Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Wenn er mich findet, bin ich tot

Wenn er mich findet, bin ich tot

Titel: Wenn er mich findet, bin ich tot Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Elisabeth Rapp
Vom Netzwerk:
aus der Debatte.
    »Sag nicht immer Chef, als würden wir zusammen hinter der Theke bei McDonald stehen. Das ist Tillys Unsitte.«
    »Beck.«
    »Das ist auch Tillys Unsitte.«
    »Also gut, Michael, die Dialog-Sprachschule bietet den billigsten Französischintensivkurs in Kleingruppen an.«
    »Wo und wie viel?«
    »Berlin. 550 Euro. Jugendherberge kommt dazu.«
    »Berlin? Niemals. Da seid ihr nicht sicher.«
    »Es gibt noch was im Spreewald, aber da will Tilly nicht hin, weil die zusätzlich einen Sportschwerpunkt anbieten. Und die Gruppen sind größer.«
    »Wie viel kostet der?«
    »300, alles inklusive. Aber das Sprach- und Sportcamp liegt mitten in der Pampa. Da ist weit und breit nix, außer einem Badesee!«
    »Sprache und Sport. Was soll ich mir darunter vorstellen?«
    »Die schreiben auf ihrer Webseite, man prägt sich eine Sprache besser ein, wenn man sich beim Lernen bewegt. Fahrradfahren, Laufgruppen und so.«
    »Von wann bis wann?«
    »In ’ner Woche, 24. Juni bis 7. Juli.«
    »Schick mir den Link.«
    Genau in der Zeit will »Uschi« renovieren. Paolo weiß das, weil er die E-Mails des Chefs »checkt«, um sich auf dem Laufenden zu halten, der Schnüffler.
    Fünf Kilometer vom Spreewald-Sprach- und Sportcamp entfernt liegt das Herrenhaus Flusshorst.»Tilly«, sagt Paolo und sieht schön aus und mich ernst an. »Ich brauch deine Panikbücher. Alle.«
    »Nein.« Ich weiche seinem Blick aus.
    »Ich komm nicht weiter, und wenn wir nach Flusshorst fahren, um deiner Erinnerung auf die Sprünge zu helfen, dann brauchen wir Anhaltspunkte.«
    »Nein!« Ich sehe aus dem Küchenfenster in den Garten.
    »Es muss mehr Begegnungen mit deinen Verfolgern gegeben haben als hier und auf dem Paatsjoki. Dazu brauch ich deine Bücher. Vielleicht finde ich Hinweise.«
    »Nein. Schluss, aus.«
    »Ich will nicht in deinem Leben wühlen. Ich will dir helfen.« Paolo klingt verletzt.
    »Weiß ich, aber es ist so, als würdest du in meiner Seele wühlen. Alle schützen ihre Seele vor den Blicken der andern. Du deine doch auch?«
    »Ja. Aber viele lassen sie auch in Talkshows direkt aus dem Fernseher raushängen«, sagt er.
    »Ich nicht.«
    Paolo ist nachdenklich. »Dann solltest du selber deine Bücher nach Spuren aus der Zeit vor Krah durchsuchen.«
    »Die Zeit vor Krah?« Ich fühl mich hilflos und würde mir gern leidtun, aber ich krieg es nicht hin, weil ich mich und mein kompliziertes Getue gleichzeitig total satt habe.
    »Die Zeit vor dem Verschwinden von Alma Goedel und Julie Thompson«, sagt Paolo ruhig.
    Ich spüre keine Ruhe, nur Kälte. »Ich weiß nicht, ob du das verstehst. Nicht weil du zu blöd bist, sondern weil es so abgedreht ist, Paolo.« Pause. »Ich darf, will oder kann nicht alles wissen. Ich brauch ’ne Art brutale …«, mir fehltdas Wort fürs Gegenteil, »Harmonie.« Keine Ahnung, ob es das ist, aber es ist das einzige Wort, das mir eingefallen ist. »Sonst sterbe ich.« Das ist das korrekte Wort.
    Paolo springt auf und rührt im Topf.
    Ich bin froh, dass er mich nicht ansieht. »Ich hab nicht viel Kraft. Sie reicht gerade fürs tägliche Programm. Prüfung, Essen, Maria. Ich trau mich nicht mal mehr raus zum Laufen.«
    Er stellt mir einen Kakao hin und grinst schief. »Und, was ist mit mir?«
    »Ich bin so froh, dass du da bist.« Ich flüstere. »Du ahnst nicht, wie sehr.«
    »Du musst wissen, was vorher war, Tilly. Sonst passiert nichts Neues. Wenn es so bleibt, wie es ist, dann gehst du kaputt. Es zerreißt dich.«
    »Ist das bei dir so?«, frage ich.
    »Ja.«
    »Was, wenn ich es nicht aushalte?«
    »Du bist nicht allein, und außerdem musst du drüber wegkommen, weil es anders nicht geht. Es gibt doch den Beweis, dass du’s packst. Sonst wäre logischerweise vor, bei und nach Krah schon alles vorbei gewesen. Ist es aber nicht, kein Stück. Glaub mir, du packst das.«
    »Was ist falsch dran, ’ne Atempause einzulegen? Mit unsren Noten haben wir was erreicht, womit wir nicht gerechnet haben. Ist doch super?«
    »Wir haben keine Zeit. Spürst du das nicht?«
    Ich nehme mir die Panikbücher in chronologischer Reihenfolge vor.
    Desaster. Katastrophe.
    Es macht keinen Sinn, darin Hinweise finden zu wollen. Das sag ich Paolo.
    »Weil du nicht weißt, was ein Hinweis sein könnte. Kolja und ich haben alles gelesen, was über Victor Georg Goedel veröffentlicht worden ist. Da ist was zusammengekommen. Er war in zig Skandale verwickelt. Als Banker wird er im Zusammenhang mit der Finanzkrise erwähnt. Über

Weitere Kostenlose Bücher