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Wenn Eltern es zu gut meinen

Titel: Wenn Eltern es zu gut meinen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Polly Young-Eisendrath
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auch unsere Betonung von inneren Stärken und Anstand tatsächlich angekommen waren. Wenn ich mich jetzt mit meinen erwachsenen Kindern zu Tisch setze, gehen sie weder zu zynisch noch zu lässig mit den kurzen Ritualen (wie etwa Gebeten vor den Mahlzeiten) um, die wir sie bitten, mitzumachen. Sie respektieren unseren Glauben.

Die Wahrheit finden
    Ich habe zahllose Eltern sagen hören: »Auch wenn ich nicht wirklich gläubig bin, nehme ich meine Kinder mit in die Kirche oder Synagoge. Wenn sie erwachsen sind, können sie selbst entscheiden, ob sie dabeibleiben wollen oder nicht.« Obwohl die Eltern es gut
meinen und hoffen, den Kindern die positiven Wirkungen einer religiösen Erziehung mitzugeben, bereiten sie sie auf spirituellen Zynismus vor: eine arrogante oder misstrauische Einstellung zur Religion. Wie in den letzten beiden Kapiteln deutlich wurde, wird Jugendlichen die Identität, die sie in der Kindheit verinnerlicht haben, bewusst, und sie fragen sich: »Wer oder was bin ich?« Wenn sie antworten: »ein Katholik«, »ein Methodist«, »ein Jude« oder »ein Moslem«, werden sie prüfen, wie sich diese Identität anfühlt. Hat sie kein wirkliches Fundament, fühlen sie sich wahrscheinlich betrogen und nehmen vielleicht sogar an, dass alle spirituellen Bestrebungen leer sind. Jugend liche (und manchmal auch schon Kinder) spüren genau, ob die Erwachsenen in ihrer Umgebung tatsächlich glauben, was sie verkünden. Wenn Sie also Religion zu einem Bestandteil Ihres eigenen Lebens oder dem Ihrer Kinder machen wollen, hier eine Warnung: Täuschen Sie nichts vor. Wenn Sie etwas vortäuschen, geht Ihnen und Ihren Kindern möglicherweise eine große Chance verloren.
    Sie werden sich an Dr. David Hilfiker erinnern, den Arzt, der von einem Leben auf dem Lande in ein Armenviertel zog, um sich einer christlichen Gemeinschaft im Dienst der Obdachlosen anzuschließen. Ich sprach mit Dr. Hilfiker und seiner Frau Marja in ihrer Wohnung im Adams-Morgan-Viertel in Washington, D.C. Dr. Hilfiker, ein großer, schlanker, bärtiger Mann mit Brille und einem bedächtigen Blick bemerkte: »Als ich aufs College ging, verlor ich prompt meinen Glauben und schaute mir alle möglichen Arten von Spiri tualität an. Aber auch wenn ich ein der Welt zugewandter Mensch wurde, wusste ich, dass es einen
tieferen Sinn im Leben gab. Als junger Erwachsener stellte ich dann fest, dass ich mich am besten mit den Menschen verstand, die religiös erzogen worden waren, selbst wenn sie sich von ihrer Religion abgewandt hatten. Mir schien, dass Menschen, die mit irgendeiner Art Glauben aufgewachsen waren, eine innere Sicherheit besaßen, über die andere - ohne Religion oder Spiritualität - nicht verfügten.« Aufgrund dieser Beobachtung begannen Dr. Hilfiker und seine Frau, als sie Eltern wurden, nach einer Religion zu suchen, die sie aufrichtig und ehrlichen Herzens ausüben konnten. David stellt klar: »Das tat ich nicht nur, um ein guter Vater zu sein. Ich glaubte, die Religion könne mir etwas geben, was ich auf anderem Wege nicht bekommen konnte. Es ging also nicht nur darum, was ich meinen Kindern mitgeben wollte; es ging darum, die Wahrheit zu finden.«
    Damit Kinder einen Bezug zur Religion haben, müssen sie erleben, dass ihre Eltern von ihrem eigenen spirituellen Engagement ernsthaft bewegt sind. Karin Hilfiker, die Tochter von David und Marja, sagte unlängst über die Entscheidung ihrer Eltern, in eine christliche Gemeinschaft zu ziehen, als sie noch ein Kind war: »Bei der Vorstellung, selbst einmal Kinder zu haben, bin ich verunsichert, wenn ich an die Einschränkungen denke, die das Aufziehen eines Kindes für mich mit sich bringen könnte. Ich finde es inspirierend, dass meine Eltern imstande waren, ihre Berufung zu leben und sich um der ›Sicherheit‹ der Familie willen nicht davon abhalten ließen, der Stimme ihres Herzens zu folgen. Sie haben ein volles, reiches Leben gelebt und tun es weiterhin, und ich achte sie mehr, als wenn sie in einem bürgerlichen Vorort gelebt und das
getan hätten, ›was man halt tut‹.« Obwohl Karin, die jetzt in den Dreißigern ist, bereitwillig zugibt, dass ihre beiden Geschwister über ihre Kindheit im Christ House und Joseph House möglicherweise anders denken, glaubt sie dennoch, dass ihre Eltern ihnen durch ihr religiöses Engagement unschätzbare spirituelle Chancen eröffnet haben.

Öffnungen
    Es gibt Zeiten in unserem Leben, sowohl in unserem eigenen als auch in dem unserer Kinder, in denen

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