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Wenn ein Reisender in einer Winternacht

Wenn ein Reisender in einer Winternacht

Titel: Wenn ein Reisender in einer Winternacht Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Italo Calvino
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mich hier jetzt ertappen würde, hätte ich Schwierigkeiten zu erklären, daß ich bloß hereingekommen bin, weil ich das Telefon klingeln hörte. Ein Hund bellt, nicht hier, ein Hund in der Nachbarschaft, ich sehe ihn nicht; doch einen Moment lang überwiegt in mir das Signal »Hund bellt« über das Sigual »Telefon klingelt«, und das genügt, um den magischen Kreis zu sprengen, der mich hier gefangengehalten hat: Schon bin ich draußen, laufe wieder zwischen den Bäumen die Straße entlang und lasse das Schrillen hinter mir, das allmählich verklingt.
    Ich laufe weiter, bis keine Häuser mehr kommen. Auf einer Wiese halte ich an, um zu verschnaufen. Ich mache ein paar Kniebeugen und Liegestütze, massiere mir die Beinmuskeln, damit sie nicht zu sehr abkühlen. Ich schaue auf die Uhr. Es ist spät, ich muß rasch zurück, wenn ich meine Studenten nicht warten lassen will. Das fehlte grad noch, daß es von mir heißt, ich liefe im Wald herum statt Vorlesungen zu halten. .. Ich haste los, laufe die Straße hinunter, ohne nach rechts oder links zu blicken, das Haus da werde ich gar nicht mehr wiedererkennen, ich werde vorbeilaufen, ohne es überhaupt zu bemerken. Schließlich ist es ein Haus wie die anderen, in jeder Hinsicht ganz wie die anderen und von den anderen nur unterscheidbar, wenn das Telefon klingeln würde, was ja unmöglich ist.
    Je länger mir diese Gedanken im Kopf herumgehen, während ich so bergab laufe, desto deutlicher meine ich, wieder das Klingeln zu hören, immer lauter und schriller, da ist schon wieder das Haus, und das Telefon klingelt noch immer. Ich öffne die Gartentür, laufe nach hinten, trete ans Fenster. Ich brauche nur die Hand auszustrecken, um abzunehmen. Keuchend sage ich in die Muschel: »Hier ist nicht. «, da ertönt aus dem Hörer eine Stimme, ein bißchen ungeduldig, aber nur ein bißchen, denn am eindrucksvollsten an dieser Stimme ist ihre Kälte, die Ruhe, in der sie sagt: »Hör genau zu: Marjorie ist hier, sie wird bald aufwachen, aber sie ist gefesselt und kann nicht weg. Merk dir die Adresse: 115 Hillside Drive. Wenn du sie holen kommst, okay. Wenn nicht, im Keller ist ein Kanister mit Kerosin und eine Plastikbombe mit einem Timer. In einer halben Stunde steht das Haus hier in Flammen.«
    »Aber ich bin gar nicht. «, will ich sagen.
    Er hat schon aufgelegt.
    Was mache ich jetzt? Sicher, ich könnte die Polizei anrufen, die Feuerwehr, von diesem Telefon aus, aber wie soll ich erklären, wie rechtfertigen.    ich meine, was habe ich, der ich nichts damit zu tun habe, damit zu tun? Ich setze mich wieder in Trab, laufe noch einmal ums Haus herum, dann hinaus und weiter die Straße hinunter.
    Tut mir ja leid für Marjorie, aber sie muß in weißgott was für wilde Geschichten verwickelt sein, wenn sie jetzt so in der Tinte sitzt, und wenn ich mich da einmische, um sie zu retten, wird mir doch keiner mehr glauben, daß ich sie nicht kenne, es wird einen Riesenskandal geben, ich bin ein Dozent von einer anderen Uni, hierher eingeladen als Visiting Professor, das Prestige zweier Hochschulen steht auf dem Spiel.
    Sicher, wenn's um ein Menschenleben geht, müssen solche Rücksichten wohl hintanstehen. Ich laufe langsamer. Ich könnte in eins dieser Häuser gehen, bitten, daß man mich die Polizei anrufen läßt und gleich in aller Klarheit sagen, nein, ich kenne diese Marjorie nicht, ich kenne überhaupt keine Marjorie.
    Um die Wahrheit zu sagen, hier an der Uni gibt es eine Studentin, die Marjorie heißt, Marjorie Stubbs. Ich habe sie gleich bemerkt unter den Mädchen in meinem Kolleg. Sie hat mir, wie soll ich sagen, nun ja, gefallen, nur schade, daß sich dann damals, als ich sie eingeladen hatte zu mir nach Hause, um ihr ein paar Bücher zu leihen, diese peinliche Situation ergab. Es war ein Fehler gewesen, sie einzuladen: Ich war neu hier, man wußte noch nicht, was ich für einer bin, sie konnte meine Absichten mißverstehen, und so ergab sich das Mißverständnis, ein unangenehmes Mißverständnis, sicher auch jetzt noch schwer aus der Welt zu schaffen wegen dieser ironischen Art, in der sie mich seither ansieht, mich, der ich nicht weiß, wie ich sie ansprechen soll, ohne zu stammeln, auch die anderen Mädchen sehen mich immer mit diesem ironischen Grinsen an.
    Klar, natürlich darf dieses Unbehagen, das der Name Marjorie in mir weckt, kein Hindernis für mich sein, einer anderen Marjorie, die in Lebensgefahr schwebt, zu Hilfe zu eilen.
    Wenn's nicht dieselbe Marjorie

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