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Wenn ein Reisender in einer Winternacht

Wenn ein Reisender in einer Winternacht

Titel: Wenn ein Reisender in einer Winternacht Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Italo Calvino
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Rechnung beglichen. .. Ein Kind in der Wiege.    und in der Grube ein Toter. «
    »Hast du gehört, was deine Mutter gesagt hat?« sage ich zu Jacinta, kaum daß wir einen Moment allein sind. »Ich und du, wir können tun, was wir wollen.«
    »Wenn wir wollten. Aber wir wollen nicht.«
    »Ich könnte schon etwas wollen.«
    »Was?«
    »Dich beißen.«
    »Was das betrifft, ich kann dich abnagen bis auf die Knochen.« Sie zeigt ihre Zähne.
    Im Zimmer nebenan steht ein Bett mit weißen Laken, man weiß nicht recht, ob ungemacht oder für die Nacht hergerichtet, eingehüllt in ein dichtes Moskitonetz, das von einem Baldachin hängt. Ich dränge Jacinta zwischen die Falten des Netzes, und man weiß nicht recht, ob sie mich abwehrt oder hinunterzieht; ich will ihr die Kleider abstreifen, sie wehrt sich, indem sie mir Schnallen und Knöpfe abreißt.
    »He, du hast ja auch ein Muttermal! An derselben Stelle wie ich! Schau her!«
    Ein Hagel von Fausthieben prasselt mir über Kopf und Schultern, Dona Jazmina kommt über uns wie eine Furie: »Auseinander mit euch! Um Gottes willen! Tut's nicht! Ihr könnt nicht! Auseinander! Ihr wißt ja nicht, was ihr tut! Ein Lump bist du, ein Lump, genau wie dein Vater!«
    Ich nehme mich zusammen, so gut ich kann: »Wieso, Dona Jazmina? Was wollt Ihr damit sagen? Mit wem hat's denn mein Vater gehabt? Mit Euch?«
    »Flegel! Geh zu den Knechten! Laß dich hier nicht mehr sehen! Treib's mit den Mägden, wie dein Vater! Geh nach Hause zu deiner Mutter! Geh!«
    »Wer ist meine Mutter?«
    »Anacleta Higueras, auch wenn sie's nicht zugeben will, seit Faustino tot ist.«
     
    Nachts ducken sich die Häuser von Oquedal in den Boden, als spürten sie das Gewicht des niederen und von schlechten Dünsten umhüllten Mondes.
    »Was ist das für ein Lied, das sie über meinen Vater singen, Anacleta?« frage ich die Frau, die da reglos in einem dunklen Torbogen steht wie eine Statue in einer Kirchennische. »Es handelt von einem Toten in einer Grube. ..«
    Anacleta nimmt die Laterne. Wir gehen gemeinsam über die Maisfelder. »Auf diesem Feld gerieten dein Vater und Faustino Higueras in Streit«, erklärt sie, »und beschlossen, daß einer von beiden zuviel sei auf dieser Welt, und gruben gemeinsam eine Grube. Seit dem Augenblick, da sie beschlossen hatten, miteinander zu kämpfen bis auf den Tod, seit dem Augenblick war es, als wäre der Haß zwischen ihnen erloschen: Sie gruben die Grube in Eintracht und Frieden. Dann stellte sich jeder auf eine Seite der Grube, jeder hielt in der Rechten ein Messer und hatte den linken Arm in einen Poncho gewickelt. Und abwechselnd sprang ein jeder über die Grube und griff den anderen mit seinem Messer an, während der andere sich mit dem Poncho verteidigte und versuchte, den Feind in die Grube zu stürzen. So kämpften sie bis zum Morgengrauen, und der Boden rings um die Grube staubte nicht mehr, so war er vom Blut durchtränkt. Alle Indios von Oquedal standen im Kreis um die leere Grube und um die beiden keuchenden, blutenden Jünglinge, und standen stumm und reglos, um nicht das Gottesurteil zu stören, von dem ihrer aller Schicksal abhing, nicht nur das von Faustino Higueras und Nacho Zamora.«
    »Aber.    Nacho Zamora bin ich. «
    »Auch dein Vater nannte sich damals Nacho.«
    »Und wer gewann, Anacleta?«
    »Das fragst du noch, Junge? Zamora gewann: Niemand darf rechten mit den Plänen des HErrn. Faustino wurde in dieser Erde begraben. Aber für deinen Vater war es ein bitterer Sieg, und noch in derselben Nacht ging er fort von Oquedal und ward nie wieder gesehen.«
    »Was erzählst du mir da, Anacleta? Dies hier ist eine leere Grube!«
    »In den folgenden Tagen kamen die Indios aus den nahen und fernen Dörfern in Prozession zum Grab des Faustino Higueras. Sie zogen in die Revolution und baten mich um Reliquien, die sie in einem goldenen Schrein an der Spitze ihrer Truppen mit in die Schlacht nehmen wollten: eine Haarsträhne, einen Fetzen vom Poncho, einen Krumen geronnenen Blutes aus einer Wunde. Da beschlossen wir, das Grab zu öffnen und den Leichnam herauszunehmen. Aber Faustino war nicht darinnen, sein Grab war leer. Zahllose Legenden sind aufgekommen seit jenem Tage: Manche sagen, sie hätten ihn nachts gesehen, auf einem Rappen über die Berge reitend und den Schlaf der Indios bewachend; andere sagen, erst an dem Tage, wenn die Indios in die Ebene ziehen, werde er wieder erscheinen, reitend an der Spitze ihrer Kolonnen. «
    »Dann war er's! Ich hab

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