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Wenn Es Dunkel Wird

Wenn Es Dunkel Wird

Titel: Wenn Es Dunkel Wird Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Manuela Martini
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auf. »Danke«, sagte er leise. Tammy lächelte und er hauchte ihr einen Kuss auf die Wange. »Du hast mich gerettet.«
    Tammy schüttelte den Kopf und versetzte ihm einen leichten Stoß. »Verscheißer mich nicht.«
    »Nein, wirklich«, sagte er. »Ich meine es ernst. Dieses Zeug ist …«
    »... ziemlich guter Wodka«, sagte Claas schluckend, den Flaschenhals am Mund.
    »Gib her!« Tammy riss ihm die Flasche weg, probierte, während Claas ihr grinsend zusah.
    Sie schmetterte die Flasche auf den Boden, wo sie ausgerechnet an einer Stelle mit Sand landete und liegen blieb. Ohne dramatisches Zersplittern.
    Selbst in dem diffusen Licht konnte man die Wut in ihren Augen blitzen sehen.
    »Tammy.« Julian streckte den Arm nach ihr aus. »Bitte, ich, ich hab nur ein bisschen Spaß gemacht!«
    Wortlos stapfte Tammy davon.
    »Tammy!«, rief Julian ihr nach.
    »Mann, Kumpel, sie hat sich echt Sorgen gemacht!« Claas riss die Taschenlampe vom Boden und folgte ihr.
    »Warum musstest du das auch mit dem Wodka verraten, Idiot!«, rief Julian ihm nach, doch es kam keine Antwort und der Lichtstrahl wanderte davon, wurde kleiner und verschwand. Es war finster. Stockfinster.
    Ich tastete mich zu Julian und ließ mich neben ihn aufs Polster fallen. »Sie beruhigt sich schon wieder.« Endlich allein mit Julian. Wenn auch in dieser schaurigen Höhle. Aber allein. Und in der Dunkelheit. Ohne Licht, das unsere Gesichter erhellte und uns unsicher machen könnte.
    Die Polster waren so weich, dass man in die Vertiefung fiel, die der andere mit seinem Gewicht erzeugte. Unsere Schultern berührten sich. Plötzlich herrschte absolute Stille, eine unheimliche Stille, die nur in tiefster Dunkelheit herrschen kann. An meinem ganzen Körper spürte ich Hitze, die von seinem Körper ausging, ich spürte ein Kribbeln, als würden kleine Stromwellen über meine Haut jagen.
    Totock – totock – totock ging sein Herz. Meins schlug immer dazwischen.
    Ich wollte Julian küssen. Und von ihm geküsst werden. Allein. Jetzt. Ich verdrängte den Gedanken an die Höhle und an den durchgeknallten Schriftsteller, dessen Körper entweder längst im Garten der Villa oder auf Goa verrottet war.
    Meine Hand spürte den Stoff seiner Shorts.
    Obwohl ich in der Dunkelheit nichts sah, wusste ich doch genau, wie sie aussah, das Muster, die Farbe, wie sie seine kräftigen Oberschenkel und seinen Hintern umspannte.
    Selbst wenn mir in diesem Moment – sozusagen als Herrscherin über meinen Körper und dessen Handlungen – die Ideen ausgegangen wären, meine Hand wusste, was sie tun musste. Und ich vertraute ihr.
    Meine Hand tastete sich nach oben, strich wie beiläufig über den Stoff, der sich zart und dennoch fest und robust anfühlte, meine Hand glitt mal hierhin, mal dorthin, tat so, als forsche sie hier und forsche sie dort – kehrte jedoch immer wieder auf die Hauptroute zurück, vergaß nicht das eigentliche Ziel, auf das mein Körper wie automatisch hinsteuerte. Ein Zittern und Vibrieren durchlief mich, mein Mund suchte seine Lippen in dieser verfluchten Dunkelheit, die doch endlich die Möglichkeit bot für all das, was geschah – und mehr noch für das, was geschehen konnte. Ich hörte auf zu denken. Überließ mich meinen Sinnen, die die Finsternis geschärft hatte. Da waren wir wieder, in diesem Vakuum, in dieser Blase, nur Julian und ich, die sich anfühlte, als wäre sie gefüllt mit … Honig, süßem bernsteinfarbenem, warmem Honig ...
    »Stopp!« Julian.
    Sein Griff umschloss mein Handgelenk wie eine Schraubzwinge. Es tat weh. Seine Berührung brannte. Der eben noch flüssige Honig erstarrte, wurde eine zähe Masse, die mich lähmte. Ich sagte nichts, wehrte mich nicht. Wartete. Manche sagen Nein und meinen Ja – oder?
    Natürlich will er es, hämmerte es in meinem Gehirn. Und in meinem Körper pochte und kochte es. Er ist nur noch nicht so weit. Er kann es noch nicht zulassen. Gib ihm ein paar Sekunden. Sekunden. Mehr nicht. Ja – ich fühlte mich stark. Mächtig. Überlegen. Vielleicht lag es an der Dunkelheit – vielleicht aber auch daran, dass ich wusste, dass er sich wegen Tammy schlecht fühlte und dass ich – nur ich – ihn jetzt von diesem Gefühl erlösen könnte. Dass er sich wieder GUT fühlen könnte. Er müsste sich nur seinen WAHREN Gefühlen – nämlich der Zuneigung zu MIR – hingeben.
    Ja, ich war mir sicher. Sicherer als in allen anderen Dingen. Nur ein paar Sekunden, sagte ich mir, ein, zwei, drei Sekunden ... und dann würde

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