landstrich aufgewachsen, hatten die Wälder und die Küste von Rhode Island über alles geliebt und dieses Vermächtnis an ihn weitergegeben. Ihretwegen war er Ranger geworden und sie waren der Grund – wie er sich eingestand, wenn er mitten in der Nacht aufwachte und den Tatsachen ins Gesicht sehen musste –, dass er trotz des langen Schweigens zwischen seinem Vater und ihm darum gebeten hatte, hierher versetzt zu werden, an den Refuge Beach.
    Der Bildband war für Mickey bestimmt. Genau genommen für beide – als Genesungsgeschenk für Mickey und als Friedensangebot für ihre Mutter. Jetzt oder nie, dachte er und stand auf. Er hatte alle Informationen von seinen Kollegen, die er brauchte, und konnte umgehend zum Haus der Hallorans fahren. Mickey war vermutlich noch in der Schule, und ob oder wie lange Neve arbeitete, wusste er nicht. Er hatte gerade begonnen, das Buch in Geschenkpapier mit Vogelmotiven einzuwickeln, das von Weihnachten übrig geblieben war, als die Tür aufging.
    »Hallo.« Shane West, der Surfer-Rowdy, stand auf der Schwelle, die Hände in den Taschen vergraben. Tim starrte ihn an, musterte das windzerzauste Haar, die Wintersonnenbräune, die aufgesprungene Unterlippe, das Surfer-T-Shirt unter der schweren schwarzen Jacke. Der Junge erinnerte ihn an Frank, so sehr, dass es ihm die Sprache verschlug.
    »Was willst du denn hier?«, fuhr er ihn an. »Wenn ich mich recht erinnere, hatte ich dir eingeschärft, dich vom Park fernzuhalten. Du bist das zweite Mal straffällig geworden, und das heißt, du hast dich hier nicht mehr blicken zu lassen. Haben dir die Polizisten nicht gesagt, dass du den Park nicht mehr betreten darfst?«
    »Ähm. Es

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