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Wenn Es Dunkel Wird

Wenn Es Dunkel Wird

Titel: Wenn Es Dunkel Wird Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Manuela Martini
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um die Hüften geschlungen die Treppe herunter. Er war bei Tammy gewesen, oder?
    Der Stachel der Eifersucht zuckte in meinem Herzen, ja, das klingt schrecklich pathetisch, ich weiß, aber es war genau das, was ich fühlte. Schmerzvolle Eifersucht.
    Er nahm sich Wasser aus dem Kühlschrank und warf einen Blick auf die Karte. »Und was sagen die Karten für heute voraus, Mel?« Sein Gesichtsausdruck war spöttisch, genau wie sein Ton. »Müssen wir uns vor dem Schicksal in Acht nehmen? Oder gar vor dem Teufel?«
    Mit einer raschen Handbewegung nahm er eine Karte aus dem Stapel und drehte sie um.
    Sein Lächeln verschwand für einen Augenblick. Dann sagte er, während er die Wasserflasche aufschraubte: »Aber wir haben ja die Notrufnummer, was? Ich geh wieder ins Bett.«
    Er hatte wieder den Turm gezogen. Der Turm: Unfall. Zerstörung des Ego.
    Dann betrachtete ich meine Karte. Der Mond.
    Der Mond. Er ist im Begriff, noch weiter und tiefer in die dunklen Bereiche der Seele einzutauchen. Es ist eine Zeit der letzten und oftmals härtesten Prüfungen. Du befindest dich an der Schwelle zu neuen Erfahrungen. Wer sich entscheidet, die Schwelle zum Unbekannten zu überschreiten, braucht unbesiegbaren Mut.
    Ich sah Julian mit kraftvollen, ausgreifenden Bewegungen seine Bahnen ziehen. Der Himmel hatte sich violett gefärbt, bald würden die ersten Sonnenstrahlen übers Wasser streichen. Warum sitzt du immer noch da?, fragte etwas in mir. Und wovor fürchtest du dich, Mel? Tu es! Konfrontiere ihn! Finde heraus, was er wirklich fühlt. Und was du noch für ihn empfindest!
    Ich stand auf, ging zum Pool, ließ mein Handtuch fallen, sah hinauf in den morgendlichen Himmel, stieg die Stufen hinunter und tauchte zu Julian ins Wasser, das wie flüssige Bronze schimmerte.
    Er sagte nichts.
    Ich hatte keine Angst, als ich seine Haut auf meiner spürte, getrennt allein durch ein paar Wassermoleküle. Meine Lippen berührten seine und jetzt merkte ich, wie sehnsüchtig ich darauf gewartet hatte. Er hielt mich fest. Ich wusste, dass ich genau jetzt über eine Schwelle ging, sich jetzt meine Wünsche erfüllten … und hoffte, dass die flüssige Bronze jetzt in diesem Moment erkaltete und uns für immer miteinander verband.
    »Ach, ihr seid das! Sagt mal, spinnt ihr? Ich habe gerade Todesängste ausgestanden, weil ich denke, das ist dieser Einbrecher!«, schimpfte Tammy von ihrem Fenster aus. »Und du bist nicht in deinem Zimmer, Julian!«
    Abrupt ließ mich Julian los, genauso wie nach dem Abend im La Porte.
    »He, alles okay«, rief er und schwamm zur Treppe. »Ich konnte einfach nicht schlafen! Es war so wahnsinnig heiß!«
    Ich glitt tiefer ins Wasser, das ganz plötzlich eiskalt geworden war.
    Er stieg aus dem Pool, als habe es diesen Moment zwischen uns gar nicht gegeben.
    »Du bist so feige!«, rief ich ihm nach. Ich war wütend, unglaublich wütend.
    Und was tat er? Er drehte sich zu mir um und lachte. »He, Mel, chill mal, okay?«
    Er warf mir noch sein typisches Siegergrinsen zu, bevor er sich ein Handtuch umschlang, die nassen Haare schüttelte und mit langen Schritten ins Haus ging.

19
    Die Stunden bis zum Abend glitten an mir vorüber, sind einfach gelöscht. Ich war in einer Art Schockzustand, anders kann ich es nicht beschreiben. Ich kann mich nur noch an diese unerträgliche Hitze erinnern – daran, dass die Oleander in den Töpfen auf der Terrasse braun waren und Tammy irgendwann sagte: »Wir haben vergessen, die Pflanzen zu gießen.« Als wir uns umsahen, entdeckten wir überall verdorrte Büsche. Julian hatte Vincent zugesichert, sich ums Gießen zu kümmern – und es dann vergessen.
    »Mama wird ziemlich sauer sein«, sagte Tammy vorwurfsvoll.
    »Du hättest auch mal dran denken können«, erwiderte Julian, worauf Tammy entgegnete:
    »Gärtnern ist nicht mein Ding, das weißt du doch.«
    Doch, ich kann mich doch noch an etwas erinnern, was an diesem Tag geschah.
    Um die Mittagszeit gibt es eine spezielle Art von Hitze. Sie ist wie Feuer, verbrennt alles, was sich ihr schutzlos darbietet, sie flimmert still und tödlich. Die drei hatten Wodka mit Cranberrysaft getrunken und schliefen. Ich wollte mich im Pool abkühlen und treiben lassen. Ja – und ich wollte die Erinnerung an Julian löschen, indem ich wieder in dieses Wasser stieg.
    Ich stand also im Bikini am Pool und setzte gerade meinen Fuß auf die oberste Treppenstufe ins Wasser, als ich zurückzuckte.
    Das Wasser war nicht mehr blau, sondern grün. An meinem Zeh

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