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Wenn es Nacht wird: Psychothriller (German Edition)

Wenn es Nacht wird: Psychothriller (German Edition)

Titel: Wenn es Nacht wird: Psychothriller (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Elizabeth Haynes
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Wohnraum. Ich hatte das Gefühl, bei einem Vorstellungsgespräch zu sein, das denkbar schlecht lief.
    »Nun, ich bin natürlich wahnsinnig verängstigt«, sagte ich leichthin. »Ich stand letzte Nacht vor einer Leiche. So was passiert einem nicht jeden Tag. Mir jedenfalls nicht.«
    »Als ich beim Militär war, habe ich alles Mögliche gesehen. Ich habe unzählige Leichen in Bosnien und an anderen Orten gesehen. Das macht dich wahnsinnig. Man denkt, man hat es verarbeitet, hat man aber nicht. Dazu braucht man Jahre.«
    »Ich wusste gar nicht, dass du beim Militär warst«, sagte ich.
    Er rümpfte die Nase. »Ich rede nicht gerne darüber.«
    Ich nippte an meinem Kaffee. Im Wohnraum war es kalt. Ich überlegte, ob ich Malcolm bitten sollte, den Ofen anzumachen, um ihn vom Thema und dem Motor abzulenken.
    »Ich habe hier bisher nie Angst gehabt oder mir Gedanken darüber gemacht, dass ich alleine bin. Ich habe mich hier immer sicher gefühlt.«
    »Du bist nicht alleine. Du hast uns.«
    »Ja, vermutlich. Ich würde trotzdem gerne versuchen, das Boot zu starten. Nur um zu sehen, ob es funktioniert. Würdest du mir dabei helfen?«
    Malcolm begann, über das ganze Gesicht zu strahlen. »Klar helfe ich dir, du Landratte!«
    Eine Stunde später war Malcolm förmlich in den Motor hineingekrochen.
    Ich hatte mir den Motor angesehen, als ich das Boot gekauft hatte; Cameron hatte auf die verschiedenen Teile hingewiesen, ich hatte genickt und gelächelt, so als wüsste ich, wovon er sprach. Als würde ich zuhören. Nach all den Jahren mit meinem Dad in der Werkstatt kannte ich mich mit Renovierungsarbeiten aus, die bei einem Boot anfallen, und hatte auch schon vieles selbst gemacht. Ich lernte jedes Mal dazu und verwandelte die Revenge in ein wohnliches, gemütliches Boot. Doch was den Motor anbelangt, war ich überfordert.
    Natürlich war Malcoms Redeschwall kaum zu stoppen. Zunächst einmal pfiff er leise, als wir die Luke zum Maschinenraum öffneten.
    »Hübsch.«
    »Ach, ja?«
    »Sieht vorerst gut aus«, sagte er. »Vielleicht muss er nur gründlich gereinigt werden. Hast du versucht, ihn anzulassen?«
    Meine ausdruckslose Miene sagte alles. Er ging ins Steuer haus hinauf und machte sich an verschiedenen Bedien elementen zu schaffen. Nichts tat sich. »Hast du die Batterie geladen?«
    Natürlich nicht.
    »Du hast einen ziemlich guten Generator, weißt du das?«
    »Ach, ja?«
    »Da hast du Glück. Ein neuer würde dich ein kleines Vermögen kosten, außerdem braucht man einen guten Generator, wenn man flussaufwärts fahren will. Wozu sollte man das Boot sonst anschließen?«, sagte er und zeigte auf den Ponton mit Strom- und Wasseranschluss.
    »Daran habe ich gar nicht gedacht.«
    »Du hast vermutlich an vieles nicht gedacht. Hast du einen Lappen?«
    Ich holte ein paar alte Lumpen aus dem Lagerraum, ging neben ihm an Deck in die Hocke und sah zu, wie er schwarze Schmiere von verschiedenen Teilen wischte.
    »So!«, sagte er fröhlich und verlagerte das Gewicht auf die Fersen. »Während ich damit beschäftigt bin, kannst du mir ja erzählen, was in London alles passiert ist.«
    Ich zögerte. »Da gibt es nichts zu erzählen.«
    Er hielt inne und sah mich herausfordernd an.
    »Du musst es mir nicht erzählen«, sagte er. »Ich wollte mich nur unterhalten, das ist alles.«
    Dann bastelte er weiter am Motor herum.
    Nicht, dass ich es ihm nicht erzählen wollte. Es wäre weiß Gott gut gewesen, einmal jemandem davon erzählen zu können – ich wusste nur nicht, womit ich anfangen sollte.
    Dann sah ich mich wieder tanzen. Spürte, wie es sich anfühlte. So frei.
    »Na ja, ich war Tänzerin«, sagte ich ruhig.
    Er bastelte weiter.
    »Ich habe als kleines Mädchen mit Ballett angefangen und damit weitergemacht, bis ich zwölf war. Ich war zwar gut, aber nicht gut genug für die Ballettschule. Als man mich abgelehnt hat, habe ich mit Gymnastik angefangen. Darin war ich auch gut.«
    »Und was ist dann passiert?«, fragte er, ohne sich umzudrehen.
    »Na ja, als Erstes hat sich mein Körper verändert, und plötzlich hatte ich nicht mehr die richtige Figur. Dann war ich zu sehr mit dem Abitur beschäftigt, und danach kam die Uni. Das war’s im Grunde. Als ich in London einen Job bekam, habe ich mich nach einer Tanzschule umgesehen, weil ich etwas tun wollte, um fit zu bleiben. Ich dachte, wenn es mir vorher Spaß gemacht hat, wär das eine gute Möglichkeit, mich in Form zu bringen. Und dann habe ich mich für einen pole-dance -Kurs

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