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Wenn du stirbst, zieht dein ganzes Leben an dir vorbei, sagen sie

Titel: Wenn du stirbst, zieht dein ganzes Leben an dir vorbei, sagen sie Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Lauren Oliver
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Lippen keine zehn Zentimeter voneinander entfernt sind. Sein Atem riecht nach Pfefferminzbonbons und mein Kopf fängt an sich zu drehen, als hätte er sich in ein riesiges Karussell verwandelt.
    Â»Ich … äh … ich …«
    Â»Sam!«
    Kent und ich machen instinktiv je einen Schritt zurück, als Lindsay mit meiner und ihrer Kuriertasche über der Schulter die Tür derSchulmensa aufstößt. Ich bin sogar dankbar für die Unterbrechung, da ich kurz davor war, ihm entweder zu beichten, dass ich vor ein paar Tagen gestorben bin, oder, dass ich mich in ihn verknallt habe, und ich fürchte, dass ich keins von beidem rausgebracht hätte, und er hätte mich wahrscheinlich in beiden Fällen ausgelacht (oder mich der Schulpsychologin gemeldet oder so was).
    Lindsay kommt herübergewankt und macht ein Riesentheater darum, dass sie zwei Taschen trägt, als wären sie beide aus Eisen. »Gehen wir?«
    Â»Was?«
    Ihr Blick huscht kurz über Kent hinweg, aber abgesehen davon nimmt sie ihn nicht zur Kenntnis. Sie stellt sich fast direkt vor ihn, als wäre er überhaupt nicht da, als wäre er ihre Zeit nicht wert, und als Kent wegsieht und so tut, als bemerkte er es nicht, habe ich ein ungutes Gefühl. Ich möchte ihm irgendwie vermitteln, dass sie nicht ich ist – dass ich weiß, dass er meine Zeit wert ist. Er ist mehr wert als meine Zeit.
    Â»Gehen wir jetzt ins Eiscafé oder nicht?« Sie legt sich eine Hand auf den Magen und verzieht das Gesicht. »Ich kann dir sagen, von diesen Pommes habe ich ein tierisches Völlegefühl, das sich nur mit chemischer Köstlichkeit bekämpfen lässt.«
    Kent nickt mir kurz zu und geht weg, ohne Tschüs zu sagen, ohne irgendetwas, einfach nur, um so schnell wie möglich hier wegzukommen.
    Ich gucke an Lindsay vorbei und rufe: »Tschüs, Kent! Bis nachher!«
    Augenblicklich dreht er sich überrascht um und lächelt mich breit an. »Bis nachher, Sam.« Er fasst sich grüßend an den Kopf wie einer dieser Typen aus einem alten Schwarz-Weiß-Film und dann verschwindet er mit großen Schritten im Hauptgebäude.
    Lindsay sieht ihm einen Moment nach, dann guckt sie mich stirnrunzelnd an. »Was war das denn? Hat Kent dich durch sein Stalking endlich gefügig gemacht?«
    Â»Vielleicht«, sage ich, weil es mir egal ist, was Lindsay denkt. Ich bin ganz berauscht von seinem Lächeln und seiner Nähe. Ich fühle mich leicht und unbesiegbar, wie im besten Sinne angeheitert.
    Sie starrt mich noch eine Sekunde länger an, dann zuckt sie mit den Schultern. »Es gibt kein besseres Liebesbekenntnis als ein Ziegelstein, der durchs Fenster geflogen kommt.« Sie hakt mich unter. »Joghurteis?«
    Und deshalb, trotz ihrer Million und ein Fehler, liebe ich Lindsay Edgecombe.
    DER SCHLÜSSEL
    Â»Komm schon, Sam.« Lindsay sieht gierig zu Kents Haus hinauf, als wäre es aus Schokolade. »Dein Gesicht ist in Ordnung.«
    Ich überprüfe zum fünften Mal mein Make-up im Spiegel der Sonnenblende. Ich lege eine letzte Schicht Lipgloss auf, fische ein klebriges Stück Mascara aus der Ecke meiner Wimpern und übe die Rede, die ich im Kopf vorbereitet habe. Hör mal, Kent, das kommt jetzt vielleicht unerwartet, aber ich wollte dich fragen, ob du, weißt du, mal was mit mir machen willst …
    Â»Ich kapier’s nicht.« Ally beugt sich vom Rücksitz vor, ihre dicke Burberry-Jacke knistert. »Wenn du’s heute nicht mit Rob machst, warum flippst du dann so aus?«
    Â»Ich flippe überhaupt nicht aus«, sage ich. Obwohl ich Cremerouge und eine getönte Feuchtigkeitscreme aufgetragen habe, bin ich so bleich wie ein Vampir.
    Â»Doch, du flippst aus«, sagen Lindsay, Elody und Ally gleichzeitig und fangen dann an zu lachen.
    Â»Bist du sicher, dass du nicht doch einen Schluck willst?« Ally stupst mich mit der Wodkaflasche an.
    Ich schüttele den Kopf. »Mir geht’s gut.« Komischerweise bin ich zu nervös zum Trinken. Außerdem ist dies der erste Tag meines neuen Lebens. Von jetzt an werde ich alles richtig machen. Ich werde ein anderer Mensch sein, ein besserer Mensch. Ich werde die Art von Mensch sein, die in guter Erinnerung bleibt, nicht einfach nur in Erinnerung. Das habe ich mir immer wieder vorgesagt und nur der Gedanke daran gibt mir Kraft, etwas Stabiles, woran ich mich festhalten kann, einen

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