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Wenn Es Dunkel Wird

Wenn Es Dunkel Wird

Titel: Wenn Es Dunkel Wird Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Manuela Martini
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wären.
    Wir hätten ganz normale Sommerferien verbracht, mit Sonne und Strand und Musik und Feiern.
    Längst war es später Nachmittag, ich hatte Stunden, wie ich mit einem Blick auf die Uhr feststellte, in einem Dämmerschlaf verbracht, als ich Tammy laut »Nein!« schreien hörte. Es war kein normales Schreien, es hörte sich nach Leben und Tod an, nur deshalb sprang ich reflexartig aus dem Bett, wickelte mir ein Handtuch um und rannte aus der Tür. Tammy stand oben im Flur, blass unter ihrer Sonnenbräune – und zitterte.
    Julian und Claas kamen in dem Moment die Treppe hinaufgestürzt und es sah so aus, als wollte Julian seine Schwester sofort in die Arme nehmen, doch Tammy war zu einem steinernen Monument erstarrt, was Julian erschrocken innehalten ließ.
    »Was ist denn los?«, fragte ich als Erste.
    »Jemand …« Ihre Stimme überschlug sich. »Jemand hat …«
    »Tammy!« Julian machte einen Schritt auf sie zu. »Was ist denn?«
    Sie deutete hinter sich.
    »In meinem Zimmer …«
    Ein neuer Einbruch? Eine eingeworfene Scheibe?
    Ich folgte Julian und Claas in Tammys Zimmer.
    »Scheiße«, Claas runzelte die Stirn, während Julian aufs Bett mit der zur Seite geschlagenen Decke starrte. Etwas Dunkelgraues lag dort. Dunkelgrau und fellig mit einem langen, nackten Schwanz.
    Ich drehte mich um. Nein, das war für heute definitiv zu viel.
    »Du warst das!«, kreischte Tammy und packte mich an den Schultern. »Du hast mir die Ratte ins Bett gelegt!« Ihre Finger krallten sich in meine Oberarme.
    »Du tickst wohl nicht richtig! Lass mich los! Du tust mir weh!« Ich wehrte mich, doch ihr Griff wurde nur noch fester, jetzt wurde ich so wütend, dass ich spürte, wie sich all meine Kraft zusammenballte und ich sie ihr entgegenschleudern würde, egal, was dann passierte. »Lass mich!«, schrie ich noch einmal, da legten sich zwei starke Arme um meinen Bauch und hielten mich fest.
    »Hehe, mal langsam, ist schon gut.« Es war Julian, der mich von seiner Schwester wegzog. Und ich – ich wehrte mich nicht.
    »Wieso sollte ich ihr eine Ratte ins Bett legen? Deine Schwester ist doch total paranoid!«
    »Sie war als Einzige die ganze Zeit hier drin«, schrie Tammy hysterisch, »und außerdem hasst sie mich!«
    »Hassen?« Ich lachte böse. »Du bist mir total egal!«
    »Das glaubst du doch wohl selbst nicht!«, gab sie zurück.
    Wenn mich Julian nicht festgehalten und Claas nicht zu Tammy gegangen wäre, wären wir aufeinander losgegangen.
    »Haltet jetzt endlich mal die Klappe!«, herrschte Julian uns an. »Schluss jetzt!«
    Und wir verstummten tatsächlich.
    »Okay«, sagte Tammy schließlich, zuckte die Schultern und setzte ein dämliches Lächeln auf. »Quizfrage: Wer hat die Ratte in mein Bett gelegt?«
    »Ich jedenfalls nicht«, sagte ich sofort, worauf Julian meinen Arm besänftigend drückte, bevor er ihn langsam losließ. »Vielleicht hast du sie ja selbst reingelegt!« Ich triumphierte, als Tammy wie erhofft wütend schnaubte und Claas wiederum sie zurückhalten musste, sich nicht auf mich zu stürzen.
    »Du gemeines Biest!«, zischte sie.
    »Genug jetzt!«, ging Julian entschieden dazwischen. »Hört jetzt endlich mit diesem bescheuerten Zickenkram auf! Keiner von uns würde so was machen!«
    »Du willst doch nicht behaupten, dass die Ratte von selbst in mein Bett gekrochen und dort gestorben ist?«, fuhr ihn Tammy an.
    »Natürlich nicht!«
    »Aha! Dann bin ich aber mal auf deine Erklärung gespannt!«
    Wir sahen alle Julian an, der nur die Schultern hob und wieder fallen ließ. »Keine Ahnung. Ich meine … es müsste jemand hier reingekommen sein und …«
    »Genau!«, fiel ihm Tammy ins Wort. »Es muss derselbe sein, der die Tür eingeworfen und meinen iPod geklaut hat.«
    »Und meinen Bikini«, fügte ich hinzu.
    Ihre Schlussfolgerung klang logisch. Einerseits. Andererseits stellte sich doch die Frage, wer solche Spielchen trieb und vor allem – warum? In diesem Augenblick drehte ich mich um, sah hinaus in den Garten. Ich machte mich von Julian los und sah hinaus aus dem Fenster. Die Nachmittagssonne stand so, dass sie genau ins Haus hineinstrahlte. Und da entdeckte ich es. Die Reflexion zwischen den Pinien des Nachbargrundstücks. Tammy hatte recht.
    »Jemand beobachtet uns«, sagte ich und spürte, dass Julian hinter mir stand. Am liebsten hätte ich mich nach hinten fallen, von ihm auffangen lassen. Hätte er mich aufgefangen? Ich hoffte nur auf ein Zeichen von ihm, dass ich ihn noch nicht aufgeben

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