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Wenn Es Dunkel Wird

Wenn Es Dunkel Wird

Titel: Wenn Es Dunkel Wird Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Manuela Martini
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hing eine grünlich schimmernde Algenschliere.
    Und nicht nur dort.
    Das Wasser war umgekippt. Offensichtlich hatte Julian nicht nur vergessen, die Blumen zu gießen, sondern auch, Chlor ins Wasser zu geben. Und der Stromausfall hatte die Schwimmbadpumpe außer Betrieb gesetzt. Ich dachte an den frühen Morgen. Waren Julian und ich etwa im algigen Wasser gewesen und hatten es nicht bemerkt, oder … oder ist es erst danach umgekippt?
    Natürlich stieg ich nichts ins Wasser. Grübelnd ging ich in mein Zimmer.
    Als die Hitze des Tages ein wenig verklungen war, warf Julian zehn Chlortabletten in den Pool, während Tammy stundenlang den Gartenschlauch in die trockenen Blumentöpfe legte.
    Heute, im Nachhinein, wundere ich mich darüber, dass wir überhaupt noch miteinander sprachen, ja, dass ich nicht meine Sachen gepackt habe und abgereist bin. Im Nachhinein fühlt es sich an wie ein Bann, der sich auf mich gelegt hatte und mich unfähig machte zu handeln und zu denken.
    Spät an diesem Abend kochte Julian für uns Spaghetti, die wir auf der Terrasse aßen. Wir hatten schon einiges getrunken, als Tammy plötzlich den Arm ausstreckte und über die Mauer in die Dunkelheit zeigte.
    »Da ist er wieder. Dieser Lichtreflex!«
    Julian und Claas ließen ihre Gabeln fallen und sprangen gleichzeitig auf. »Wo?«
    »Da hinter den Pinien!«
    Ich versuchte etwas zu erkennen, aber ich sah nur Schatten von Bäumen und Büschen.
    Julian kam mit der Taschenlampe aus dem Haus. »Egal, wer da ist, der kriegt es jetzt mit uns zu tun«, verkündete er und zusammen mit Claas kletterte er über die Mauer. Tammy und ich verfolgten den hellen Lichtschein, der erst ein Stück in die Tiefe sackte und sich dann horizontal zwischen den dunklen Büschen bewegte. Zweige knackten, ein Vogel stieß einen Schrei aus und flatterte auf. Julian, oder war es Claas?, fluchte leise und ich lauschte, ob ich jemanden weglaufen oder sogar einen Motor anspringen hörte, aber da war nichts.
    »Und?«, rief Tammy hinüber.
    Es knackte weiter und jetzt streifte das Licht Julian. Keine Antwort. Ich hielt ihren Arm fest, als Tammy noch einmal nach den beiden rufen wollte. »Psst! Warte doch erst mal!«
    Sie schüttelte brüsk meine Hand ab. Immerhin schwieg sie.
    Plötzlich tat sich da unten etwas. Äste knackten und Vögel schreckten auf, während der Schein der Taschenlampe weiter und tiefer in den fremden Garten hineinglitt.
    »Da ist doch jemand!«, rief Tammy.
    Ich begann, über die Mauer zu klettern. »Warte!«, rief sie. »Du kannst doch nicht einfach da runter!«
    »Doch!«
    »Nein!«, sagte sie heftig. »Du siehst ja gar nichts!«
    »Seit wann machst du dir über mich solche Gedanken?«
    »Hör doch mal auf damit! Bleib hier oben, du brichst dir noch was.«
    In dem Moment wusste ich genau, dass das nicht ihre Sorge war. »Du willst nicht allein sein, was?«
    »Quatsch!«
    »Ja, dann kann ich ja da runter.« Ich machte Anstalten, mich wirklich auf der anderen Seite der Mauer hinunterzulassen, da sagte sie: »Halt, warte! Ja, ich will nicht hier allein zurückbleiben. Du hast gesehen, was mit unserer Terrassentür passiert ist. Die schlagen einem sicher den Schädel ein – knallhart.«
    Sicher, ganz sicher, hätte ich jedem anderen recht gegeben und wäre bei ihr geblieben – aber die Aussicht, sie ihren Ängsten zu überlassen, war zu verlockend für mich.
    »Geh am besten rein und versteck dich«, sagte ich und schwang mich über die Mauer.
    Ich irrte, als ich glaubte, meine Augen würden sich nach und nach schon an die Dunkelheit gewöhnen. Ich sah gar nichts. Meine Füße tasteten nach Vorsprüngen in der Mauer, während ich versuchte, mich mit den Händen an den Ranken, die sich an die Mauer klammerten, festzuhalten. Meter um Meter ließ ich mich so hinab, bis ich endlich – tatsächlich ohne zu fallen – mit beiden Beinen auf dem weichen, mit Piniennadeln bedeckten Boden stand.
    Ich tat einige vorsichtige Schritte in die Wildnis, drehte mich um und sah auf zu unserer Terrasse. Hier ungefähr musste derjenige gestanden haben, sonst hätte Tammy ihn nicht sehen können. Von hier aus nämlich konnte ich genau auf unseren Sitzplatz blicken. Das spärliche Licht der schmalen Mondsichel ließ Tisch und Stühle und Tammys Kopf schemenhaft erkennen.
    »Claas!«, rief ich leise. »Julian!«
    Nirgendwo konnte ich den Lichtkegel sehen. Aber die beiden waren doch gerade noch hier gewesen. Vorsichtig ging ich weiter. Die Zweige der Pinien rissen die Haut meiner

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