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Wenn ein Reisender in einer Winternacht

Wenn ein Reisender in einer Winternacht

Titel: Wenn ein Reisender in einer Winternacht Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Italo Calvino
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einkreisen, doch ich allein kenne die Disposition der Spiegel und kann mich ungreifbar machen, während sie am Ende nur aufeinanderstoßen und miteinander ringen.
    Dies alles müßte meine Erzählung zum Ausdruck bringen durch Details von Finanzoperationen, dramatische Situationen bei Aufsichtsratssitzungen, Anrufe hysterisierter Börsenmakler, anschließend auch durch Teile des Stadtplans, Versicherungspolicen, Lornas Mund, während ihm jener Satz entfährt, Elfridas Blick wie versunken in eine ihrer unerbittlichen Kalkulationen, ein Bild, das sich dem anderen überlagert, das Raster des Stadtplans übersät mit Kreuzchen und Pfeilen, Motorräder, die davonbrausen und in den Spiegelecken verschwinden, Motorräder, die sich von allen Seiten meinem Mercedes nähern.
    Als mir klar wurde, daß eine Entführung meiner Person der größte Coup nicht nur der diversen professionellen Kidnapperbanden wäre, sondern auch meiner wichtigsten Mitgesellschafter und Konkurrenten in Kreisen der Hochfinanz, begriff ich sofort, daß nur eine Vervielfachung meiner Person, meiner Anwesenheit, meiner Ausfahrten und Bewegungen außer Haus, kurz, aller Gelegenheiten zu einem Anschlag, mir eine gewisse Chance geben würde, nicht in die Hände von Feinden zu fallen. Also bestellte ich fünf Mercedes, die dem meinen haargenau glichen und die nun zu jeder Stunde durch das gepanzerte Tor meiner Villa aus und ein fahren, eskortiert von Motorradfahrern aus meiner Leibwache, jeweils im Fond eine schwarzgekleidete und vermummte Gestalt, die ebensogut die meine sein könnte wie die irgendeines Doubles. Die Gesellschaften, denen ich vorsitze, bestehen aus Firmenzeichen mit nichts dahinter, und ihre Büros sind leere, auswechselbare Räume; infolgedessen können meine geschäftlichen Sitzungen an ständig wechselnden Orten stattfinden, die ich überdies um der größeren Sicherheit willen jeweils in letzter Minute ändern lasse. Heiklere Probleme ergeben sich aus meiner außerehelichen Beziehung zu einer geschiedenen neunundzwanzigjährigen Frau namens Lorna, die ich zwei- bis dreimal pro Woche für genau zweidreiviertel Stunden besuche. Um Lorna zu schützen, gab es nur eins, nämlich ihre Lokalisierung unmöglich zu machen; ich entschloß mich für das System einer Ostentation so vieler gleichzeitiger amouröser Begegnungen, daß man nicht mehr unterscheiden kann, welche unter all den fingierten Geliebten meine wahre Geliebte ist. Täglich begeben wir uns, meine Doubles und ich, nun zu wechselnden Zeiten in verschiedene über die ganze Stadt verstreute Appartements, die alle von attraktiven jungen Damen bewohnt sind. Dieses Netz fingierter Liebesverhältnisse gestattet es mir, meine wahren Besuche bei Lorna auch vor meiner Gattin Elfrida geheimzuhalten, der gegenüber ich diese ganze Inszenierung als eine bloße Sicherheitsmaßnahme hingestellt habe. Was sie selbst betrifft, meine Gattin, so findet mein Rat, sie solle sich zwecks Desorientierung eventueller Entführungspläne bei ihren Ausgängen stets mit größtmöglicher Publizität umgeben, leider bei ihr kein Gehör: Elfrida neigt zur Abkapselung, so wie sie auch meine Spiegel meidet, als fürchte sie, ihr Bild könne von ihnen zerstückelt und zerstört werden - eine Haltung, deren Motive mir entgehen und die mich einigermaßen befremdet.
    Ich möchte, daß alle Einzelheiten in meiner Schilderung dazu beitragen, hier den Eindruck eines hochpräzisen Mechanismus zu erzeugen, aber zugleich auch den einer Folge von Blendungen, die alle auf etwas verweisen, das außerhalb des Gesichtsfeldes bleibt. Darum darf ich es nicht versäumen, an den Knotenpunkten der Handlung immer wieder Zitate aus alten Texten einzustreuen, zum Beispiel einen Passus aus der Magia naturalis von Giambattista della Porta (1558), in dem es heißt, der Magier oder »Sachwalter der Natur« müsse Kenntnis haben »von den Ursachen der optischen Täuschungen, von der Sicht, die man unter Wasser hat und in verschieden geformten Spiegeln, welche die Bilder zuweilen über die Spiegel hinauswerfen, so daß sie in der Luft hängen, und wie man deutlich erkennen kann, was sich in weiter Ferne zuträgt«.
    Bald wurde mir allerdings klar, daß die Ungewißheit, die durch das ständige Hin und Her identisch erscheinender Automobile entsteht, nicht genügen würde, um der Gefahr krimineller Anschläge zu begegnen. So kam ich darauf, die Multiplikationswirkung der katoptrischen Mechanik auf die Banditen selbst anzuwenden, indem ich

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