Wenn es Nacht wird in Miami
einen Moment lang schweigend und mit unbewegter Miene an. Dann warf sie ihm eine Windel zu und meinte: „Mach lieber schnell, bevor es ein Unglück gibt.“
Mitch bugsierte den Kleinen auf den weichen Teppich und war mit dem Wickeln nach wenigen geübten Handgriffen fertig. Dann hob er Rhett hoch und richtete sich auf. Wie hatte Mitch dieses Gefühl vermisst, Rhett auf dem Arm zu halten! So durfte es nicht weitergehen. Er musste Carly irgendwie dazu bringen, sich wieder mit ihm zu versöhnen.
„Du bist mir aus dem Weg gegangen“, sagte er.
„Wir hatten keine Zeit. Rhett sollte seine Großeltern kennenlernen. Sie werden wahrscheinlich bald nach Florida ziehen, um in seiner Nähe sein zu können. Dafür nimmt mein Vater sogar das Klima in Kauf.“
„Sind deine Eltern noch hier? Wie ich hörte, haben sie am Sonntag den Charter-Jet nicht genommen.“
Carly schüttelte den Kopf. „Sie sind heute Nachmittag mit einer Linienmaschine nach Arizona zurückgeflogen.“
Mitch versuchte, Ordnung in seine Gedanken zu bringen. Es gab so viel, was er Carly zu sagen hatte. Eine Woche lang hatte er Zeit zum Überlegen gehabt. Immer wenn er allein beim Abendessen saß, nachdem er in der stillen Hoffnung, Carly doch zu begegnen, früh von der Arbeit nach Hause gekommen war, oder nachts, wenn er allein in seinem Bett lag. Und jetzt war sein Kopf wie leer gefegt. „Ich bin froh, dass du noch da bist“, brachte er schließlich heraus.
Carly hob den Kopf. „Ich habe mein Wort darauf gegeben, und dabei bleibt es auch – Rhett zuliebe. Es wäre sehr unfair, wenn er um seinen Teil des Erbes gebracht würde.“
„Das sehe ich auch so“, meinte Mitch. Rhett begann, auf seinem Arm zu zappeln, und Mitch setzte ihn wieder auf den Boden.
Nach einer Pause wandte Carly sich ab und sagte: „Ich habe versucht, das Hochzeitskleid zurückzugeben. Aber sie nehmen es nicht.“
„Das macht nichts. Zerbrich dir darüber nicht den Kopf.“
„Es ist doch schade darum. Es hat viel Geld gekostet.“
Das ist so typisch für sie, dachte Mitch. Und sie hätte mir das Geld auf den Cent genau zurückgegeben.
„Ich habe dich sehr vermisst, Carly, dich und Rhett.“
Carlys leises Seufzen war die einzige Antwort, die er bekam.
„Ich möchte, dass du wieder zu mir nach drüben ziehst.“
Ohne ihn anzusehen, schüttelte sie den Kopf. „Das kann ich nicht. Ich kann nicht mit einem Mann … in der Nähe eines Mannes sein, der mich derart verletzt hat.“
Sie ging von ihm weg auf die andere Seite des Zimmers. Mitch verfluchte sich. Es war seine eigene Schuld, dass es so weit gekommen war. Er wollte sie zurückrufen, zurückholen – zurück in seine Arme, in sein Leben. Er wollte ihr beim Frühstück wieder gegenübersitzen.
Er liebte sie.
Sein Dasein war leer und freudlos geworden. Seitdem sie ihm die Ringe zurückgegeben hatte, war es still in seinem Leben geworden, das Personal mied ihn und behandelte ihn kalt und gleichgültig. Es hatte sich anscheinend auf Carlys Seite geschlagen.
Plötzlich ging Mitch ein Licht auf, und er erwachte aus seinem Selbstmitleid. Es kam ihm vor wie eine Offenbarung. Im Grunde war dies genau der Zustand, wie er gewesen war, bevor Carly auftauchte. Das Haus war nicht leerer, als es vorher auch gewesen war. Seine Leute hatten sich nicht verändert, verändert hatte er sich. Erst mit Carly und Rhett war aus dieser Gruft Kincaid Manor ein mit Leben und Heiterkeit erfülltes Haus geworden.
„Carly“, nahm er einen verzweifelten Anlauf, „ich liebe dich.“
Sie sah ihn erstaunt an, aber ihr Blick verriet, dass sie auf der Hut war. Sie war blass geworden. „Ich glaube dir nicht, Mitch. Du bist und bleibst ein Egoist, der sich ohne Rücksicht nimmt, was er will. Was du getan hast, war unter aller Würde – selbst für jemanden wie dich.“
Ihre Worte waren ein Stich ins Herz. „Ich bin ein anderer geworden. Ich …“
Carly verzog das Gesicht zu einem ungläubigen Lächeln. „So plötzlich? Innerhalb von einer Woche?“
„Ja.“
„Verzeih, dass ich da misstrauisch bin. Und danke für dein Angebot, zu dir zu ziehen, aber wir lehnen es ab. Wir sind glücklich hier, wo wir sind.“
Glücklich sah sie nicht gerade aus. Die Ringe unter ihren Augen ließen ihn vermuten, dass sie kaum besser geschlafen hatte als er.
„Ich versichere dir hoch und heilig, dass ich mich verändert habe.“
Ihr spöttisches Lächeln konnte nicht über den bekümmerten Blick hinwegtäuschen – Kummer, für den er
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