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Wenn du wiederkommst

Titel: Wenn du wiederkommst Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Anna Mitgutsch
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Augen und gab ihm insgeheim recht, als er sagte, es seien bloß die Bilder, die Filmsprache, die die Botschaft vermittelten. Aber er sei nun einmal kein Ästhet, und das bißchen Dialog sei banal und farblos, ein wenig Wilhelm Reich, ein bißchen bürgerlich linke Ideologie, und ein Schuß fernöstlicher Philosophie, und in dieser wortreichen Sprachlosigkeit stünden sich zwei Menschen gegenüber, der junge Mann mit seiner fast sadistischen Arroganz und das Mädchen in seiner dümmlichen Mütterlichkeit. Was für Freiheitssymbole sollen das denn sein? fragte er verächtlich. Die Counter Culture war lange Zeit ein Streitpunkt zwischen uns, ein Lebensgefühl, das er nicht erfahren hatte, und das ich ihm nicht vermitteln konnte, ohne daß er sich darüber lustig machte.

    Er hatte sich von Anfang an für die Bürgerrechtsbewegung eingesetzt und sich auch dann nicht abgewendet, als die Black Panthers ihre weißen Mitkämpfer hinausdrängten. Seit seiner Zeit in Jamaica Plain, als er noch in ihrem Viertel lebte, gehörten die Anrufe illegaler Einwanderer von den karibischen Inseln, von Sozialhilfeempfängerinnen, die mit einer Schar kleiner Kinder in winzige Slumwohnungen gepfercht wohnten, zu seinem Alltag. Der Gerichtsvollzieher stehe in der Tür, er sei doch Anwalt, er müsse ihnen helfen, jetzt gleich. Jerome ließ alles andere liegen und kam zu Hilfe, verhandelte mit den Behörden, machte Eingaben, vertrat sie bei Gerichtsterminen, sagte, beim nächsten Mal rufen Sie gleich an, wenn der Brief von der Behörde kommt, nicht erst, wenn es zu spät ist. Warum warten sie, bis man ihnen nicht mehr helfen kann, fragte er, aber er half, manchmal auf Kosten seiner Arbeit für zahlende Klienten. Was soll ich tun, rechtfertigte er sich, zusehen, wie sie auf der Straße biwakieren? Wenn sie Geld hätten, würden sie ja auch ihre Miete zahlen können. Einmal wollten wir gerade zum Abendessen ausgehen, als das Telefon läutete. Wir müssen sofort zu Vicki, sagte Jerome, sie bringt sich gerade um. Ihr ganzes Leben hatte Vicki mit staatlicher Notstandsbeihilfe überlebt, und weil Jerome ihre jüngste Delogierung nicht mehr hatte verhindern können, wohnte sie nun in einem winzigen Raum mit einer wechselnden Zahl kleiner Kinder und erwachsener Töchter. Zu allen anderen Problemen, die sie hatte, war sie auch noch manisch depressiv und versuchte in regelmäßigen Abständen, sich umzubringen. Jerome lieh ihr oft Geld und achtete darauf, daß sie ihre Unterstützungszahlungen bekam, die ihr zustanden. Natürlich bekomme ich das Geld nicht wieder, sagte er, sie weiß es, und sie weiß auch, daß ich es weiß, aber so kann sie ihre Selbstachtung bewahren.

    Die blonde Frau an Prabodhs Seite war Pamela gewesen, seine amerikanische Geliebte, aber mit Sosheila, seiner indischen Ehefrau, hatte er zwei halbwüchsige Söhne. Sie war ein Kind gewesen, als sie verheiratet worden waren, aber auch nach zwanzig Jahren war keine Zuneigung zwischen ihnen gewachsen. Sie sei zufrieden zu Hause, sagte er, eine sanftmütige, gehorsame, wenn auch kühle Frau, die nichts anderes kenne als ihre häuslichen Pflichten. Acht Jahre später zertrümmerte die sanftmütige Sosheila mit einer Axt das gesamte Mobiliar, kaufte mit der Kreditkarte ihres Mannes einen Lincoln Continental und denunzierte ihren Mann bei seinem Arbeitgeber, bevor sie mit dem neuen Auto gegen einen Baum fuhr. Pamela sah sich als die rechtmäßige Nachfolgerin Sosheilas, aber Prabodh flog nach Indien und hielt um die Hand einer Frau an, die er seit seiner Studentenzeit an einer indischen Universität liebte, als er mit der elfjährigen Sosheila verheiratet worden war. Es gab Widerstände, denn Vijay war Brahmanin, aber nach dreißig Jahren in Amerika ließ er sich von Traditionen nicht mehr einschüchtern und brachte Vijay und ihre Kinder aus erster Ehe schließlich nach Philadelphia. Dieser Mann und seine mir unbekannte Frau werden in wenigen Tagen meine Gäste sein. Doch vorerst muß ich das Auto reparieren lassen.
    Ah, Jeromes Toyota, ruft der Syrer an unserer Tankstelle erfreut, als er mich sieht, und wo ist Jerome? Er beugt sich näher und sieht mich fragend an: Ist er? Er faßt mich schärfer ins Auge: Er ist doch nicht?
    Ich nicke: Jerome ist tot.
    Zwei junge, stets freundliche Brüder, Einwanderer aus Syrien, betreiben die Tankstelle. In einer winzigen, mit grauen Schindeln verkleideten Hütte verkaufen sie Zigaretten, Wettscheine und Autozubehör, und in einem Schuppen voller

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