Wenn ein Reisender in einer Winternacht
damit angefangen, daß eines Tages ein junger Mann auftauchte, der sich uns als Übersetzer aus dem Dingsda vorstellte, aus dem Wieheißtesdochgleich. «
»Polnisch?«
»Nein, nein, nicht Polnisch! Eine schwierige Sprache, die nur noch wenige kennen. « »Kimmerisch?«
»Nein, auch nicht Kimmerisch, noch entlegener, weiter hinten, ich komme nicht drauf. Er sagte, er sei ein ganz außergewöhnlicher Sprachenkenner, er kenne so gut wie alle Sprachen, sogar das Dingsda, das Kimbrische, ja, das Kimbrische. Also, er brachte ein kimbrisches Buch mit, das er für uns übersetzen wollte, es war ein schöner großer dicker Roman, der Dings, der Reisende, nein, der Reisende ist von diesem anderen da, es war Vor dem Weichbild . .. «
»Von Tazio Bazakbal?«
»Nein, nicht von Bazakbal, warten Sie, es war der Steilhang von Dingsda.« »Ahti?«
»Genau! Der war's! Ukko Ahti.«
»Aber, entschuldigen Sie, ist Ahti nicht ein kimmerischer Autor?«
»Doch, schon, anfangs war er tatsächlich ein Kimmerer, aber Sie wissen ja, was dann alles passiert ist, im Krieg, in der Nachkriegszeit, die Grenzbegradigungen, der Eiserne Vorhang. Jedenfalls wo früher Kimmerien war, da ist jetzt Kimbrien, und Kimmerien haben sie weiter nach hinten geschoben. Und so haben die Kimbrer auch die kimmerische Literatur übernommen, als Teil der Reparationen. «
»Das ist Professor Galliganis These, die von Professor Uzzi-Tuzii bestritten wird.«
»Na ja, Sie kennen das doch, die Uni, die Rivalitäten zwischen benachbarten Instituten, zwei Lehrstühle, die einander Konkurrenz machen, zwei Professoren, die sich nicht leiden können, stellen Sie sich vor, Uzzi-Tuzii würde zugeben, daß er das Meisterwerk seiner Literatur in der Sprache seines Kollegen lesen muß!«
»Unbestreitbar ist jedenfalls«, insistierst du, »daß Über den Steilhang gebeugt ein unvollendetes Werk ist, ein kaum begonnenes, könnte man geradezu sagen. .. Ich habe das Original gesehen.«
»Gebeugt?. .. Jetzt bringen Sie mich nicht durcheinander! Der Titel klingt ähnlich, aber so heißt er nicht, es war etwas mit Schwindel, ja, Der Schwindel, von Viljandi.«
»Ohne Furcht vor Schwindel und Wind? Herr Doktor, sagen Sie, ist das übersetzt worden? Haben Sie es publiziert?«
»Warten Sie. Der Übersetzer, ein gewisser Ermes Marana, schien rundum vertrauenswürdig: Er machte uns eine Probeübersetzung, wir nahmen an und setzten den Titel schon ins Programm, er lieferte pünktlich die Teilübersetzungen, immer hundert Seiten, kassierte sein Honorar, wir gaben die Teile gleich in den Satz, um keine Zeit zu verlieren. .. Und dann, bei der Fahnenkorrektur, stießen wir auf ein paar Ungereimtheiten, Merkwürdigkeiten. .. Wir baten ihn her und stellten ihm Fragen, er geriet durcheinander, verwickelte sich in Widersprüche. Wir hakten nach, setzten ihn unter Druck, hielten ihm das Original vor die Nase und verlangten, er solle uns ein Stück mündlich übersetzen. Und da gestand er, daß er überhaupt kein Wort Kimbrisch kann!«
»Und die Übersetzung, die er Ihnen geliefert hatte?«
»Die Eigennamen hatte er kimbrisiert, oder nein, kimmerisiert, ich weiß nicht mehr, aber den Text hatte er aus einem anderen Roman übersetzt.«
»Aus welchem?«
»Tja, aus welchem? Das fragten wir auch, und da sagte er: aus einem polnischen (da haben wir das Polnische!) von Tazio Bazakbal. «
»Vor dem Weichbild von Malbork!«
»Genau! Aber warten Sie. Das war's, was er sagte, und wir glaubten ihm erstmal. Das Buch war im Druck. Wir stoppten alles, ließen die Titelei und den Schutzumschlag ändern. Es war ein beträchtlicher Schaden für uns, aber was sollten wir machen? Ob nun mit diesem oder mit jenem Titel, ob von diesem oder von jenem Autor, der Roman war immerhin da, übersetzt, gesetzt und gedruckt. Wir hatten ja nicht damit gerechnet, daß dieses ganze Raus und Rein in der Druckerei und in der Bindeanstalt, der Austausch des ersten Bogens mit der falschen Titelei gegen den mit der richtigen. na ja, das hat eben dann eine Konfusion ergeben, die rasch um sich griff und alle in Produktion befindlichen Titel erfaßte, ganze Auflagen mußten eingestampft werden, ausgelieferte Kontingente mußten wir aus den Buchhandlungen zurückbeordern. «
»Eins hab ich nicht verstanden: Von welchem Roman sprechen Sie jetzt? Von dem mit dem Bahnhof oder von dem mit dem Jungen, der von zu Hause weggeht? Oder von. «
»Geduld, lieber Herr, es kommt noch viel schlimmer. Was ich Ihnen bisher erzählt habe, ist
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