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Wenn er mich findet, bin ich tot

Wenn er mich findet, bin ich tot

Titel: Wenn er mich findet, bin ich tot Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Elisabeth Rapp
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war bekannt, dass ich lebe. Wieso will die Gesamtdeutsche Security meinen Tod? Und wenn Ingo Feist gescheitert ist, schicken die dann einen Anderen? Was hab ich denen denn getan? Oder umgekehrt: Was haben die davon, wenn es mich nichtmehr gibt? Panik! Hilfe, ich fall in ein Loch ohne Boden. Wie wäre es, wenn es mich nicht gäbe?
    »Tilly! Tilly? Hallo?« Kolja nervt.
    »Was is? Mann, lass mich in Ruhe! Ich muss hier raus«, rufe ich und stiefle davon.
    »Was hat die denn?«, hör ich Kolja fragen.
    »Sie ist die Obergestörte. Vergessen?« Und dann brüllt Paolo mir hinterher. »Mach deinen Scheiß allein!«
    Er spricht den ganzen Tag nicht mehr mit mir. Das tut weh, aber ich zeig es nicht.
    »Was hat denn das Kleeblatt?«, stichelt Vanessa beim Abendessen. »Stress?«
    »Nein, drei Blätter.«
    Einfach kaputt ist die, nonstop scharf auf Streit. Da blüht sie auf. Ihr blödes Gekicher provoziert Paolo, und er baut sich in voller Länge vor Vanessa auf.
    »Was? Willst du etwa ein Mädchen schlagen?«, keift sie.
    Lars bringt sich in Position und Cem rutscht startbereit für eine Schlägerei auf seinem Stuhl herum.
    »Stop it!« Riski packt Vanessa am Arm und zerrt sie zur Tür. »Du kannst mitessen, wenn du dich bei uns allen dafür entschuldigst, dass du uns mal wieder die Stimmung versaut hast.« Da von ihr nichts kommt, zieht er mit Nachdruck die Tür hinter ihr zu.
    Ein paar Minuten später schiebt Jana mit vier Portionen auf einem Teller ab, Vanessa nach. Ich warte darauf, dass sich die Reihe der Einsilbigen lichtet, doch die bleiben, und die Lage entspannt sich.
    Beim nächtlichen Wintersport gesellen sich die Beleidigten aus Container  6 wieder dazu. Die kommen, ichgehe. Innerlich habe ich die Zelte eh schon abgebrochen. Nur noch siebzehnmal schlafen, das schaff ich auch noch.
    Paolos langer Arm beendet meinen Abgang. Er zieht mich ins Disko-Iglu, packt mich unter den Achseln und stellt mich auf einem Eisblock ab. Aug in Aug versetzt mich sein Blick in Aufruhr. Er legt seine Hände um mein Gesicht und küsst mich. EIN HAMMERKUSS!
    Trocken, weich und zärtlich, mit dem exakten Maß an Dringlichkeit und Schmacht, der mich ad hoc in sexuelle Erregung versetzt. Ich dränge mich an ihn, rutsch auf dem Eis aus und krall mich an seinem Overall fest.
    »Dass das klar ist: Ich bin nicht dein Bruder«, sagt er und lässt mich wieder auf den Boden rutschen. »Also behandle mich nicht, als wär ich ein Krah. Kapiert?«
    Ich bin sprachlos und zittrig, hab aber verstanden, was er damit sagen wollte.
    In der Nacht kann ich an Schlaf nicht mal denken! Meine Fantasie, was ich gern mit Paolo, der nicht mein Bruder ist, machen würde, geht mit mir durch. Ich kann ihn hinter den blöden Spinden atmen hören. Meine Sehnsucht nach ihm bringt mich um den Verstand und macht mich so fertig, dass ich nur deshalb irgendwann doch noch einschlafe.
    Am nächsten Morgen kümmern sich Paolo und Kolja um den Gästebucheintrag. Zu zweit bearbeiten sie Tonberg.
    Paolo: »Ich muss noch mal dringend ins Aurora Linna Icehotel .«
    »Wozu?«, will er wissen.
    »Für eine letzte Anregung. Hinten im Schlafsaal fehltnoch was. Mehr Licht oder ’ne Skulptur, ein künstlerisches Element.«
    »Keine Zeit. An die Arbeit«, sagt Tonberg.
    Kolja will den japanischen Bildhauer auch was fragen. »Nur kurz, bitte.«
    »Ich kann euch nicht fahren. Also, geht bitte an eure Arbeit.« Der Ton, schon leicht ungeduldig.
    Paolo: »Aber wir können doch selber mit dem Schneemobil fahren?«
    »Und wenn ihr mit Santa Claus’ Rentierschlitten mitfahren dürftet. Nein! Es gibt hier auch so noch genug zu tun.«
    Auch in der folgenden Woche kommen wir nicht an das Gästebuch ran. Unsre egal wie kreativen Argumente für einen Eishotelbesuch werden abgeschmettert. Und so feilen wir eben fleißig an der eisigen Deko und vergnügen uns mit Wintersport.
    Die sogenannten Tage kommen aus ihrem Dämmerzustand nicht mehr heraus. Auch ich fühle mich heruntergedimmt. Oder bin ich echt ruhiger geworden? Vielleicht. Zumindest, wenn ich nicht an Paolo denke.
    Wir streiten alle nicht mehr so viel.
    »Eigentlich schön, die Stille«, sagt Vanessa.
    »Das glaub ich nicht! Du steckst ja voller Poesie«, sag ich baff.
    »Tja, nicht nur du bist sensibel. Wir auch! Wir haben alle eine Seele, Schlampe!«, kontert sie erbost.
    Paolo wirft sich vor Cem in den Schnee. »Cem, Digger, weißt du, ich muss es dir sagen, bevor unsre Zeit vorbei ist und wir wieder auseinandergerissen werden. Du hast

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